Europa mag einen gemeinsamen Markt haben. Wer häufig Pakete von einem Ende des Kontinents zum anderen schicken muss, spürt davon aber immer noch wenig. Besonders für Online-Versender sind die Landesgrenzen der EU weiterhin real. Ganz praktische Probleme bremsen eigentlich großartige digitale Geschäftsmodelle aus, sobald es um den Vertrieb von Produkten von einem Staat in den nächsten geht. Will ein Händler beispielsweise Schuhe oder Hosen von Frankreich nach Polen schicken, kann er zwar zwischen Dutzenden von Anbietern wählen. Welcher Dienst die Ware am sichersten und zuverlässigsten transportiert, kann er aber kaum vorher herausfinden.

Das Berliner Start-up Seven Senders will nun mit moderner Technologie Transparenz in den zersplitterten Logistikmarkt bringen. Die Plattform bündelt dazu über 100 internationale Transportunternehmen zu einem digitalen Netzwerk. Kunden wie der Modeversender Zalando, der Möbelhändler Westwing oder der Optiker Mister Spex nutzen die Informationen, um jeden Tag tausende Pakete zu verschicken – und zwar in ganz Europa.

Die Marktführer sind nicht überall stark

„Viele Carrier haben sich spezialisiert, damit sie auf dem umkämpften Markt bestehen können“, erklärt Seven-Senders-Gründer Johannes Plehn. Ein lokaler Transporteur verspricht deshalb die Auslieferung innerhalb von 30 Minuten in München, ein anderer den perfekten Lieferservice in Nordfrankreich. „Für die Versender ist es bislang aber unmöglich, mit lokalen Spezialisten zusammenzuarbeiten“, sagt Plehn.

Zwar könnte es sich ein Online-Händler dann leichtmachen und einfach Marktführer DHL beauftragen. Oder in Frankreich die dort führende La Poste. Beide sind aber nur auf ihren Heimatmärkten wirklich stark. Jenseits der Landesgrenze müsste der Auftraggeber den Anbieter wechseln, um die beste Leistung zu bekommen. Das macht niemand, weil die nötigen Informationen fehlen, weil es teuer und aufwändig ist.

Das Gründerteam von Seven Senders kennt die Eigenheiten auf den einzelnen Märkten und verspricht seinen Kunden Mehrwert über Transparenz, indem es den Weg von Millionen von Sendungen verfolgt, neudeutsch trackt. Damit können Plehn und Kollegen erkennen, bei welchen Paketdiensten der Versand gerade stockt und welche besonders schnell arbeiten. Sie waren früher bei unterschiedlichen Logistikern und Online-Händlern beschäftigt. Mit der eigenen Firma wollen sie seit 2015 eine Lücke füllen, die sie auf Europas Versand-Markt ausgemacht haben.

Ein Lager für ganz Europa

Seven Senders will den Wechsel zwischen mehreren Versendanbietern so nahtlos abwickeln, dass Auftraggeber und Empfänger davon nichts bemerken. Der Absender habe vom Auftrag bis zur Zahlung nur einen Ansprechpartner. Aus der Datenbank sucht das Start-up dazu die beste Kombination von Versand-Spezialisten und setzt den Prozess in Gang. Zudem bietet es eine App, die ein Online-Shop wiederum mit seinem Logo versehen und dann seinen Kunden bereitstellen kann. Die Verbraucher wissen mithilfe der Software jederzeit, wo sich ihre Bestellung befindet.

Spannend ist das für solche Firmen, deren Arbeit bereits hochgradig digitalisiert ist, die aber nur ein Auslieferungslager in ganz Europa betreiben. Bei 90 Prozent seiner Kunden sei dies heute der Fall, sagt Plehn. Digital-Firmen wollen rasch wachsen, auch über die Grenzen hinweg. Bislang ist der Versand aber so kompliziert, dass viele Unternehmen in jedem Land ein eigenes Auslieferungszentrum gründen müssen. Das ist teuer, umständlich und verhindert deshalb womöglich geplantes Wachstum.

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