Wenn es um das Laden von Elektroautos geht, konzentriert sich die Branche bislang auf die stationäre Seite: Wer baut die Ladesäulen, wie sind sie ausgestattet, welcher Stromanbieter steht dahinter. Für die Abrechnung ist viel Technologie nötig, jede Säule kostet eine Menge Geld. Auch das ist ein Grund, warum es immer noch wenige Ladepunkte gibt. Frank Pawlitschek geht das Problem jetzt von der anderen Seite an. Zusammen mit seinem Mitgründer Knut Hechtfischer baut er mit dem Start-up Ubitricity die technische Intelligenz in das Ladekabel ein, das jedes E-Auto mit sich führt. Das Fahrzeug bringt seinen Stromzähler also bereits mit. Nach Haus- und Industriestrom gibt es dann eine neue Form: Mobilstrom.
Dazu genügt eine einfache Systemsteckdose mit entsprechender Software des Berliner Start-ups. Keine aufwendige Technik zum Stromzählen, für Kommunikation und Autorisierung wie bislang. „Die öffentliche Infrastruktur sollte so einfach wie möglich gestaltet sein“, sagt Jungunternehmer Pawlitschek. Das bedeutet, eine solche Ladestelle kann mit jedem beliebigen Stromanbieter abrechnen. Oder vielmehr: Das Auto rechnet selbst ab, die Steckdose gibt den Strom nur noch frei. Im Extremfall heißt das: fünf Kunden in Folge, fünf unterschiedliche Tarife. Und dabei ist die Ladestelle wesentlich günstiger, rentiert sich deshalb schneller und kann fast überall installiert werden: an Wänden, freistehenden Pollern oder sogar Lichtmasten.
Bekannt geworden ist Ubitricity mit einer besonders anschaulichen Anwendung. Das Berliner Start-up baute seine Systemsteckdosen zunächst in Londoner Straßenlaternen ein, die damit zum Ladepunkt wurden. Doch das ist nur eine, wenn auch spektakuläre, Einsatzmöglichkeit. Die auch prominente Partner mobilisiert hat: So ist Siemens an dem Berliner Start-up beteiligt.
Auto und Stromvertrag in einem Paket
Besonders attraktiv für Autohersteller ist, dass sie ihren Kunden in Zukunft den Stromvertrag gleich mitverkaufen können. Schließlich wird durch das intelligente Kabel eine Paketlösung möglich: Der Kunde rechnet immer mit ein und demselben Anbieter ab, egal, wo er tankt. Bislang steht noch hinter jedem Ladepunkt ein anderes Stromunternehmen.
Die Chancen durch eine geänderte Abrechnungsmethode haben die großen Autohersteller längst erkannt. Volkswagen zum Beispiel will künftig mit Energieversorgern kooperieren. Möglicherweise steigen die Autohersteller bald auch ganz in das Geschäft ein und werden zum Stromhändler. Mit einer Innovation wie der von Ubitricity wäre das möglich. Endlich hätten die Fahrzeughersteller dann, wovon sie schon lange träumen: ständigen Kontakt zum Kunden, auch Jahre nach dem Autokauf. Als Stromhändler wären sie bei jedem Ladevorgang dabei, hätten die Daten des Autos und die Kommunikation mit dem Fahrer.
Ein Schritt nach vorne für E-Dienstwagen
Auch in anderen Bereichen könnte das schlaue Ladekabel einiges ändern. „Elektrische Dienstwagen werden wegen der Abrechnung bislang oft abgelehnt: Über Nacht müsste der Fahrer damit zu Hause auf eigene Kosten tanken. Mit unserem Kabel wäre das kein Problem mehr“, sagt Pawlitschek. Zwar würde auch dann an der heimischen Steckdose geladen. Abgerechnet würde aber mit dem Anbieter, den der Arbeitgeber ausgesucht und bezahlt hat. Vergleichbar ist das mit der Tankkarte, die Dienstwagenfahrer bislang meist bekommen. Gerade für die Einführung von elektrischen Fuhrparks könnte die Berliner Erfindung ein großer Schritt nach vorne werden.
Pawlitschek vergleicht das schlaue Ladekabel mit der Entwicklung beim Internet-Empfang: „Früher war für jeden Nutzer ein hoher Technik-Aufwand nötig, um stationär ins Netz zu kommen. Heute läuft das total unkompliziert und mobil mit dem Handy.“ So einfach wollen die Gründer von Ubitricity auch das Laden von E-Autos machen.