Wenn es um Windenergie geht, ist Deutschland zweigeteilt: Erzeugt wird sie bislang vor allem mit Großanlagen im Norden. Dort drehen sich riesige Rotoren in bis zu 150 Metern Höhe und liefern pro Windrad zwei Megawatt oder mehr. Verbraucht wird Strom aber vor allem in den industriellen Ballungszentren in Süddeutschland.

Eine Lösung: Man transportiert den Naturstrom aufwendig in oft noch gar nicht existierenden Leitungen Richtung Süden. Eine andere Möglichkeit: Die Energie wird gleich dort produziert, wo man sie braucht. Ein Start-up aus Berlin will diese zweite Option mit einer neuen Generation von Windanlagen entscheidend voranbringen. Die kleinen Rotoren von Enbreeze könnten sich in Gewerbegebieten oder neben Handwerks- oder Kommunalbetrieben drehen.

Jan Dabrowski ist einer der Firmengründer. Der 36-jährige Ingenieur beschäftigt sich schon seit dem Studium in Karlsruhe mit erneuerbaren Energien und den Schwierigkeiten, diese zum Durchbruch zu bringen. So kritisiert er die Ballung der Großwindanlagen in einzelnen Zonen. „Bei der Berechnung der Strompreise wird der anschließende Transport über hunderte Kilometer ignoriert“, sagt er. Aus eigenen Kleinanlagen könnten die Betreiber ihren Strom daher meist günstiger beziehen als Energie aus dem Netz.

Gemacht für niedrige Windgeschwindigkeiten

Die dezentrale Stromproduktion hält nicht nur der gebürtige Schwabe für sinnvoll. Auch viele Experten befürworten sie. Oft heißt es trotzdem: Photovoltaik lohne nur im Süden, Windkraft hingegen im Norden. „Dabei verhalten sich die beiden Formen eigentlich komplementär“, sagt Dabrowski. Schließlich weht der Wind im Winter am stärksten, wenn die Photovoltaik nur einen Bruchteil ihres Maximums leisten kann. Die perfekte Ergänzung also, sofern man beide Energieproduzenten gleichmäßig verteilt.

Die Enbreeze-Anlage liefert 15 kW – wenig im Vergleich zu den Mega-Windrädern an der Küste. Dafür ist sie an ihrem höchsten Punkt auch kaum 30 Meter hoch, die Nabenhöhe beträgt etwa 21 Meter. Die Rotoren messen bescheidene elf Meter im Durchmesser und drehen sich besonders leise, sie erzeugen Geräusche mit einem Pegel von weniger als 45 Dezibel. Optimiert sind sie für die Ausnutzung der bodennahen Windverhältnisse, nicht für tosende Luftmassen in großer Höhe.

„Es gibt viele unseriöse Anbieter, die den Betreibern von Kleinwind-Anlagen unmögliche Erträge versprechen“, sagt Dabrowski. Enbreeze will in diesem Markt als professioneller Anbieter auftreten. Die Anlagen sind auf niedrigere Windgeschwindigkeiten ausgelegt, die Rotorfläche wurde im Vergleich zur Nennleistung vergrößert. Damit verbessert sich der Wirkungsgrad. Bei Flaute müssen freilich auch die Enbreeze-Anlagen passen.

Ein Windrad für den Stadtrand

Mit ihren speziellen Eigenschaften ist die Anlage ideal für den urbanen Raum, nicht für eine menschenleere Landschaft. Die Enbreeze-Macher wollen ihre Rotoren allerdings nicht in der Innenstadt aufstellen. Sie peilen die Randbereiche von Metropolen an. Dort also, wo energieintensive Abnehmer wie Abfallverwerter, Landwirtschaftsbetriebe oder Mittelständler angesiedelt sind.

Wer im Jahr 50.000 bis 100.000 kWh Strom verbraucht, passt ideal ins Kundenschema. „Wir wollen vor allem Abnehmer, die ihre eigene Energie verbrauchen“, sagt Dabrowski. Für solche Unternehmen könnte die Anlage sogar zu einem weithin sichtbaren Marketing-Instrument werden, denn sie können Rotorblätter und Pylon in den Firmenfarben oder mit dem eigenen Logo gestalten. So wird die Anlage zum Hingucker und Werbeträger. „Wir haben deshalb viel Wert gelegt auf ein gutes Design“, erzählt Dabrowski.

Die Enbreeze-Macher steuern in Europa ein ganz neues Marktsegment an. Weil die Anlage zudem besonders kompakt gebaut ist, könnte sie auch in Entwicklungsländern gute Dienste leisten. „Besonders in Gebieten ohne Anschluss an das Stromnetz“, sagt Dabrowski. Die Einzelteile des Windrades lassen sich vormontiert in einem Container verschiffen. Selbst in abgelegenen Gebieten könnten die Räder aus Berlin deshalb recht einfach für Elektrizität sorgen.

Besondere Sicherheitsvorkehrungen

Allerdings muss ein Windrad in der Nähe von Wohnungen anders ausgelegt sein als auf dem Land. „Das gilt besonders für Fragen der Sicherheit. Damit haben wir uns intensiv beschäftigt“, sagt Firmengründer Dabrowski. Dazu gehört, dass sich die Rotorblätter bei Stromausfall oder Sturm automatisch so ausrichten, dass sie „aus dem Wind“ gehen und sich nicht immer schneller drehen. Diese rein mechanische Regelung gehört zum Prinzip der einfachen, wartungsarmen Bauweise. „Wir kommen ohne teure elektronische Komponenten aus“, sagt Dabrowski.

Drei Testanlagen baut Enbreeze derzeit. Ihre Lebensdauer ist für deutlich über 20 Jahre geplant. Rentieren sollen sich die kleinen Windräder nach zehn bis 15 Jahren. „Das ist bei Windenergie branchenüblich“, sagt Dabrowski. Wie seine Idee einen kräftigen Schub erhalten könnte weiß der Jungunternehmer auch: „Die Bauvorschriften sollten gelockert werden. Wir müssen bislang einen unfassbaren Aufwand betreiben, ehe wir eine Anlage aufstellen können“, sagt er.

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1 Kommentar

  1. Christian

    Also, im Sinne der Gleichbehandlung nach dem deutschen Grundgesetz, sollten die Menschen in der Großstadt, die gerne „grünen“ Strom verbrauchen wollen, dann auch bitteschön mit den gleichen Windrädern auf ihren „Freiflächen“ „gesegnet“ werden, wie etwa die Anwohner des Nationalparks Reinhardswald. Es scheint ja „nachgewiesen“ das 50 ausgewachsene Bäume auf der gleichen Fläche weniger CO² binden, als ein Windrad. (Mich lehrte der Biologieunterricht eigentlich das Gegenteil, aber naja…) Von daher plädiere ich für den Bau diverser 150 Meter hoher Windräder im Berliner Tiergarten und vor dem Reichstagsgebäude, rechts und links des Brandenburger Tors und auf dem Tempelhofer Feld… auf der grünen Wiese. Eben dort, wo für diese 2 Megawatt-Anlagen in einer Großstadt genügend Raum ist, damit sich die Anwohner vor Ort daran erfreuen können, wie einst an den herrlichen Schloten aus Ziegelsteinen. Mit freundlichen Grüßen…

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