Der Diesel ist ein Auslaufmodell. Nicht nur auf der Straße, auch auf den Schienen werden alternative Antriebe immer interessanter. Alstom ist in der Branche vorangeschritten. Der „Coradia iLint“ ist der weltweit erste Personenzug, der von einer Wasserstoff-Brennstoffzelle angetrieben wird. 1000 Kilometer schafft der Zero-Emissions-Zug mit nur einer Tankfüllung – und leiser ist er noch dazu.

„Der Coradia iLint läutet eine neue Ära im emissionsfreien Bahnverkehr ein“, sagt Henri Poupart-Lafarge, Präsident und CEO von Alstom. Grund zur Freude hat er auf jeden Fall. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) hat 14 Wasserstoffzüge geordert. Was sich nach der umweltfreundlichen Lösung auf Schienen par excellence anhört, ist allerdings umstritten. Der Wirkungsgrad von Wasserstoff ist geringer als bei einer Batterie und Infrastruktur ist kaum vorhanden. Anders gesagt: Auf der Schiene gibt es dieselben Probleme wie auf der Straße.

Die Anforderungen in der Bahnbranche sind groß. Züge sind fast rund um die Uhr bis zu 30 Jahre lang bei jedem Wetter im Einsatz: egal ob Hitze oder Kälte. Genauso hart sind auch die Anforderungen an die Batteriepacks – an Lade- und Entladeströme, Sicherheit, Tieftemperatur-Performance, Betriebszeit und Zyklenfestigkeit.

Technologien kombinieren für bessere E-Züge

Der Technologieverband VDE empfiehlt in seiner Studie, die Vorzüge von zwei Technologien zu kombinieren: eine Traktionsbatterie mit hoher Leistungsdichte, um den Zug zu beschleunigen, und eine mit hoher Energiedichte, die für Reichweite sorgt. Für die Beschleunigung empfiehlt der VDE Lithium-Zellen mit LTO-Anoden, die auch zur Speicherung der Rekuperationsenergie aus den Elektromotoren dient. Für alles andere reichen die Standard-Zellchemien aus der Automobilbranche wie NCA/C, NCM/C oder LFP/C. Technisch sei die Kombi-Lösung machbar, erklärt Wolfgang Klebsch, Mobility-Experte im VDE und Autor der Studie.

Elektrisch durch Österreich
Siemens will in Österreich nächstes Jahr mit elektrischen Bahnen starten.
© Copyright Siemens

LTO-Traktionsbatterien genießen den Ruf, mit den harten Anforderungen an Schienentriebzügen zurecht zu kommen. Bei der Reichweite ist allerdings nicht viel zu erwarten: Nach 80 Kilometern ist Schluss. Und schon dafür bringt sie mit sieben Tonnen doppelt so viel auf die Waage wie eine konventionelle Batterie. Diese Spezialtechnologie ist zudem um den Faktor fünf bis zehn teurer als herkömmliche Standardzellen, bei denen die Automobilbranche bis 2030 einen Preisverfall für die Grenzkosten für Lithium-Ionen-Zellen von unter 100 Euro pro Kilowattstunde (kWh) erwartet. „Hiervon kann auch die Eisenbahn profitieren“, so Klebsch.

Siemens startet mit Hybrid-Bahnen in Österreich

Trotz aller Nachteile setzt Siemens Mobility auf die Lithium-Titanat-Batterien (LTO-Technologie). Zusammen mit der Österreichische Bundesbahn (ÖBB) wird der elektro-hybride Batterieantrieb im kommenden Jahr eingesetzt. Dann sollen Details geklärt werden – auch die genau Reichweite. Fest steht, dass im Vergleich zum Dieselantrieb die CO2-Emissionen um bis zu 50 Prozent reduziert werden können.

Optimal für den Zugverkehr wären Superkondensatoren. Sie sind fast unverwüstlich. Mehrere hunderttausendmal können sie be- und entladen werden, bevor sich ihre Lebensdauer dem Ende zuneigt. Selbst extreme Temperaturen von bis zu -40°C halten sie aus. Die auch Super- oder Ultracaps genannten Speicher können im Vergleich zu herkömmlichen Akkus zudem große Energiemengen innerhalb weniger Sekunden aufnehmen und genauso schnell wieder abgeben.

