Tschüs Kleiner – Du hast Dich tapfer geschlagen. „Supi“, würde ein Berliner Blondie jetzt noch sagen und den VW E-Up beim Abschied unauffällig streicheln. Wie unsere Tochter, die ihn „voll kuschlig und voll cool“ fand, weil er auch bei zwei Grad Minus morgens immer so schnell warm wurde und ihre aktuellen Lieblingslieder (von „In my Mind“ bis „Pierce of your Heart“) viel, viel schöner als im leider immer noch dieselnden Smart der Familie zu hören waren.
Und wir? Waren nach vorheriger Skepsis (dazu gleich mehr) ziemlich begeistert, auch unter Berücksichtigung unserer bisherigen Elektro-Erlebnisse mit Renault Twizy, BMW i3, E-Golf, Hyundai Kona Electric, Nissan Leaf, etlichen teuren Teslas (S,Y,3) sowie mit diversen Hybridautos von Toyota, BMW und Daimler bis hin zu den aktuellen Teilzeit-Stromern von Volvo. Kurzum: Wir hätten ihn nach 681 Kilometern am liebsten bei uns behalten, zumal das Frühjahr mit batteriefreundlichen Temperaturen ja gerade erst so richtig beginnt.
Skepsis? Klar, der Kleine ist auch nach der letzten großen Preissenkung mit 23.570 Euro immer noch relativ teuer für ein Auto im 3,60-Meter-Format, auch wenn man da ja noch den Umweltbonus rausrechnen und mit dem Händler feilschen kann. Und was von den versprochenen 120 bis 160 Kilometer Reichweite im realen Alltagsverkehr übrig bleibt, hatten wir schon mal auf einem früheren Kurztrip erlebt. Auch die langen Ladezeiten an der Haushaltssteckdose, die dort bis zu neun Stunden ausdehnen können.
Flotter Antrieb, hübsche Handlichkeit
Doch alles ging gut, der E-Up überzeugte nebenbei sogar ein paar ältere Meckerköppe aus unserem Sportverein. Kurze, zackige Demo-Temporunde mit den drei Jungs, und schon waren sie begeistert. Und wir? Schon am ersten Morgen gefiel er uns als flüsterleises Eltern-Taxi (den etwas nervigen e-Sound hatten wir gleich abgestellt), mit seinem flotten Antritt (auf Tempo 60 in 4,9 Sekunden), den bemerkenswert bequemen großen Vordersitzen und seiner hübschen Handlichkeit beim Einparken vor der Grundschule in einer kleinen Lücke, die für die anwesenden SUV-Kohorten nicht machbar war. Dazu noch das süße, aber gestochen scharfe Bildchen der Rückfahrkamera (Bestandteil des Komfortpakets).
Danach dann bei zwei Grad Celsius auf die Landstraße, und weil wir uns, wie oft bei neuen Vollelektrikern, in Sachen Reichweite noch nicht ganz sicher waren, im Eco+-Modus. Maximal 40 statt 60 Kilowatt Leistung, praktisch keine Heizung mehr und eine, nun ja, etwas eingeschränkte Beschleunigung.
Geht aber, zumal die Sitzheizung (im Winterpaket mit der Frontscheibenheizung für 435 Euro) die klassische Rundumheizung ein wenig ersetzen kann. Nächste Erkenntnis: Der E-Up fährt wirklich extrem leise. Wind-, Abroll- und Antriebsgeräusche gehen gefühlt gegen Null, da sind viele von den großen Stromern deutlich lauter. Auch seine Verarbeitungsqualität ist lobenswert – da kommt kein Tesla mit.
Auf der Autobahn hält er mit
Und wenn man mal kurz von Eco+ aufs normale Fahrprogramm wechselt, kann man tatsächlich ein stromiges Wunder erleben: so sportlich schießt der Kleine dann voran. Ist fast immer Ampelsieger (Sorry, liebe Veganer in der E-Gemeinde, das musste sein) und geht auch wunderbar um die Ecken. Klar, ein tiefer Schwerpunkt bringt da Punkte. Der 230 Kilo schwere Akku mit 18,7 Kilowattstunden (kWh) Nennkapazität liegt schließlich zwischen den Achsen im Wagenboden.
Auch auf der Autobahn ist der Kurze keine Spaßbremse. Bis Tempo 130 immerhin marschiert er ziemlich locker, bei Tacho 135 wird er dann planmäßig abgeregelt. Dabei haben wir auf einer Runde nach Michendorf allerdings festgestellt, dass Ladesäulen im Berliner Randgebiet immer noch ziemlich dünn gesät sind. Fündig wurden wir witzigerweise im feinen Michendorfer Golf- und Country-Club. Dort gab es zwei Innogy-Säulen direkt neben dem Parkplatz des Präsidenten. Typ 2-Stecker, theoretisch bis zu 22 Kilowatt Ladegeschwindigkeit.
Der E-Up kann aber leider nur maximal mit 3,6 kW Strom saugen. Okay, also Mittagspause. Hähnchenschnitzel plus zwei mal Kaffee für summarum nur 13 Euro, da kann man nicht meckern. Und der Strompreis war mit 39 Cent pro kWh noch gerade so erträglich. Zwischendurch immer mal ein Blick aufs Smartphone und die Lade-App sowie lustige Gespräche mit Golfern, die mit dicken Verbrennern — Range Rover, Mercedes S-Klasse, E-Klasse und BMW X5 — anrollten und über unser elektrisches Kleinteil staunten. Nein, wir haben kein Sprintduell angeboten, aber den Herrschaften ein bisschen die aktuelle Klima- und Elektro-Weltlage erklärt.
