Sehr klein, ziemlich smart und natürlich voll elektrisch: Mit dem gerade 2,5 Meter langen und nur 1,24 m breiten Minimo zeigt uns Seat, womit wir künftig sauber durch die städtischen Häuserschluchten flitzen und es den fetten SUV mal richtig zeigen können. Unterwegs mit dem Komfort eines Autos, aber durchschlängeln und rangieren wie ein Motorrad. Die Parkfläche: lächerliche 3,1 Quadratmeter, schon ein gängiges Kompaktauto braucht da mehr als das Doppelte. „Mit dem Minimo zeigen wir die Synthese zwischen dem wendigen Zweirad und dem geschützten Auto – unsere Idee zur urbanen Mobilität“, erklärt uns Seats Entwicklungschef Mathias Rabe. Und die Stadt Barcelona hat schon mal prophylaktisch zugesagt, dass der superschlanke Minimo (kostenlose) Motorrad-Parkplätze nutzen dürfte.
Sein Heckantrieb setzt auf die Power von zwei gekoppelten Riemenstartergeneratoren mit jeweils 9,5 kW. Und die in der Summe dann rund 20 kW sollen das nur 450 Kilo schwere Fahrzeug ziemlich blitzartig beschleunigen. Spitze? Immerhin 90 km/h. Das lässt sich, zum Beispiel für die großen Kids der Familie, auch elektronisch auf 45 km/h drosseln – und dann später wieder freischalten. Auch soll der Minimo für sämtliche Klimaregionen passen, in Afrika dann eben ohne Klimaanlage. Und weil er so schmal ist, können auch zwei Exemplare von ihm nebeneinander auf einer Fahrspur an der Kreuzung stehen.
Fahrer und Beifahrer sitzen in dieser cool gestylten, crashsicheren Keksdose (Entschuldigung, natürlich sehen wir die zackigen Seat-Linien) hübsch hintereinander. Beide haben gut Platz und eine super Rundumsicht, weil man hier dank der 17-Zoll-Räder sogar noch chefmäßig hoch thront. Sein in Sekunden austauschbarer Lithium-Ionen-Akkupack (9,6 kWh) soll für bis zu 100 Kilometer reichen, sehr praktisch fürs Carsharing, und wenn der Fahrer mit dem Ding mal alleine düst, ist hinter ihm genügend Stauraum für mindestens einen Kasten veganer Limonade oder einiger Kartons spanischen Rioja. Gefällt uns! „Unser Minimo beweist, dass Fahrvergnügen und Stil keine Ausschlusskriterien für Elektromobilität und Carsharing sind“, darf Seats Chefdesigner Alejandro Mesoneros-Romanos zu Recht behaupten.
Nebenbei ist der Minimo schon fürs autonome Fahren auf Level vier vorbereitet. Er könnte seine Passagiere auf Wunsch selbstständig von zu Hause abholen – zum Preis eines gängigen Bustickets. Mit Software bis zum Abwinken: Haufenweise Konnektivitätszeugs, 5G-Vernetzung, viel Android Auto-Technologie, dazu Googles Sprachassistent. Klar, rein optisch ist eine gewisse Ähnlichkeit zu Renaults Twizy nicht abzustreiten. Aber der ist eben schon in die Jahre gekommen. Und dann fällt uns spontan noch ein, dass es schon 2011 bei VW („Nils“) und Audi („Urban Concept“) ähnliche Zweisitzer-Studien gab, die später irgendwo verstaubten.
Doch beim Minimo denkt man bei Seat schon weiter. Rabe: „Wir testen hier mal die Resonanz des Publikums, aber überlegen natürlich, ob sich so etwas in einem entsprechen Ecosystem ökonomisch sinnvoll realisieren ließe.“ Natürlich nicht nur für Seat, sondern mit identischer Architektur auch für andere Marken des VW-Konzerns, deutet er noch vorsichtig an. Seat-Chef Luca de Meo sprüht bei der Präsentation jedenfalls geradezu vor Optimismus: „So etwas kommt nicht über Nacht, aber die Realität ist näher, als Sie denken – es wäre durchaus möglich den Minimo zu produzieren.“ Klar, da müsse natürlich ein vernünftiger Business Case her, schiebt er nach.
