Diese Saison lief es in der Formel E für das Team Mahindra bisher recht ordentlich. Vor dem Grand Prix am Wochenende in Rom lag der Rennstall auf Platz 2 der Gesamtwertung. Der Schwede Felix Rosenqvist hatte sich in der Fahrerwertung denselben Rang erkämpft. Sein Kollege, der Deutsche Nick Heidfeld, hatte es immerhin auf Platz 10 geschafft. Das Rennen in der italienischen Hauptstadt sollte das Team daher einen entscheidenden Schritt weiter in Richtung Weltmeisterschaft bringen – nichts weniger hat Rennstall-Besitzer Anand Mahindra als Ziel vorgegeben.

Der indische Tycoon, Kopf des weitverzweigten Mahindra-Konzern, nutzte die Publicity rund um das Spektakel in Rom geschickt, um einen wichtigen strategischen Schritt zu verkünden: den Vorstoß ins Segment der Luxus-Autos. Unter der Marke Pininfarina soll bereits 2020 eine exklusive Kleinserie von Supersportwagen entstehen, die es mit einem Bugatti Chiron, einem Ferrari LaFerrari oder einem McLaren Senna aufnehmen kann.

In weniger als zwei Sekunden soll es der Renner – Codename PF0 – von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde schaffen, 300 km/h sollen nach zwölf Sekunden erreicht sein. Das Spitzentempo soll jenseits der 400 km/h liegen. Doch in dem Wagen wird kein 8-, 12- oder 16-Zylinder dröhnen – sondern ein Elektromotor surren.

Bisher ist das Mahindra-Konglomerat neben seinen Aktivitäten als IT- und Finanzdienstleister, vor allem als weltgrößter Hersteller von Traktoren bekannt, der in der Sparte Mahindra & Mahindra aber auch Geländewagen und Elektroautos vor allem für den indischen Markt produziert. Aus Anand Mahindras Sicht spaltet sich der Automarkt künftig in drei Bereiche auf. Und in allen will er präsent sein.

Mobilität als notwendiges Übel – und als Vergnügen

Im ersten Marktsegment geht es darum, etwa als Pendler möglichst günstig von A nach B zu kommen. Große Flottenbetriebe werden diese Form der Mobilität immer häufiger als Dienstleistung anbieten. Die Marke der genutzten Fahrzeuge sei dabei nicht wichtig, so der Konzernchef. Und weil E-Autos niedrigere Betriebskosten als Verbrenner hätten, würden die Flottenbetreiber bald vor allem auf diese Fahrzeuge setzen. „In diesem Segment sind wir schon in Indien mit unseren Elektroautos aktiv“, sagt Mahindra.

Im zweiten Bereich, so der indische Milliardär, gehe es um Mobilität als Freizeitvergnügen, wenn etwa die Menschen am Wochenende mit ihren SUVs auf Land führen. Auch für diesen Markt bietet Mahindra bereits heute Geländewagen in Indien, aber auch den USA an.

Im dritten Segment sind „Autos Objekte der Leidenschaft und werden wegen ihrer Leistung und ihrer Schönheit begehrt“, erklärt Mahindra. Solche Fahrzeuge könne sein Unternehmen nicht unter der eigenen Marke anbieten. Daher hätten sie das neue Tochterunternehmen Automobili Pininfarina gegründet. Diese Firma ist rechtlich unabhängig von der traditionsreichen, 1930 gegründeten Pininfarina S.p.A. mit Sitz in Turin. Deren Mehrheit hatte Mahindra bereits 2015 von der Familie Pininfarina erworben, nachdem das Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Pininfarina wird den neuen Supersportwagen gestalten und auch die Kleinserie bauen.

Anand Mahindra hofft so, vom enormen Renommee Pininfarinas profitieren zu können. Dessen Designer haben Klassiker der Automobilgeschichte wie den Sportwagen Cisitalia 202 GT aus dem Jahr 1946 entworfen, der es sogar in die Dauerausstellung des Museum of Modern Art in New York geschafft hat. Wohl damit Pininfarina S.p.A weiterhin für andere Autohersteller arbeiten kann, hat Mahindra Automobili Pininfarina als eigenständige Einheit gegründet. Deren Chef ist der Deutsche Michael Perschke, der lange für Audi in Indien tätig war. Die Zentrale der neuen Firma befindet sich wohl auch deshalb in München.

Perschkes Team besteht derzeit aus zwölf Mitarbeitern, aber er stellt weiter eifrig ein. Unter anderem hat er Luca Borgogno von Pininfarina S.p.A. als Designdirektor zu Automobili Pininfarina geholt. Perschke bleibt nicht viel Zeit bis zum geplanten Serienstart des Supersportwagens in 2020. Der soll neben der enormen Beschleunigung immerhin noch eine Reichweite von 500 Kilometern haben. Um ihn zum begehrten Sammlerobjekt zu machen, bleibt die Stückzahl auf 90 bis 100 Fahrzeuge begrenzt – zum Preis „von unter zwei Millionen Euro“, wie es der Automobili-CEO ausdrückt.

Tesla arbeitet auch an einem Sportwagen

Besondere Herausforderung: Bereits die erste Modellreihe soll kostendeckend sein. So etwas sei nur mit einem Elektroauto möglich, ist aus dem Unternehmen zu hören, weil die Entwicklungskosten im Bereich von 100 bis 150 Millionen Euro liegen würden. Einen vergleichbaren Verbrenner zu bauen, würde ein Vielfaches kosten.

An einem zweiten, weiteren Modell arbeitet Perschke bereits, von dem er deutlich mehr als 100 Exemplare verkaufen will. Nach offiziell noch nicht bestätigten Medienberichten soll es sich um ein SUV handeln, das ähnlich leistungsstark – und teuer – wie ein Lamborghini Urus sein soll, der immerhin ein Spitzentempo von 305 km/h erreicht. Damit bliebe auch dieses Fahrzeug von Automobili Pininfarina im Top-Premiumsegment. „Eine Mittelklasse-Limousine wie das Model 3 von Tesla wird es von uns nicht geben“, versichert Perschke.

Erster Prototyp im August

Um die rigiden Zeit- und Kostenvorgaben einzuhalten, muss er eng mit externen Partnern zusammenarbeiten, von dem ein Presseberichten zufolge das Unternehmen Rimac aus der Nähe von Zagreb sein soll. Die Kroaten unter der Führung von Mate Rimac haben mit dem C_Two ebenfalls einen Supersportler entwickelt, der ganz ähnliche Leistungsdaten wie das geplante Pininfarina-Modell aufweist.

Das zeigt aber auch: eine enorme Beschleunigung und Spitzengeschwindigkeiten jenseits der 400 km/h sind kein Alleinstellungsmerkmal. Auch Tesla-CEO Elon Musk will mit dem neuen Roadster ab 2020 vergleichbare Werte erreichen – zum Preis von 215.000 Euro. Was im Vergleich zu den annähernd zwei Millionen für das Pininfarina-Modell fast ein Schnäppchen ist. Und den Roadster präsentierte Musk bereits:

„Kaufgrund wird zu 50 Prozent das Design sein“, erwartet Perschke. Beim nächsten Pebble Beach Concours d’Elegance im August, dem Schönheitswettbewerb für Oldtimer in Kalifornien, will er einen ersten Prototyp zeigen. Der Name Pininfarina wird sicherlich viele Sammler und Autoenthusiasten anlocken. Und auch vom Know-How des Mahindra-Teams in der Formel E soll das neue Fahrzeug profitieren.

Die Voraussetzungen sind also durchaus da, dass der elektrische Supersportwagen von Pininfarina ein Erfolg wird. Aber eine Garantie sind sie nicht. Das musste auch Formel-E-Pilot Rosenqvist vom Team Mahindra beim Rennen in Rom erleben. Nach dem Qualifying hatte er sich die Pole Position erkämpft. Nach dem Startschuss hielt er sich 23 Runden lang unangefochten an der Spitze des Feldes – bis er in Kurve 21 den Bordstein berührte und seine Hinterradaufhängung brach. Damit war das Rennen für ihn beendet. Und der Meistertitel ein Stück weiter entrückt.

Aktualisierte Fassung vom 18.4.2018.

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