„Google hat den Advertisement Index geschaffen, Facebook den Social Index“, sagt Stefan Hansen. Der Senior Vice President und Europachef des Kartendienstes Here meint das durchaus anerkennend. Was Werbung heute wert ist, lässt sich in Einheiten messen, die Google vielleicht nicht festlegt, aber ganz sicher mitgeprägt hat. Digitale soziale Interaktionen hat niemand so gut vermessen wie Facebook.

Here will den Reality Index schaffen. Künftig wird es eine Masse an Daten geben – und die Möglichkeit, diese zu sortieren und auszuwerten. Mit großen Speichern, leistungsfähigen Rechnern und Algorithmen, die komplexe Modelle erschaffen können, lässt sich die Realität gleichzeitig auch als virtuelles Modell darzustellen.

Noch vereinfachter gesagt: Here will Aberbillionen Daten sammeln und aus diesen eine Echtzeit-Welt nachbauen. Here war einst der Kartenanbieter von Nokia, gehört mittlerweile aber einem Konsortium aus der Autobranche. Audi, BMW und Daimler hatten zusammengelegt und im Sommer 2015 den Dienst von Nokia erworben. Später stiegen Ford, Continental und Bosch ein. Naheliegend: Der Verkehr der Zukunft, in unübersichtlichen Megacities und geprägt durch vollkommen autonom fahrende Fahrzeuge und abgelenkte Fußgänger braucht eine digitale Steuerung und hochpräzise Informationen über Straßenverläufe und Verkehrsaufkommen.

Weil das unheimlich kompliziert klingt, hat Here ein schönes Video dazu produziert:

Weil wir aber immer noch viele Fragen hatten, haben wir Hansen kurzerhand zum Gespräch getroffen:

Edison: Herr Hansen, wie viele Daten sammeln Sie derzeit?
Hansen: Wir haben Fahrzeuge, die derzeit pro Sekunde 700.000 dreidimensionale Datenpunkte erfassen. Zusätzlich erhalten wir Daten aus 80.000 weiteren Quellen.

Ihr Ziel ist es, eine Plattform für autonomes Fahren aufzubauen. Wie muss man sich das vorstellen?
Es geht uns nicht nur um das autonome Fahren: Wir wollen eine offene Grundlage für autonome Mobilität, für eine autonome Welt schaffen. Und deutlich transparenter sein als andere Unternehmen.

Dazu sammeln Sie viele, viele Daten aus der Realität, per Sensoren, Drohnen oder Verkehrskameras. Was passiert mit denen?
Da gibt es viele Möglichkeiten. Entwickler können daraus bauen, was sie möchten. Sie werden Zugang haben nicht nur zu den Ortsdaten. Unser Reality Index soll auch Muster in diesen Daten erkennen können. Damit können zum Beispiel Apps entstehen, die für uns organisieren, wie wir Zeit und Raum nutzen.

Here gehört einer Reihe von Autoherstellern und Zulieferern gemeinsam. Diese arbeiten wiederum mit Tochterunternehmen auf einer Plattform, die Here liefert. Ist das nicht ein wenig viel Kooperation? Wo bleibt der Wettbewerb?
Das ist kein Thema, denn Plattformen braucht es ja nicht mehrere. Geschäftsmodelle auf dieser Plattform, die braucht es schon. Daimler, Audi und BMW werden sich jetzt nicht zusammenschließen, sondern weiterhin Wettbewerber sein. Aber mehr Daten bringen das autonome Fahren schneller voran. Intel ist übrigens auch einer unserer Shareholder.

Wann rechnen Sie damit, dass sich Autos komplett autonom in Ihrer Realität bewegen können?
Vermutlich wird das Auto ohne Lenkrad erst 2035 kommen. Bis dahin wird es aber regelmäßig deutliche Verbesserungen beim autonomen Fahren geben. Die Entwicklung ist ja schon längst gestartet.

Neben der Autobranche: Was kann Ihre Plattform noch leisten?
Ich würde gerne dabei helfen, die Massen an Müll und den großen Wasserverbrauch dadurch zu reduzieren, dass wir Lieferketten in intelligenteren Wegen steuern. Ich glaube, dass wir das können – und es würde die Welt deutlich verbessern.

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