Mazda war ja bislang für diverse Highlights bekannt, aber nicht unbedingt für Ambitionen in Richtung Elektromobilität. Dabei war die fernöstliche Marke doch schon immer etwas Besonderes. Speziell in den vergangenen Jahren. Stilführer beim Design und voller verrückter technischer Ideen, die die Japaner im Gegensatz zum Rest der Autowelt auch meist tapfer verwirklichten. Leitsatz: Probieren, was geht.

Zum Beispiel mit dem Wankelmotor. Der Cosmo Sport 110 S war 1967 weltweit das erste Serienmodell mit Zweischeiben-Kreiskolben-Motor, und bisher hat Mazda über zwei Millionen Fahrzeuge mit dem extrem kompakten, seidenweich laufenden Triebwerk verkauft. Kultstatus haben auch etliche andere Modelle des Hauses. Klar, natürlich der Roadster MX-5, der seit Jahren hochhält was früher eine britische Tugend war (Triumph Spitfire, MG MGB und so). Klein, leicht, easy, offen und erschwinglich. Oder Anfang der 90er der kuschlige Rundling 121, der als smarter Kleinwagen mit seiner sehr, sehr runden Karosserie (Spitzname „Käseglocke“) sämtliche Ecken und Kanten vergraulte.

Spannend ist da auch das aktuelle, ziemlich irre Skyactiv-X-Triebwerk für den Mazda3. Quasi ein Diesel-Benziner (mit Mildhybrid), der die Kompressionszündung eines Dieselmotors ohne Zündkerze (Selbstzünder) mit der Entflammung des Benzingemischs durch eine Zündkerze kombiniert. Gab es so bisher nicht, läuft super und soll locker 20 Prozent Kraftstoff sparen.

Dazu diese verschärfte Designlinie des Hauses, die seit 2014 unter dem Namen Kodo firmiert. Übersetzung? „Kodo ist der Ausdruck des Gefühls der Bewegung“, erklären uns die Japaner und meinen damit zum Beispiel das elegante Sprungbild von Großwildkatzen. Da muss man erst mal drauf kommen, obwohl die Sache aus dem Munde des Mazda-Chefdesigners Ikuo Maeda logisch klingt: „Wir finden unsere Inspiration an Orten, an denen sonst niemand sucht, zum Beispiel in der Natur mit all ihrer Energie“. Deshalb schwungvolle Linien mit einem Wechsel von Licht, Schatten und Reflexionen. Quicklebendig.

Also alles schick und fein? Im Prinzip ja, aber ohne elektrische Angebote geht’s nicht mehr auf vielen großen Märkten dieser Welt. Das haben sie nun auch in der Konzernzentrale in Hiroshima erkannt und sehr zügig einen großen Hebel in Richtung Elektromobilität umgelegt. Für Konzernchef Akira Marumoto beinahe eine Selbstverständlichkeit. „Wir haben schon immer besondere, hervorragende technische Entwicklungen offeriert“, erklärt er jetzt in Tokyo selbstbewusst.

Slider image

Hereinspaziert

Beim neuen Stromer MX-30 von Mazda öffnen Vorder- und Hintertüren gegenläufig. Das soll den Einstieg nach hinten erleichtern. Gibt es ebenfalls beim elektrischen BMW i3, davor aber auch schon beim Sportwagen RX-8 der Japaner. © Copyright Mazda

Slider image

Keine Säule stört

Weil die Mittelsäule fehlt, wirkt der MX-30 innen relativ luftig. © Copyright Mazda

Slider image

Gediegen und frei von Überraschungen

Das Cockpit des Mazda MX-30. Im Innenraum verwenden die Designer Öko-Materialien und haben einen großen, fast neun Zoll großen Bildschirm vorgesehen. © Copyright Mazda

Ein Türkonzept wie beim BMW i3

Und schon sagt uns auf der Tokyo Motor Show der erste Vollstromer der Marke freundlich „Konnichiwa“ (Guten Tag). Ein komplett neues Fahrzeug, eine hundertprozentige Eigenentwicklung. Und Sie ahnen es, ein SUV. Aber eben ein typischer Mazda: betont unkonventionell. Kodo-Design, also keine aufdringliche Ich-fress-dich-Visage, sondern optische Freundlichkeit. Kein extremer Hochbeiner, sondern eine coupehafte Silhouette. Gegenläufig öffnende Flügeltüren (ja, wie beim BMW i3). Kompakte 4,40 Meter lang, 1,57 Meter hoch. Dazu eine schicke Zweifarbigkeit, ein spannendes Leuchtendesign und ein wohnliches Interieur mit Öko-Materialien und großem Screen im angesagten Tablet-Stil (8,8-Zoll-Touchscreen). „Dieses Auto empfängt die Kunden wie ein stylisches Wohnzimmer“, strahlt Produktmanagerin Tomiko Takeuchi. „Es wird ein strahlendes Lächeln in ihr Gesicht zaubern.“

Bequeme Sitze hat der überraschend geräumige Stromer auch, wir haben es schon getestet. Und selbstverständlich sind alle gängigen Fahrerassistenzsysteme an Bord. Die alles entscheidende Batterie, die sich in diesem Fünfsitzer übrigens als tragender Rahmenbestandteil komplett im Unterboden flach macht, hat eine Kapazität von 35,5 Kilowattstunden. Sie soll laut Mazda nach europäischer WLTP-Norm für „gut 200 Kilometer“ Reichweite sorgen. Nix für die ganz großen Tempo-Touren, aber ausreichend für die City und ihre Umgebung. Für die tägliche Pendelei ins Büro oder so. Grundsätzlicher Hintergrund für diese Beschränkung: Monsterakkus, wie sie einige andere Autohersteller offerieren, hält man bei Mazda für ökologisch unsinnig. Nachvollziehbar.