Der Verbrauch geht in Ordnung
Natürlich stellte sich dann auf dem Rückweg heraus, dass wir es vermutlich haarscharf auch ohne Nachladen nach Hause geschafft hätten. Der Klassiker. Zumal wir ohne Eile, also im Modus Eco+ unterwegs waren, also mit maximal Tempo 100. Apropos: Rund 100 Kilometer haben wir meist mit vollen Akku geschafft. Und auf vielen Strecken begnügte sich der E-Up entspannt mit einem Stromverbrauch zwischen 11,5 und 14 kWh. Oberhalb von Tempo 120 waren es aber auch schnell mal Werte bis zu 17 kWh. Zum Vergleich: So ein gewichtiger Audi e-tron-SUV benötigt real zwischen 25 und 30 kWh auf 100 Kilometer.
Auch die Energierückgewinnung (Rekuperation) im Schubbetrieb oder beim Bremsen funktioniert ziemlich relaxed im E-Up. Fahrstufen-Wählhebel nach links für die Stufen eins bis drei oder in Position »B« für Stufe vier. Bei den letzteren leuchtet dann natürlich auch das Bremslicht, da bremst der E-Up schön kalkulierbar bis zum Stand. Genau, ein alter Hut für E-Profis. Welche Stufe im Alltag? Geschmacksache oder je nach Sparfimmel. Wir waren meist mit Stufe 2 oder 3 unterwegs.
Geladen haben wir fast immer zu Hause über Nacht: gängige Außensteckdose, ausgerollte Kabeltrommel. Null Problem, morgens war Freund E-Up immer energiegeladen. Allerdings haben wir nie die vom Hersteller angesagten 160 Kilometer Reichweite auf der Anzeige gesehen. Die Maximalwerte lagen bei 141 Kimometer (Normal) und 154 Kilometer (Eco+). Es war allerdings auch noch ziemlich frisch draußen, anfangs herrschten nachts sogar noch Minusgrade.
Schnell-Laden ist möglich – gegen Aufpreis
Kleine Lade-Nervigkeit am Rande: Beim zwischenzeitlichen Öffnen des Autos per Fernbedienung — manchmal vermisst man ja ständig was (Sonnenbrille, Smartphone, Wasserflasche) — wird jedesmal der Ladevorgang für gut 30 Sekunden unterbrochen. Kennen wir auch vom BMW i3. Vielleicht gibt es da ja mal eine schlauere Lösung.
An einer Schnellladesäule waren wir nicht, obwohl der E-Up gegen 625 Euro Aufpreis eine CCS-Ladedose bekommt. Leider nix zu kriegen auf unseren Routen. Dafür hatten wir zwei nette Lade-Erlebnisse an den hauptstädtischen Standardsäulen. Nummer eins spielte in Berlin-Mahlsdorf Süd an der einzigen Ladesäule der Umgebung. Verbindung vorhanden, aber dann die Anzeige „Säule nicht verfügbar“. Der Kollege im Callcenter hatte keine Erklärung, konnte das Ding aber sofort freischalten und entschuldigte sich nett: „Tut uns leid, aber dafür schenke ich Ihnen jetzt den Strom.“ Danke noch mal.
Unser schönstes Ladeerlebnis hatten wir aber in Berlin-Schöneweide, an der Ladesäule direkt vor der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Alles schick und fein (günstige 28 Cent und gleich um die Ecke das hippe »Kranhauscafe« mit Spreeblick). Doch am Ende der Ladezeit wollte der Stecker partout nicht aus der Säule. Notentriegelung klappte nicht, also Anruf bei NewMotion, wo ein bemühter Kollege mit uns dann über diverse Neustarts und Abbrüche fernelektronisch mit der Säule zappelte.
Doch die bekam das (lösende) Signal nicht in ausreichender Stärke, so dass am Ende (nach 45 Minuten oder so) der Hausmeister der Schule alarmiert wurde. Es kamen zwei Berliner Jungs im Blaumann, die am nur wenige Meter entfernten Stromkasten auch nicht gleich die richtige Peilung („Ick weeß nich, wo das Ding dranhängt“), aber dann die rigorose Idee hatten: „Wir legen jetzt einfach mal den Hauptschalter um“. Klick, rundum Blackout, aber Stecker frei.
Auf der IAA soll der überarbeitete E-Up stehen
Okay, demnächst soll in unserer Metropole ja alles besser werden. Bis zu 1000 neue, intelligente Ladepunkte sind jetzt allein von der grünen Tech-Firma Ubitricity an Berliner Straßenlaternen geplant. Die Kollegen haben das ja schon in London gut gedeichselt. Hinzu kommen endlich ausreichend Schnelladesäulen. In dem Punkt ist die Hauptstadt wie bei der Fahrradfreundlichkeit noch ziemlich hinten dran. Wir sind gespannt.
Und der E-Up? Ist definitiv ein idealer E-Flitzer für die Stadt. Das findet auch meine Familie. Dumm nur, dass er gerade ausverkauft ist, weil bei VW das mit den Lieferanten vereinbarte Kontingent an Lithium-Ionen-Batterien vorzeitig erschöpft ist. Nur noch Restexemplare stehen bei den Berliner Händlern.
Aber jetzt die gute Nachricht: Zur Frankfurter IAA zeigt VW den E-Up in überarbeiteter Form und dann auch mit einer Reichweite von rund 260 Kilometern nach der neuen WLTP-Norm. Auch über eine zweite Preissenkung wird intern noch diskutiert, hören wir, denn die neuen Batteriezellen (vermutlich von LG Chem) sollen im Einkauf deutlich billiger sein. Wäre wünschenswert, und inzwischen planen wir für unseren Haushalt mal endlich die Montage einer Wallbox ein.