Thorsten Seipp und Sascha Berthold sind von Redox-Flow-Batterien fasziniert. Davon, dass nur ein Elektrolyt verwendet wird. Davon, dass Leistung und Kapazität unabhängig voneinander sind. Das mache die Technologie einzigartig. Aber leider nicht perfekt.
Bei Redox-Flow-Speichern wird der Elektrolyt flüssig in Tanks gelagert. Eine feine Membran trennt positive und negative Elektrolyte voneinander. In den Elektrolyten sind Ionen, die den elektrischen Strom leiten. Beim Laden nehmen die Ionen in einer Flüssigkeit Elektronen auf, wandern durch leitfähige Platten und geben in der anderen Kammer die Elektronen wieder ab. Soll die Batterie Strom liefern, läuft die Reaktion in umgekehrter Richtung ab. Die Kapazität hängt allein von der Flüssigkeitsmenge ab und kann einfach und günstig erhöht werden. Die Leistung der Zelle, die von der Stack-Größe definiert wird, spielt dabei keine Rolle.
Nicht perfekt ist die Technologie, da die Energiedichte in der Flüssigkeit zu gering ist. Das macht den Speicher teuer und groß. Die Leistungsfähigkeit kann mit Lithium-Ionen-Batterien deshalb nicht mithalten. Um das zu ändern, haben Seipp und Berthold über zehn Jahre im Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) an der Redox-Flow-Technologie geforscht. Nun glauben sie, einen großen Sprung machen zu können.
Komplett bei Null angefangen
Normalerweise kommen für die Herstellung der leitfähigen Platten – auch Stacks genannt – Dichtungen zum Einsatz. Nicht selten sind in einem Stack über 100 dieser Dichtungen. Der Aufbau ist nicht nur schwierig und aufwendig, die Dichtungen werden mit der Zeit auch spröde.
Deshalb machen es Seipp und Berthold ganz anders. Sie verwenden ein neues Grafit-Kunststoffgemisch für die Stacks. Das reduziert den Materialeinsatz und macht die Stacks flexibel wie eine Folie. Die einzelnen Rahmen werden aufeinandergelegt und verschweißt. Heraus kommt ein Kunststoffblock, der keine Dichtungen mehr braucht. Die Kosten für die Stacks sinken um die Hälfte und können dadurch Lithium-Ionen-Akkus Konkurrenz machen.
Abgesehen von den Kosten löst die Technik auch das Größenproblem der Batterien. Denn bisher waren Redox-Flow-Batterien nicht nur zu teuer, sondern auch viel zu groß. Die Batterie von Volterion ist auf die Größe eines Kühlschranks geschrumpft und damit kompakter als übliche Redox-Flow-Batterien, die schon mal einen ganzen Keller füllen.
Der Prozess klingt erst mal nicht so kompliziert. „Schwierig war es nur, dahin zu kommen und die Detailprobleme zu lösen“, sagt Seipp. Es sei ein radikal anderer Aufbau der Batterie. Für die Produktion gibt es keine Maschinen, die Materialien passten am Anfang nicht zusammen. Die Qualitätssicherung musste erst noch entwickelt werden. „Man fängt mit einem leeren Blatt Papier an und muss dann einen kompletten Produktionsprozess neu aufbauen“, erklärt Seipp die Herausforderung. Das ist zwar komplex, für den Chemieingenieur aber eine spannende Aufgabe.
Wirtschaftsministerium fördert die Batterie
Die beiden Ingenieure aus Oberhausen sind von der Technik überzeugt. Deshalb gründeten sie 2015 zusammen mit dem Finanzexperten Thomas Gebauer die Firma „Volterion„, ein Spin-off des Fraunhofer-Instituts UMSICHT. Für die Entwicklung erhielten sie eine Million Euro Fördergeld vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und gewannen den Achema-Gründerpreis und den Start-up-Award der Technischen Universität Dortmund.
Ideal als Speicher fürs Haus
Für Elektroautos eignet sich die Technik zwar nicht, da die Reichweite zu gering wäre. Als stationärer Speicher sind sie aber umso interessanter. Sie können fast unbegrenzt be- und entladen werden und halten mindestens 20 Jahre. „Wir sind überzeugt, dass unsere Redox-Flow-Batterie den niedrigsten Preis pro gespeicherter Kilowattstunde im stationären Bereich ermöglicht“, sagt Seipp.
Ideal ist die Flusszellen-Batterie als stationärer Speicher im Eigenheim, um fluktuierende erneuerbare Energien wie beispielsweise Solarstrom jederzeit nutzen zu können. Die Einsatzfelder der stationären Speicher sind vielseitig: Demonstriert wird sie dieses Jahr beispielsweise im Klimaviertel in Herne, wo die Bewohner möglichst energieautark leben wollen.
Geeignet ist sie auch für Gewerbekunden, die damit ihre Leistungsspitze senken und Kosten sparen können. Und fahren in den nächsten Jahren mehr Elektroautos auf den Straßen, kann die Batterie auch hohe Spitzen im Stromnetz abfedern. Im Gegensatz zum Lithium-Akku braucht der flüssige Elektrolyt auch keine seltenen Bodenschätze – theoretisch reicht eine einfache Salzlösung.
Grundsätzlich sollte das funktionieren, es sind aber getrennte Tanks für Kathode und Anode notwendig. Um eine direkte Entladung zu verhindern müssen die Tanks auch elektrisch voneinander isoliert sein. Bei einem 10.000l Tank eher schwierig, in der Mitte auseinander schneiden und wieder zuschweißen. Bei Batterietanks wird das wohl einfacher.
Eine Frage: Kann dass Elektrolyt z.B. in einem 10 000 l Heizöltank gespeichert werden und dann die Batterie im Einfamilenhaus als Seisonspeicher betrieben erden?
Gute Frage, gute Idee