600 öffentlich zugängliche Ladepunkte sollen die niedersächsische Landeshauptstadt zur Nummer 1 in Sachen E-Infrastruktur machen. Dadurch hätte Hannover deutschlandweit die größten Ladesäulendichte pro Einwohner. Mehr als zehn Millionen Euro lässt sich der städtische Energieversorger enercity das Projekt kosten. Und diese Investition ist auch notwendig. Denn bis 2020 erwartet enercity für den Großraum Hannover über 5.400 Elektroautos.

Andere Städte sind längst noch nicht so weit. Stuttgart liegt an der Spitze: Hier teilen sich im Schnitt 2.694 Einwohner eine Ladesäule. Nichts, worauf die sechstgrößte Stadt Deutschlands wirklich stolz sein könnte. Amsterdam hat für 650 Einwohner eine Ladesäule – Oslo sogar für 488. Aber immerhin liegt die süddeutsche Großstadt fast Lichtjahre vor den anderen Kommunen. Auf Platz zwei folgt Osnabrück mit 7.113 Einwohnern pro Ladesäule, Mülheim (Ruhr) liegt auf Platz drei mit 7.935 Einwohnern pro Ladesäule.

Schlusslicht ist nach einer Analyse vom CAR-Center Automotive Research die Stadt Solingen mit 52.909 Ladesäulen pro Einwohner. Für CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer ist die Ladeinfrastruktur in Deutschland deshalb: miserabel. Werde sie in den Städten in der Nähe der Wohnungen der Menschen und an den Arbeitsplätzen nicht ausgebaut, werde das mit dem abgasfreien Verkehr nichts werden.

Auch die städtischen Mitarbeiter fahren elektrisch

Bei Stefan Schostok trifft der Autoexperte auf offene Ohren. Hannovers Oberbürgermeister will die Stadt auf Elektromobilität ausrichten. 400 rein elektrisch angetriebene Autos fahren zurzeit in der Landeshauptstadt – hinzu kommen 140 Plug-in-Hybride. Einer von ihnen gehört Schostok. 50 Kilometer elektrisch zu fahren, ist für ihn optimal. In der Stadt sind alle Ziele erreichbar. Bei Terminen außerhalb der Stadtgrenze schaltet er auf einen herkömmlichen Antrieb um.

43 elektrische Autos sind derzeit im städtischen Fuhrpark. bald sollen es mehr werden. „Die E-Autos sind bei den Mitarbeitern beliebt. Es ist ein anderes fahren – alle mögen das“, erzählt Schostok. „Es ist sehr leise, sehr dynamisch.“

53 Ladestationen gibt es zurzeit in Hannover. 220 weitere will die Stadt bis 2020 selbst errichten. Dazu kommen noch die Ladesäulen von enercity. Dann könnte der Schlüssel auf 1000 Einwohner pro Ladesäulen sinken. Noch nicht ganz Amsterdam, aber man habe ja auch „eine andere Geschichte und hat sich anders entwickelt“, so der Bürgermeister.

Smartes Logistikkonzept

Hannover setzt vielmehr auf ein Entwicklungskonzept für Elektromobilität, um Luftverschmutzung zu mindern und Lärm zu reduzieren. Auch Stickoxide sind in der norddeutschen Stadt ein Problem: „Da sind wir mittelschwer betroffen“, so der Oberbürgermeister.

Bis zum Jahr 2050 soll die Region klimaneutral werden. Die Elektrifizierung der Antriebe wird dabei eine wesentliche Rolle spielen. Das gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch im Lieferverkehr. Zusammen mit Eckhard Scholz, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen Nutzfahrzeuge hat Schostok das bundesweit bisher einmalige Modellprojekt „Urbane Logistik“ ins Leben gerufen, um völlig neue Konzepte für den Wirtschafts- und Logistikverkehr zu entwickeln.

„In ganz Deutschland gibt es kein städtisches Logistikkonzept“, erklärt der Oberbürgermeister. In Hannover will er das ändern. Mit einer intelligenten Vernetzung und smarten Mobilitätslösungen werden Liefer- und Logistikverkehr effizienter und ressourcenschonender gestaltet. Digitale Kommunikations- und Steuerungstechniken organisieren Transporte organisieren und vermeiden unkoordiniert entstehende Leerfahrten.

Dafür wird in dem vom Bund geförderte Projekt bis 2020 ein auf andere Städte übertragbares Konzept in einer Web-Applikation entwickelt. „Wir wollen Modellregion für den Lieferverkehr der Zukunft werden“, sagt Schostok. Für ihn geht es um saubere, leise, effektive und damit zukunftssichere Logistikkonzepte.

Zum Einsatz soll auch der neue VW e-Crafter kommen. Der elektrische Van hat eine Reichweite von rund 160 Kilometern und kann Lieferfahrten übernehmen. Den Anfang in Hannover machen aber erstmal bis zu 26 StreetScooter-Elektrofahrzeuge der DHL, die schon jetzt im Stadtzentrum eingesetzt werden. Energieversorger enercity baut und betreibt 105 Ladestationen für die DHL-Flotte und setzt auch eigene StreetScooter ein. Jährlich werden damit rund 90 Tonnen CO2 eingespart.

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