Die weltweiten CO2-Emissionen kommen nicht nur aus der Stromproduktion oder dem Verkehr – eine Menge CO2 entweicht auch immer wieder aus ausgetrockneten Torfböden, die ein effektiver CO2-Speicher sind, wenn sie nicht brennen. Einmal entzündet, sind sie nur mit großem Aufwand zu löschen – wenn überhaupt. So passierte es auch zuletzt in Meppen.
Der Hintergrund: Während der Rekorddürre testete die Bundeswehr Raketen, die prompt das Moor entzündeten. Das Löschfahrzeug funktionierte nicht, Brandnester schwelen nun schon seit Wochen und die CO2-Emissionen sind immens. Aber anscheinend nicht nur die.
Spezialisten der Bundeswehr untersuchen nach dem Moorbrand derzeit Boden, Luft und Wasser nach Spuren von radioaktiver Strahlung und Quecksilber. „Die Strahlenmessstelle Süd ist mit dem Auftrag vor Ort, zu überprüfen, ob Einsatzkräfte einer Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen sein könnten“, sagte ein Sprecher der Bundeswehr der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).
Auf dem Waffentestgelände könnten dem Zeitungsbericht zufolge in der Vergangenheit quecksilberhaltige Sprengkörper beispielsweise der Nationalen Volksarmee der DDR sowie uranhaltige Nato-Munition getestet worden sein. Die Giftstoffe könnten durch den Moorbrand freigesetzt worden sein.
Quecksilber, CO2, Feinstaub
Zu einer eventuellen Freisetzung von Schwermetallen wie Quecksilber gebe es derzeit Abstimmungen mit Geologen. „Dies wird derzeit ebenfalls untersucht“, sagte der Bundeswehrsprecher der Zeitung.
Das Feuer war am 3. September nach einem Waffentest ausgebrochen. Messungen im Umfeld des Brandes hätten kein Überschreiten von Grenzwerten gezeigt, die auf eine akute Gesundheitsgefahr hindeuten, hieß es in der vergangenen Woche von einem Mitarbeiter des niedersächsischen Innenministeriums.
Nur ist nicht ganz klar, welche Messungen es überhaupt gab. Recherchen der NOZ sollen belegen, dass zumindest die Messungen zu den Folgen der Rauchentwicklung nie stattgefunden haben. Erst 17 Tage nach Ausbruch des Brandes sollen die Schadstoff-Messungen erst überhaupt begonnen haben.
Anorganische Gase, flüchtige Kohlenwasserstoffe, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie Staub, Schwermetalle und sprengstofftypischen Verbindungen – all das wurde erst nach dem Abklingen der Rauchentwicklung gemessen. Lungenärzte werteten die Aussagen des Landkreises laut NOZ seinerzeit bereits umgehend als „Schutzbehauptung“. Rauchwolken wie die nach dem Großbrand infolge des Munitionstests auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle könnten gar nichts anderes als gesundheitsgefährdend sein.
Glutnester und Rauchentwicklung
Selbst in Bremen waren nach Brandbeginn mehrere hundert Notrufe wegen Brandgeruchs eingegangen. Auch zu Sichtbehinderungen sei es im Stadtgebiet gekommen. Die Hansestadt ist mehr als 100 Kilometer vom Brandort entfernt.
Noch heute gibt es unterirdische Glutnester. Die oberirdischen Feuer seien durch die Löscharbeiten und den Regen nach etwa zwei bis drei Wochen erloschen. Mit einer Wärmebildkamera soll sichergestellt werden, dass die Feuer nicht wieder auflodern.
Der Landkreis hatte den Katastrophenfall ausgerufen. Die Bekämpfung eines Moorbrandes ist besonders schwierig, weil der Brand sich nicht von oben nach unten ausdehnt, sondern auch unter der Oberfläche wütet. Experten warnten zudem schon damals vor der hohen Feinstaubbelastung. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück leitete ein Ermittlungsverfahren ein.
Bundeswehr torpediert Klimaziele
Das Umweltministerium von Niedersachsen geht laut NDR von mindestens 300.000 Tonnen emittiertem CO2 aus. Experten schätzen laut DPA, dass durch den Moorbrand in den ersten Wochen rund 500.000 Tonnen CO2 freigesetzt wurden. Klingt erstmal nach nicht viel: Die deutschen Jahresemissionen (nur CO2) beliefen sich vergangenes Jahr nach Schätzungen des Umweltbundesamtes auf rund 800 Millionen Tonnen.
Aber der Vergleich zeigt: 500.000 Tonnen ist mehr als der monatliche Autoverkehr der Bewohner von NRW. Und um die Klimaziele für 2020 zu erreichen, müssen die deutschen Emissionen um 50 bis 150 Millionen Tonnen sinken. Mit brennenden Mooren wird das deutlich schwieriger.
Zudem zeigt sich das Ministerium besorgt über den Einfluss auf die Pflanzen- und vor allem Tierwelt. Moore sind Lebensräume für zahlreiche Arten. Ob hier beispielsweise Nistvögel kommendes Jahr noch brüten würden, sei offen. Mehr als 20.000 Liter Löschwasser wurden pro Minute ins Moor gepumpt. „Gerade bei einer extremen Trockenheit wie in diesem Sommer kann so etwas schon mal passieren“, sagte ein Bundeswehr-Sprecher dem NDR.
Ausgefallene Löschraupe
Eigentlich hätte die Bundeswehr-Feuerwehr mit einer Löschraupe das Feuer nach dem Test gleich löschen sollen, doch die Löschraupe fiel aus und ein weiteres solches Fahrzeug war gerade in der Werkstatt. So konnte sich der Schwelbrand ausbreiten, bis ein Löschhubschrauber einsatzbereit war.
Nach Angaben des Sprechers ist es nicht der erste mehrwöchige Brand auf dem Testgelände. 2010 habe ein Feuer rund sechs Wochen gewütet, ehe es gelöscht werden konnte.
Politiker von Bündnis 90/Die Grünen fordern von der Bundesregierung Auskunft über die Schießübungen, die zu dem Brand geführt haben. „Vor dem Hintergrund der monatelangen Trockenheit und Hitze halte ich die Schießübungen der Bundeswehr bei Meppen für äußerst fahrlässig“, sagte die Bundestagsabgeordnete Filiz Polat der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Insbesondere auch vor dem Hintergrund der mangelnden Brandschutzsicherheit am Ort erwarte ich hier Aufklärung von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen und vorerst ein Ende der Schießübungen.“ Sollten radioaktive Rückstände gefunden werden, dürfte der Druck auf Bundeswehr und Ministerin weiter wachsen.