Mit 5G bald voll vernetzt, mit Casa Seat auf Talentejagd
Seat hat auf dem MWC noch mehr Themen: Im Rahmen des Projekts 5G Barcelona, das die spanische Metropole als eine der Vorreiterstädte Europas für 5G-Technologie positionieren möchte, starten Seat und der spanische Telefonriese Telefónica mit dem Pilottest „5G Connected Car“. Als erster Schritt zum autonomen Fahren soll diese Initiative die Kommunikation eines Fahrzeugs mit der umgebenden Infrastruktur und anderen Autos probieren. Kleinere Tests gab es schon, dabei wurden die Städte Talavera de la Reina und Segovia in echte 5G-Umgebungen verwandelt, Voraussetzung für reale Anwendungen in Echtzeit – zum Beispiel bei Warnungen über die Assistenzsysteme des Autos.
Ein Schritt zur V2X-Fahrzeugkommunikation (Vehicle-to-everything) über Mobilfunknetze in realer städtischen Umgebung. Seat hat dazu einen Ateca-SUV mit neuester Konnektivitätstechnologie vollgestopft. Der erhält beim Abbiegen zum Beispiel eine Warnmeldung von einer Ampel, wenn sich ein Fußgänger auf dem Übergang rechts im toten Winkel befindet. Oder eine Info von der Ampel bevor die auf Rot umspringt. Kollege Seat entscheidet dann, ob noch genug Zeit zum Überfahren der Kreuzung ist.
Übrigens fährt Seat schon länger eine ziemlich stringente Vernetzungsstragie. Zum Beispiel mit dem schon 2017 gegründeten Seat Metropolis:Lab in Barcelona, einem „Exzellenzzentrum“ (Seat) für Mobilität von morgen, das dabei helfen soll, Seat als technologischen Vorreiter bei der Fahrzeugvernetzung zu positionieren. In der Kombination von Mobilfunktechnologie und Big Data für Mobilitätsdienstleistungen auf App-Basis oder über das „Casa Seat“, einem multidisziplinären Zentrum, das, angesiedelt jetzt mitten in Barcelonas Stadtzentrum, das sich als digitale Trendschmiede für lokale und internationale Talente sieht.
Seat war der erste Autohersteller der Welt, der 2018 in seine Modelle unsere Lieblings-Musikerkennungs-App Shazam (Android) integrierte, die Songs mit einem Klick erkennt. Auch waren die Spanier europaweit die Ersten, die Amazons cloudbasierten Sprachdienst Alexa in ihre Autos brachten. Und innerhalb des Unternehmens wurde gleich noch XMOBA gegründet, eine fixe Identifikations- und Einsatztruppe für Geschäftsmodelle zur Mobilität von morgen, die zum Beispiel eine spezielle, von der Stadt unterstützte Barcelona-Navigation mit Waze und Ride-Sharing-Dienste für Pendler forciert. Und das Seat-Projekt Bus on Demant, mit dem Buslinien der spanischen Hauptstadt in der Streckenführung flexibel auf Echtzeit-Nachfrage reagieren können. Wird in Wolfsburg getestet – und wäre garantiert auch fürs ständig überfüllte Berlin interessant.
Immerhin gibt es bei deutschen Seat-Händlern inzwischen den eXS KickScooter, einen smarten Seat-Elektroroller (599 Euro) mit Segway-Antrieb und bis zu 45 km Reichweite, für den nur noch die deutsche Fahrgenehmigung fehlt. Seats Deutschland-Chef Bernhard Bauer: „Wir haben uns entschlossen jetzt den Verkauf zu starten.“ Für Seat-Chef Luca de Meo gibt es jedenfalls kein Zurück: „Die Mobilität verändert sich und als Hersteller müssen wir uns diesem Wandel unbedingt anpassen“, sagt er. Man müsse deshalb zügig neue Mobilitätsplattformen managen und anbieten, die in den Städten der Zukunft eine Schlüsselrolle spielen würden.