Als die Weißblauen aus dem Land der Lederhosen und Weißwürste vor zehn Jahren völlig losgelöst von allen Konventionen der Marke ihr teures elektrisches Projekt i lancierten, sahen die Zittrigsten der hauseigenen Bedenkenträger schon fast den Kollaps des Konzerns am Horizont. Und als dann 2013 als erster elektrischer Vorbote der schlanke City-Flitzer i3 startete, gab es Unkenrufe aus der ganzen Branche: „Viel zu aufwendig, viel zu mutig, viel zu früh“.
Inzwischen ist der i3 sehr beliebt auf dem noch überschaubaren E-Markt (fast 2900 verkaufte Exemplare 2016 in Deutschland), obwohl sein Kaufpreis ziemlich hoch und sein gegenläufiges Türkonzept beim Einsteigen manchmal nervig ist. Wer sich den Kleinen (meist als Zweit- oder gar Drittfahrzeug) leisten kann, der liebt ihn, ist jedenfalls rundum zu hören. Zumal es nun mit dem 33-Kilowattstunden-Akku eine ordentliche Reichweite und mit dem neuen i3s sogar eine zackige Sportversion gibt.
Doch die Bayern haben Größeres vor. „Bis 2025 soll es bei BMW insgesamt 25 elektrifizierte Modelle geben – 12 vollelektrische und dazu 13 als Plug-In-Hybride“, hat BMW-Chef Harald Krüger gerade verkündet. Möglich machen sollen das ab 2020 die völlig neuen, skalierbaren Elektrobaukästen der Marke, die dann weltweit in allen Modellreihen auf allen Bändern montiert werden können – genauso wie aktuell die klassischen BMW mit Verbrennungsmotoren. Egal, ob Front- oder Hecktriebler.
Neuer Elektro-SUV soll Tesla auf Abstand halten
Diese E-Revolution beginnt mit den volumenstarken Kernbaureihen der Münchner. So startet noch 2020 der vollelektrische BMW X3, dessen Eckdaten noch geheim sind. Doch von Technikern ist zu hören, dass für den beliebten Mittelklasse-SUV, der im US-Werk Spartanburg gebaut wird, eine Start-Reichweite von bis zu 500 Kilometern geplant ist – sein Akku-Paket dürfte deshalb eine Kapazität von mindestens 80 Kilowattstunden haben. Dieser Stromer marschiert dann direkt gegen das geplante kompaktere Tesla-SUV „Model Y“. Bei Bedarf gern mit großen Stückzahlen. Darüber redet man bei BMW zwar offiziell noch nicht, doch die Jahres-Kapazität könnte offenbar zügig auf fünfstellige Produktionszahlen gepusht werden, erfuhr EDISON aus Firmenkreisen.
Noch unter dem Arbeitstitel „iNext“ läuft eine coupehafte Oberklasse-Limousine im Format des heutigen Fünfer-BMW mit einem feinen loungeartigen Innenraum und fortgeschrittenen autonomen Fahrfähigkeiten auf den Levels 3 und 4. Der Fahrer darf hier seine Hände getrost vom Lenkrad lassen und sich mit gepflegter Audio-Unterhaltung vergnügen oder seiner Familie widmen.
Fest steht schon, dass dieser Vollstromer ein verdammt schneller Reisewagen wird – mit über 500 Kilometer Reichweite in der Topversion. Auch für seinen richtigen Namen gibt es schon festere Vorstellungen: Nach unseren Recherchen soll das Auto in der i-Nomenklatur die Zahl 5 bekommen. Eine erste Designstudie des Modells wird erstmals auf der Frankfurter IAA 2019 zu sehen sein. Wer der Rivale dieses i5 ist? Unter anderem natürlich das Model S von Tesla.
Eckenflitzer i4 in der Mittelklasse
Kurz darauf, im Sommer 2022, will das BMW-Management mit einer fünfsitzigen Crossover-Limousine im Format der absatzstarken Dreier/Vierer-Reihe dem Model 3 von Tesla Kunden abjagen – das bis dahin hoffentlich seine Anlaufschwierigkeiten überwunden hat. Wie dieser massentaugliche Stromer aussehen könnte, haben die Münchner gerade mit der schneidigen Studie BMW i Vision Dynamics mehr als nur angedeutet. Der elektrische Mittelklässler soll im Serientrimm genauso cool wie die Studie auf der gerade zu Ende gegangenen IAA in Frankfurt aussehen und wie ein Irrwisch um die Ecken flitzen, verspricht BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. Im Gespräch mit EDISON verrät er auch gleich die Kerndaten: mindestens 600 Kilometer Reichweite, über 200 km/h Höchstgeschwindigkeit, nur vier Sekunden auf Tempo 100. Sein voraussichtlicher Name: i4.
„Mit diesem Auto wollen wir zeigen, dass die Elektrifizierung im Herz unserer Marke angekommen ist“, erzählt uns Robert Irlinger, 48. Er ist der neue Entwicklungschef der Elektromobilitätsmarke BMW i, die mittlerweile zur technischen Speerspitze des Konzerns gereift ist. Große Stückzahlen seien bei diesem Fahrzeug dann kein Problem, erklärt er, „denn bis dahin sind die neuen Elektrobaukästen komplett industrialisiert“. Mit gleichem Tempo arbeite BMW auch an kurzen Ladezeiten, also am Speed-Laden mit 350 kWh-Technologie. Laden in der Zeit einer deutschen Kaffeepause.
Und die Zukunft des i3? „Wir arbeiten schon intensiv an der Nachfolgegeneration“, sagt Irlinger. Was er nicht sagt: Die Reichweite des aktuellen Autos soll, bevor 2020 der komplett neue Nachfolger startet, mit einem leistungsstärkeren Akkupaket noch einmal erhöht werden – im Gespräch sind über 300 Kilometer Reichweite im realen Alltagsbetrieb. Zum Vergleich: Der aktuelle i3 des Modelljahres 2018, der im November in den Handel kommt, kommt mit seiner 33 Kilowattstunden großen Batterie mit einer Ladung nur theoretisch 300 Kilometer weit – außerhalb des Labors sind es eher 200 Kilometer. Die gute Nachricht für die Kunden: Generell will BMW nach unseren Informationen künftig für seine Elektroautos etwa alle drei Jahre gegen Zuzahlung ein Update auf eine leistungsstärkere Batterie offerieren – die Entwicklungssprünge in der Zellentwicklung machen es möglich.
Und 2025, wenn nach Stand der Dinge die zweite Generation des i3 in den Handel kommt, wird es im wahrsten Sinne richtig spannend. Dann soll zwischen den Achsen eine Feststoffbatterie stecken: Elektroden und Elektrolyt bestehen aus festem Material. Die Entwicklungen zu dieser revolutionären Speichertechnologie, die doppelte Energiedichte im Vergleich zu aktuellen Lithium-Ionen-Akkus verspricht, gehen bei BMW jedenfalls gut voran, heißt es im Unternehmen. Das könnte dem kleinen i3 bei verringertem Gewicht Reichweiten von 500 bis 600 Kilometer mit einer Akkuladung bescheren. Bei größeren BMW-Modellen mit größeren Batterien sollen sogar reale Reichweiten von über 800 Kilometer drin sein. Und die Ladezeit? Dank 350 Kilowatt Ladeleistung soll der Akku schon nach etwa zehn Minuten wieder zu 80 Prozent voll sein. Da reicht es an der Raststätte dann nur für einen Coffee to go. Schöne Aussichten.