Schiffe gelten nach wie vor als Dreckschleudern. Obwohl die Vorschriften zunehmend verschärft werden, haben sie in ihrem Tank meist noch Schweröl – was deutlich dreckiger als Benzin und Diesel von Autos ist. Zwar wurde in europäischen und nordamerikanischen Küstengewässern der Schwefelanteil auf 0,1 Prozent begrenzt. Auch das ist immer noch 100-mal mehr als in Autos.
Nicht nur Frachter, auch Kreuzfahrtschiffe fahren mit dem dreckigsten aller Treibstoffe, der als Abfallprodukt in Raffinerien entsteht und wesentlich billiger als der umweltfreundlichere Marinediesel ist. Eine Alternative ist auch Flüssigerdgas. Die AIDAnova ist das weltweit erste Kreuzfahrtschiff, das darauf umstellte und erst vor kurzem in See stach. Schwefeloxide und Rußpartikel fallen gar nicht mehr an – Stick- und Kohlendioxide weniger.
Internationales Ringen um saubere Luft
Dass Reeder darauf bisher kaum umstellten, liegt an der schlechten Verfügbarkeit von Flüssigerdgas und den etwa 30 Prozent höheren Investitionskosten bei einem Neubau. Die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) setzt nun aber strengere Grenzwerte um, ab 2020 soll der erlaubte Schwefelanteil auf hoher See von 3,5 auf 0,5 Prozent sinken.
Beim Anlaufen in den Hafen müssen Schiffe bereits auf Marinediesel umschalten oder Abgasreinigungssysteme, sogenannte Scrubber einsetzen, bei denen Ruß und Stickstoffe gebunden werden. Ob sich die Reeder an die Auflagen halten, wird in einigen Häfen von der Wasserschutzpolizei und der Hafenstaatkontrolle überwacht. Eine arbeitsintensive Aufgabe, die die Anzahl der kontrollierten Schiffe begrenzt.
Im Kampf gegen Umweltsünder tüftelte das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) seit 2012 zusammen mit dem Institut für Umweltphysik der Universität Bremen an einem Abgas-Blitzer für Schiffe. Es ist die weltweit erste automatisiert arbeitende Messstation – ein hochsensibles Gerät, das die Abgasfahnen der vorbeifahrenden Schiffe mit einer Zeitauflösung von unter einer Minute misst. Der Mess- und Analysealgorithmus arbeitet rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr vollständig automatisch.
Dabei wird aus Schwefeldioxid (SO2), Kohlendioxid (CO2) und Stickstoffmonoxid (NO) der Kraftstoffschwefelgehalt abgeschätzt. Werden höhere Werte als erlaubt gemessen, wird das Schiff anhand der an der Messstation gemessenen Windrichtung und Geschwindigkeit, sowie der vom Schiff alle 30 Sekunden gesendeten Identität und Position, dem sogenannten AIS Signal (Automatisches Identifikationssystem) identifiziert. Dann beginnt die Verfolgungsjagd. Per Funk geht eine Nachricht an die Wasserschutzpolizei raus. Sie stellt den Umweltsünder und nimmt als Beweis eine Probe aus dem Tank.
Erste Pilotstationen wurden in Hamburg, Kiel und Göteborg in Schweden aufgestellt. Die erste ausschließlich von der BSH betriebene Messstation wurde jetzt in Bremerhaven auf dem Gelände von bremenports aufgestellt. Weitere sind an der Warnow sowie auf Behördenschiffen geplant, die die Umweltsünder auch auf See identifizieren. Die Reichweite der Schiffs-Blitzer ist allerdings gering. Nur Schiffe in einer Entfernung von einem Kilometer können kontrolliert werden. Weitere Entfernungen „verdünnen“ die Abgasfahne zu stark, wenn sie mit der Luftströmung zu der am Ufer aufgebauten Messstation gelangt ist.
Schiffe halten sich an Auflagen
Mehr als 15.000 Abgasfahnen hat das BSH bisher analysiert. Die Ergebnisse sind beruhigend: Rund 99 Prozent der von der Station erfassten Schiffe würden den seit 2015 festgelegten Grenzwert einhalten, erklärt Monika Breuch-Moritz, Präsidentin des BSH und maritime Botschafterin der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation IMO für Deutschland.
Die Emissionen von Schwefeloxiden aus Schiffsabgasen nahmen mit der Reduzierung der Grenzwerte um 50 bis 70 Prozent ab. Die Sache hat nur einen Haken: Gemessen wird nur in den Hafeneinfahrten. Flugzeuge zur Überwachung auf See gibt es anders als in Schweden in Dänemark in Deutschland nicht. Die Messsysteme seien ähnlich wie das des BSH, erklärt Meteorologe Andreas Weigelt, der die Systeme aber noch vergleichen möchte.
Internationale Zusammenarbeit ist bei der Schiffskontrolle unumgänglich. Das Projekt soll daher jetzt ausgebaut werden. Um bei der Verfolgung von Umweltsündern schlagkräftiger zu werden, will das BSH mit europäischen Staaten wie Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Finnland ein europäisches Messnetz initiieren.