Für den MX-30 verspricht Mazda jedenfalls ein sportliches Fahrverhalten, zumal der 105 Kilowatt (kW) starke E-Motor sein Drehmoment wie bei allen Stromern direkt aus dem Stand parat hat und hier auch ein Torque-Vectoring-System für die Steuerung der Fahrstabilität in Aktion ist. Schnellladen mit Gleichstrom? Möglich, mit 50 kW. Ansonsten per Wechselstrom und 6,6 kW. Möglicherweise lässt sich die Batterie später gegen ein gleich großes Exemplar mit höherer Kapazität austauschen, aber dazu ist partout noch nichts bekannt. Und welchen Bezug das Namenskürzel MX-30 hat? Ganz einfach, es soll sofort eine gedankliche Verbindung zu bisherigen Mazda-Highlights schaffen. Richtig, zum Beispiel zum MX-5.

In diesem Jahr ist fast nix passiert, aber 2020 kommt die große Welle. Da werden sich neue Elektroautos geradezu explosionsartig vermehren. Ehrlich, versprochen. Der Countdown läuft schon, und wir haben für Sie die detaillierte Vorschau über die Modellneuheiten in drei Teilen. Elektroauto

Zwei Varianten des E-SUVs sind geplant

Das Ganze passt auch in unsere mobile Landschaft, denn auch die deutschen Mazda-Kunden haben in letzter Zeit immer öfter nach ökologisch vorbildlichen, also elektrisch angetriebenen Modellen gefragt, erklärt uns Deutschland-Geschäftsführer Bernhard Kaplan. Der ziemlich dynamische Mittvierziger freut sich über die große Resonanz des neuen Autos. „Wir haben auf unserer Website lediglich mit drei Sätzen verkündet, dass wir einen vollelektrischen Mazda anbieten werden — und hatten nach drei Wochen schon über 7000 angemeldete Interessenten.“

Das erste E-Modell kommt sogar in zwei Ausführungen auf den Markt. Nummer eins startet bei uns im Herbst nächsten Jahres und wird ausschließlich, wie gerade beschrieben, elektrisch nur per Batterie angetrieben. Den Anfang macht hier (der VW-Stromer ID.3 lässt grüßen) eine gut ausgestattete „First Edition“ für 33.990 Euro, die man sich ab sofort über eine Gebühr von 1000 Euro reservieren lassen kann, die dann natürlich beim späteren Abschluss eines Kaufvertrages verrechnet wird.

Was die hierzulande möglichen Absatzzahlen betrifft, ist Kaplan optimistisch. „Im Idealfall verkaufen wir in 2020 noch bis zu 2500 Exemplare vom MX-30“, überschlägt er mal schnell. „Wenn jeder unserer Händler da zwei Autos verkaufen könnte, würde das schon bequem reichen“. Lautes Lachen. Das habe er jetzt aber nicht so ernst gemeint, schiebt er dann sicherheitshalber nach. Klingt aber nach einem schönen Plan. Zudem würden dann alle Händler vor Ort selbstverständlich auch Lademöglichkeiten anbieten.

Überhaupt: Ein Jahr später, wenns gut läuft noch 2021, will Mazda ja noch einen draufsetzen. Nummer zwei. Dann soll es den elektrischen MX-30 nämlich zusätzlich mit einem kleinen, leichten und leisen Mazda-Kreiskolben-Motor geben, der als Reichweiten-Verlängerer (Range Extender, wie beim BMW i3) dient. Läuft immer im idealen Drehzahlbereich und lädt die Fahrzeugbatterie unterwegs bei Bedarf wieder auf. Ein sicheres Mittelchen gegen die grassierende Reichweitenangst vieler Kunden, die öfter auf längeren Strecken unterwegs sind. Da feiert der Wankelmotor also als kleiner Diener der Elektromobilität demnächst ein hübsches Comeback.

Mutiger als Audi

Und in diesem Zusammenhang fällt uns auch sofort ein, dass Audi 2012 mit dem City-Flitzer A1 e-tron schon mal exakt das Gleiche probiert hat, man war damals sogar in intensiven Kooperations-Gesprächen mit Mazda. Dieser fast produktionsreife Prototyp der Ingolstädter mit der Wankelmotor-Reserve fuhr sich sensationell leise und auffallend sportlich. Am Ende aber gab es kein Okay fürs Projekt von der Konzernmutter Volkswagen. Die Japaner haben sich davon offensichtlich nicht beirren lassen.

Und mal ganz nebenbei: Mazda ist in Deutschland gut im Geschäft. Die japanische Importmarke hält bei uns einen Marktanteil von rund zwei Prozent bei den Neuzulassungen. Verkaufsrenner, man vermutet es, sind aktuell natürlich noch SUV-Modelle mit Benzin- und Dieselmotoren, die in diesem Fall CX-3 und CX-5 heißen.

Aber dieser MX-30 ist ja immerhin ein spannender Anfang, zumal mittelfristig weitere E-Modelle anrücken sollen. Und die werden dann auch von Mazdas Elektro-Kooperation mit dem japanischen Branchenriesen Toyota profitieren — zukünftige E-Modelle werden gemeinsam entwickelt. Das große Ziel: Bis 2030 will Mazda seinen globalen Kohlendioxid-Ausstoß (verglichen mit 2010) um 50 Prozent reduzieren. Bis 2050 sogar um 90 Prozent. Klare Ansage.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert