Die 4.800 Kilometer lange Strecke von Los Angeles bis ins kalte Michigan ist nicht nur spannend und erlebnisreich, sondern auch die ideale Teststrecke für einen der modernsten Plug-In-Hybriden, die es aktuell gibt: den Mini Cooper S E Countryman All4 – BMW-Hightech im Kleid des coolen Mini-SUV.
Während L.A. zumeist auch im Januar 20 Grad Celsius bietet, warten in Detroit Temperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt. Zwischen den beiden höchst unterschiedlichen US-Metropolen liegen auch zahllose Höhenmeter, jede Menge Schnee und zwölf US-Bundesstaaten. Denn um den Plug-In-Hybriden auf Herz und Nieren zu testen, geht es mit Zwischenstationen Salt Lake City, den Yellowstone National Park, Billings, Sioux City über Chicago in den Winter Michigans.
Wie schlägt sich der 1,5 Liter große Dreizylinder-Turbo mit Elektrounterstützung im Alltag und was kann der Allradantrieb in den winterlichen Rocky Mountains? Wir haben es getestet:
Der hybride Mini Countryman schluckt das üppige Gepäck für eine Woche problemlos. Die Sitze sind nicht nur bequem, sondern bieten guten Seitenhalt und die Aufenthaltsqualität könnte auf überschaubarem US-Verkehrsraum (4,30 Metern) größer kaum sein. Das Wetter ist lausig, der Abend kommt schnell und in der Dunkelheit punkten die LED-Scheinwerfer mit Nebelleuchten-Unterstützung.
Das sehr gute Navigationsgerät wählt im Minutentakt Ausweichrouten und der Mini zuckelt im Auto-e-Modus durch die Millionenagglomeration. Die ersten 70 Meilen schlucken fast drei Stunden und der Durst des Hybriden hält sich aus der Mischung zwischen Verbrenner und Elektromotor noch angenehm in Grenzen. Das Anfahren erfolgt elektrisch, die normale Fahrt geschieht mit dem Verbrenner und immer wieder schaltet die sich Elektromodul dazu.
Kleiner Tank, viele Stopps
Doch als es Richtung der an diesem Tag regnerischen Wüste geht, zeigt sich ein baulicher Nachteil der zwei Antriebsmodule: Der Tank des Mini Cooper S E Countryman All4 fasst gerade einmal 36 Liter. Auf der Interstate I-15 Richtung Vegas geht es erstmals zur Tankstelle. Die Gallone Benzin kostet hier gerade einmal 2,49 Dollar und der Tank ist schnell voll.
Die maximale Reichweite des Bordcomputers wirft die Stirn in Falten: 242 Meilen – gerade einmal 390 Kilometer. Mit Dauerregen geht es nach Las Vegas. Im Hotel bietet sich die erste Möglichkeit, den Hybriden an der Steckdose zu laden. Ansonsten geht das im Save-Modus auch während der Fahrt durch den Verbrenner. Am nächsten Morgen scheint die Sonne und die elektrische Reichweite des Mini Countryman PHEV zeigt überschaubare 12 Meilen als es Richtung Salt Lake City geht. Aus Regen wird auf Höhe des Fishlake Forest erstmals Schnee und der kleine Brite zieht auf weißem Untergrund Dank griffiger Winterschuhe sicher seine Bahn.
Geringe Reichweite
Die Reichweite des Mini Countryman PHEV ist alles andere als alltagstauglich. Selbst wenn für weniger als 25 Dollar vollgetankt wird; 210 Meilen – umgerechnet 350 Kilometer – sind mit einer Tankfüllung drin – auch weil einem das Akkupaket kaum zusätzliche Reichweite einschenkt. So lernt man ein paar mehr Tankstellen kennen, als es einem lieb ist und der Proviant wird schneller als erwartet aufgefüllt.
Als es nach dem Zwischenstopp in der Olympiastadt Salt Lake City über den Caribou National Forest am nächsten Tag weiter Richtung Yellowstone Nationalpark geht, sorgt der Zwischenstopp im schneereichen Jackson Hole für eine angenehme Überraschung. Nach dem Hotel in Las Vegas gab es entlang der Route bisher keinen Ladestationen und so holt sich der Countryman am Ortsplatz etwas Energie, um die Hinterachse wieder in Schwung zu bringen.
Das ist mehr denn je nötig, denn der Countryman präsentiert sich anders als erwartet und anders als es der Namenszug „All4“ vermuten lässt, nicht als echter Allradler. Ist der Akku leer, ist es das mit dem souveränen Vortrieb. Denn bei Werten von unter minus zehn bis zwölf Grad schaltet sich das Hybridsystem komplett ab. Allein mit Vorderradantrieb ist man zwischen den zahllosen Subarus, Pick Ups und Geländewagen auf verlorenem Posten.
Probleme mit Minusgraden
Ein Fahrzeug mit einer elektrischen Hinterachse als echten Allradler anzubieten, ist nicht nur wirres Marketinggeschwafel, sondern bei Fahrten auf Eis und Schnee wie hier in den Rocky Mountains ein schlechter Witz, den man auch in den Alpen nicht erleben möchte.
In den eigentlichen Nationalpark Yellowstone kommt man im Winter nicht herein. So geht es nach entsprechenden Tankstopps weiter Richtung Billings / Montana an der I-90, von wo aus der Durchstoß nach Osten erfolgen soll. In Billings ist es fast 20 Grad unter null und beim morgendlichen Start zeigt der Bordcomputer einmal mehr an, dass das Hybridsystem mit seinem 65-kW-Triebwerk an der Hinterachse erst einmal nicht arbeitsfähig ist.
Mittlerweile hat sich der Praxisverbrauch auf rund neun Litern eingependelt. Mini verspricht mit vollgeladenem Akku (7,6 kWh) sparsame 2,3 Liter auf 100 Kilometern. Realitäten könnten nicht weiter auseinanderliegen. Auch die versprochenen rund 40 Kilometer elektrischer Reichweite entstammen im amerikanischen Winter dem Reich der Träume. 12 bis 15 Meilen – umgerechnet 20 bis 25 Kilometer, mehr war nie drin und das bei den Fahrprofilen, die in den stark temporeglementierten USA deutlich geneigter als in Autobahn-Country Deutschland sind.
Zweisitzer mit guter Übersicht
Das insgesamt 165 kW / 224 PS starke Antriebspaket des fast 1,7 Tonnen schweren Mini Cooper S E Countryman All4 mit seinem schnatternden Dreizylinder und dem wenig engagierten Elektromotor ist die wohl schwächste Seite des Mini. Dabei kann der 4,30 Meter lange Brite allemal gefallen: Die wohl konturierten Sitze erfreuen auch auf Langstrecken, die im Winter so wichtige Sitzheizung (leider nur vorne) ist eine Klasse für sich und das Steuer (auch unbeheizt) ist so präzise, wie man es von einem Mini erwartet.
Dabei ist der Mini Countryman ideal für zwei Personen, denn wer wirklich in Urlaub fahren möchte, tut sich mit den Lademöglichkeiten im Kofferraum (405 Liter) und auf der Rückbank bei einer Drei-Personen-Besetzung schwerer als schwer. Exzellent schlägt sich das stets hellwache Navigationssystem und die zahlreichen Ablagen sind bei Langstreckentouren mehr als hilfreich. Nach wie vor kommt das Elektromodul des Countryman nicht dazu, seine Vorteile auszuspielen.
Bis zu 200 km/h
Dafür zeigt der größte aller Minis, dass er sich bei langen Autobahnpassagen durchaus in Szene setzen kann. Erlaubt sind in Bundestaaten wie Wyoming, South Dakota, Iowa oder Illinois nie mehr als 80 Meilen pro Stunde – gerade einmal 130 km/h machen sich bei einer Gesamtstrecke von fast 5.000 Kilometern allemal bemerkbar.
Vorbei sind auch die Zeiten, als im Bergstaat Montana kein offizielles Tempolimit existierte und die lokalen Ordnungsbehörden nach Gusto einschätzen konnten ob zu schnell oder nicht. Wer es darauf anlegt, bewegt den Countryman mit bis zu 200 km/h.
Fehlende Ladesäulen
Vergeblich bleibt nach wie vor die Suche nach einer Ladesäule. Selbst in größeren Städten sind kaum Ladesäulen vorhanden; direkt an der Route gibt es selbst an größeren Hotels keinen Strom. Kein Wunder, dass man den letzten Tesla allein in Jackson Hole im Straßenverkehr sah.
In Downtown Chicago schüttelt der Valet-Parker nur den Kopf als man nach einer Ladesäule fragt. „So etwas haben wir nicht“, lächelt Sam bei kühlen minus 15 Grad, „aber irgendwo in der Nähe soll eine gebaut worden sein.“ So weit zum Thema Elektromobilität in den USA. Diese gibt es – in kleinen Dimensionen – allenfalls in Küstennähe.
Auf der letzten Etappe des Roadtrips wird es kaum wärmer, doch als es Richtung Motown Detroit geht, kommt der Schnee wieder zurück. In die Bredouille wie auf den schneebedeckten Pisten der Rockys kommt der Pseudo-Allradler nicht mehr und erreicht nach knapp 3.000 Meilen ohne Mucken Downtown Detroit. Ladesäulen? Fehlanzeige!
Der Mini Countryman ist für einen Roadtrip in den USA alles andere als eine schlechte Besetzung, doch ein Durchschnittsverbrauch von 9,2 Litern ist angesichts von Leistung, Gewicht, Größe sowie der gemäßigten Fahrweise auf US-Highways und Landstraßen schlicht indiskutabel.