Das weltweite Bienensterben beunruhigt viele Menschen. Eine neue Studie will nun einen Grund gefunden haben: das umstrittene Pflanzengift Glyphosat. Die nur sechs Seiten kurze Studie von drei Biologen der University of Texas in Austin, die im Wissenschaftsmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht wurde, legt nahe, dass Glyphosat eine wichtige Ursache für das Bienensterben sein könnte: Glyphosat wirkt gegen Unkräuter, indem es ein wichtiges Enzym blockiert. Dieses Enzym findet sich aber auch in manchen Bakterien, die man im Darm von Insekten findet. Somit könnte das Pflanzengift auch die Darmflora von Bienen empfindlich stören – und so zum massenhaften Tod der Tiere beitragen.

Auch in Deutschland untersuchen Forscher das Insektensterben. Allerdings mit einem ganz anderen Ansatz: künstlicher Intelligenz. Klingt abgefahren, aber eine kleine Gruppe Universitätsabsolventen will aber beweisen, dass genau das funktioniert. In Karlsruhe forschen sie an einer Konstruktion, die ein technisches Auge auf Bienen wirft. Die Entwicklung des Start-ups Apic.ai soll Aufschluss darüber geben, wie es den Tierchen geht und ob sie möglicherweise unter ihrer Umwelt leiden. Die Hoffnung der jungen Forscher: Sie wollen mit den erhobenen Daten Rückschlüsse auf den Zustand der Natur ziehen und nötige Maßnahmen einleiten können.

Katharina Schmidt ist Imkerin in vierter Generation. Hauptberuflich ist sie Betriebswirtin, derzeit beschäftigt an der Uni Karlsruhe. Dass es auch ihren Immen zunehmend schlechter geht beunruhigt die junge Frau. „Insekten sterben aus und niemand weiß genau, warum“, sagt Schmidt. Ihre Lösung: Daten sammeln. „Wenn man ein komplexes System nicht versteht, muss man zunächst einmal möglichst viele Informationen darüber bekommen“, sagt die Jungunternehmerin. Und welches System ist komplexer als die Natur?

Schmidt und ihre beiden Mitstreiter haben deshalb einen kleinen Kasten entwickelt, der vor das Flugloch der Bienen gehängt wird. Wer in den Stock will, muss durch und wird dabei von einer Kamera erfasst. Die erkennt mit Hilfe künstlicher Intelligenz, in welchem gesundheitlichen Zustand die Biene ist, welchen Pollen sie einträgt und ob womöglich bereits eine Varroa-Milbe auf ihr sitzt. Und das System zählt die Insekten. „Wenn viele Sammlerinnen ausbleiben kann man zum Beispiel auf Pestizide schließen“, sagt Schmidt. Umweltgifte verwirren den Orientierungssinn der Bienen, die nicht mehr nach Hause finden. Die genaue Zahl der Milben im Volk gibt der Imkerin die Möglichkeit, Gegenmittel ganz gezielt und möglichst Bienen schonend einzusetzen.

Bauern könnten mithilfe der Daten reagieren

Die Registrierung der gesammelten Pollenarten wiederum könnte helfen, eine sogenannte Trachtlücke aufzuspüren. Das ist eine sommerliche Zeitspanne, in der nichts in der Umgebung blüht und die Bienen daher hungern. Gezielte Pflanzungen wären hier eine Lösung.

„Es geht uns darum, viele solcher Hinweise in einer Umgebung zu vernetzen“, erklärt Katharina Schmidt. Bauern könnten auf Basis dieser Informationen Blühstreifen anlegen oder ihren Pestizid-Austrag überdenken. Die Unternehmerin räumt aber auch ein: „Wir sind noch in der Forschungsphase und haben kein konkretes Geschäftsmodell.“ Vor Anfragen interessierter Imker kann sie sich dennoch kaum retten. Die müssen bislang abgewiesen werden – es ist erst ein Prototyp der Anlage bei den Stadtwerken in Ettlingen im Einsatz.

Im kommenden Jahr dürfte das Projekt einen großen Schritt weiterkommen. Dann wird es in Karlsruhe mehrere Dutzend Standorte mit der Erfindung von Apic.ai geben. Sie sollen Daten sammeln und zeigen, auf welche Weise sich die Erkenntnisse zum Nutzen von Natur und Bienen verwerten lassen.

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