Im Gegensatz zu Batterien, die Energie chemisch speichern, sind Ladungen in Supercaps rein elektrostatisch gebunden. Ihre Energiedichte ist allerdings noch zu gering, um wirklich interessant zu sein. „Supercaps verbessern sich kontinuierlich und sind eine Zukunftstechnologie“, ist Klebsch überzeugt. Große Hoffnungen setzt er auf hybride Superkondensatoren, die die beiden Prinzipien der elektrostatischen Doppelschichtkapazität und der elektrochemischen Pseudokapazität kreuzen. Der VDE-Experte rechnet damit, dass sie in zehn Jahren serienreif sind und dann Lithium-Ionen-Akkus Konkurrenz machen können.

Zug für die Lücke
Bombadier will mit seinem elektrischen Zug Strecken überbrücken, die keine Oberleitung haben.
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Lückenfüller für Strecken ohne Oberleitung

Bisher stecken Batteriezüge sowieso noch in den Kinderschuhen. Ein Prototyp von Bombardier Transportation schafft bisher nur 40 Kilometer Reichweite – 100 Kilometer hat der kanadische Hersteller für die Zukunft angekündigt. Das würde für die meisten Strecken ausreichen, denn 50 Prozent der nicht elektrifizierten Strecken liegen unter 70 Kilometer. Für diese Streckenteile soll der Zug als Lückenfüller dienen. 17.000 Kilometer des deutschen Schienennetzes haben keine Oberleitungen – das sind immerhin 40 Prozent. Normalerweise muss dafür Diesel mit all seinen schadstoffhaltigen Nachteilen eingesetzt werden.

Laden ist für den Bombardier-Zug auch kein Problem – der Strom kommt aus der Oberleitung, wenn die Batterie nicht benötigt wird. Die Jungfernfahrt des Bombardier-Zugs findet im kommenden Jahr in der Region Alb-Bodensee mit Fahrgästen statt.

Die Anschaffungskosten liegen zwar etwa 1,5 Millionen Euro über einem konventionellen Dieselzug. Auf der anderen Seite verringern sich die Kosten bei Wartung und Ersatzteilen. Hinzu kommen die Einsparungen beim Diesel. Laut einer Vergleichsstudie der TU Dresden würde sich der Batterietriebzug bei der Gesamtkostenbetrachtung über die komplette Laufzeit von 30 Jahren rechnen. „Dieser Zug ist Bombardiers technologische Antwort auf aktuelle Herausforderungen wie Luftverschmutzung, Klimawandel und Ressourcenknappheit“, verkündete Michael Fohrer, Deutschlandchef von Bombardier Transportation, auf der Innotrans-Messe.

MTU misstraut dem reinen Batterieantrieb

Von der Wirtschaftlichkeit eines Batterieantriebs ist Motorenhersteller MTU noch nicht überzeugt. Die Kernmarke von Rolls-Royce Power Systems setzt auf ein PowerPack, das den MTU-Dieselmotor mit einer elektrischen Maschine verbindet, die sowohl als Motor als auch als Generator eingesetzt werden kann. Dazu kommt ein Batteriesystem, das die Energie speichert, die beim Bremsen zurückgewonnen wird. Das reicht für Tunnelfahrten, wenn der Zug durch eine dicht besiedelte Region fährt oder für das Einfahren in Bahnhöfe, wo sich die Antriebsgeräusche um etwa 75 Prozent (20 dB(a)) reduzieren. Verbrauch und CO2-Emissionen sinken je nach Fahrzeug, Strecke und Fahrplan um bis zu 25 Prozent.

Das MTU PowerPack
Der Motorenhersteller MTU setzt auf Hybridmodelle.
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Die Resonanz scheint groß zu sein: Bahnunternehmen aus Deutschland, Großbritannien und Irland wollen die Technik einsetzen, erklärte der Konzern. Das von MTU entwickelte Powerpack kann anstelle eines reinen Dieselantriebs in den Triebwagen eingebaut werden. Als Parallelhybrid kann das Antriebssystem entweder mit dem Dieselmotor, mit dem Elektromotor oder mit einer Kombination aus Diesel- und Elektromotor betrieben werden.

„Mit dem Hybrid-Antrieb von MTU wollen wir die Attraktivität unserer Triebwagen-Flotten für unsere Kunden weiter erhöhen und sie für einen noch kosteneffizienteren und umweltfreundlicheren Betrieb fit machen“, erklärt Thomas Schmidt, Geschäftsführer der Alpha Trains Europa GmbH. Die Firma will ihre Flotte von mehr als 140 Fahrzeugen auf Hybrid-Antriebe umrüsten. Vorerst werden die verschiedenen hybriden Antriebslösungen noch simuliert und auf ihre Tauglichkeit für den Einsatz auf bestimmten Strecken geprüft.

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