Vor kurzem hat Elon Musk mit viel Getöse den neuen Tesla Semi Truck vorgestellt. Die Enthüllung des vollelektrischen Schwer-LKW hatte er schon häufiger angekündigt. Doch Musk musste erst den Termin im September, dann einen zweiten im November verschieben, um sich auf die Produktionsprobleme beim Model 3 konzentrieren zu können. Mit dem Semi will der Tesla-Chef dem Diesel-LKW endlich Konkurrenz machen.

Bisher hat Tesla nicht bekannt gegeben, wie viele Bestellungen bereits für den Semi eingegangen sind, doch Schätzungen zufolge sollen es um die 200 sein. Unter den Käufern sind Firmen wie Walmart oder DHL Supply Chain, eine amerikanische Tochterfirma der Deutschen Post. Zuletzt hat auch die für das Budweiser Bier bekannte Brauerei Anheuser-Busch 40 Semis bestellt. Die größte Order stammt vom Nahrungsmittellieferanten Sysco, der gleich 50 Trucks einsetzen will. Doch die Unternehmen mit Wunsch nach E-Trucks hätten nicht zwangsläufig bei Tesla landen müssen. Denn auch einige Konkurrenten drängen auf den Markt mit schweren Elektro-LKW.

Einer der wichtigsten Gründe, warum sich elektrische Lastwagen bisher noch nicht gegen ihre Diesel-Kollegen durchsetzen konnten, ist die Reichweite. Wer Fracht über weite Strecken transportiert, will nicht alle 150 Kilometer zum Stromtanken anhalten müssen. Der Semi von Tesla soll bei Autobahn-Geschwindigkeiten mit einer Ladung bis zu 800 Kilometer weit kommen. Elon Musk kündigte auch neue solarbetriebene Megacharger-Ladestationen an, die noch schneller sind als Teslas Supercharger: Mit ihnen sollen 30 Minuten Laden beim Semi für knapp 650 Kilometer reichen.

Wann, wo und wie viele Megachargers installiert werden, ist noch nicht klar. Insgesamt rechnet Musk vor, dass die operativen Kosten des Trucks deutlich niedriger seien als bei Diesel-LKW: Weniger als zwei Kilowattstunden verbrauche der E-Truck pro Meile, beim Treibstoff spare der Spediteur so knapp 170.000 Euro auf eine Million gefahrene Meilen, rund 1,6 Millionen Kilometer. Das wären fantastische Werte – wenn der Semi wirklich ab 2019 produziert und auch ausgeliefert würde.

Daimler und Co: Das sind die E-Trucks der Konkurrenz

Dank der Verzögerungen bei Tesla konnten einige Konkurrenten dem Technikriesen mit der Enthüllung von E-Truck-Konzepten zuvorkommen. Ende Oktober kündigte beispielsweise Daimler seinen E-Fuso auf der Tokyo Motor Show an, auch die Transporter sollen elektrifiziert werden. Allerdings hält sich Daimler mit Informationen noch zurück. Bekannt ist, dass der E-Fuso eine Reichweite von 350 Kilometern mit einer Ladung erreichen soll – und damit weit hinter dem Tesla Semi zurückbleibt.

Der E-Fuso ist ausgestattet mit einer 300 kWh Batterie. Mit ihm soll sich bis zu elf Tonnen Fracht transportieren lassen, zwei weniger als mit einem vergleichbaren Diesel-LKW. Zur benötigten Infrastruktur rund um den E-Fuso sagt Daimler kaum etwas und auch einen festen Termin, wann genau der Truck auf die Straße kommt, gibt es noch nicht. Dazu heißt es nur, dass der Truck in entwickelten Elektroauto-Märkten wie Europa oder Japan in ungefähr vier Jahren einsetzbar sein könnte.

Aeos: Cummins und Bosch arbeiten an Kurzstrecken-Laster

Noch einen Monat vor Daimler enthüllte der amerikanische Motorbauer Cummins den Aeos-Truck. Benannt nach einem der vier geflügelten Pferde, die den Wagen des griechischen Sonnengottes Helios ziehen, ist der Aeos noch in der Konzeptionsphase. Die Produktion soll 2019 starten. Allerdings ist auch er – ähnlich wie der E-Fuso – dem Tesla-Truck in einigen entscheidenden Kategorien unterlegen. Mit der standardmäßig verbauten 140-kWh-Batterie soll er mit einer Ladung rund 160 Kilometer weit kommen. Zwar kann man den LKW mit zusätzlichen Batterien aufrüsten und so eine Reichweite von rund 480 Kilometer erreichen. Das dürfte vielen Spediteuren aber im normalen Fahrbetrieb nicht reichen.

Und auch die Ladedauer übersteigt die der Konkurrenz: Eine Stunde muss der LKW bis zur vollen Ladung bei heutiger Technologie am Kabel hängen. Cummins hofft, diese Zeit durch neue Ladetechniken bis 2020 auf 20 Minuten reduzieren zu können.

Um die Reichweite zu verbessern, arbeitet Cummins auch an der Möglichkeit, Solarpanels auf dem Dach anzubringen und die Aerodynamik weiter zu erhöhen. Unter anderem will das Unternehmen die Seitenspiegel durch Kameras ersetzten, die der Fahrer auf dem Armaturenbrett einsehen kann. Das ist allerdings bisher gesetzlich noch nicht zugelassen.

Da Cummins auf Motoren spezialisiert ist, will das Unternehmen den Truck nicht selbst bauen, sondern stattdessen nur das Batteriesystem liefern. Wer das Gefährt zusammenbauen soll, ist nicht bekannt.

Nikola One: Größere Reichweite mit Wasserstoff

Einen etwas anderen Weg geht die Nikola Motors Company aus Salt Lake City. Schon der Name des Unternehmens verrät: In vielen Dingen eifert das (ebenfalls nach dem in Serbien geborenen Erfinder benannte) Unternehmen dem großen Bruder Tesla nach. Beim E-Truck setzen die Entwickler aber auf ein anderes Konzept: Der Nikola One erhält seine Energie aus einer Wasserstoffbrennzelle mit 300 kW Leistung statt aus einer klassischen Batterie.

Das sorgt für eine sehr hohe Reichweite und kurze Zeit beim Tanken im Vergleich zur Konkurrenz. Nach 15 Minuten ist der Tank voll. Bis der Fahrer das nächste Mal zum Auffüllen halten muss, soll der Nikola One zwischen 1200 und 1900 Kilometer zurücklegen können. Diese Reichweite ist allerdings auch nötig: Denn es gibt noch immer sehr wenige Wasserstoff-Tankstellen – auch im Vergleich zu Ladestationen.

An der Entwicklung des Nikola One ist ebenfalls der Autozulieferer Bosch beteiligt: Der Elektroantrieb des Trucks basiert auf der E-Achse des deutschen Konzerns. Diese kombiniert Motor, Elektronik und Getriebe in einer Einheit. Auch die Soft- und Hardware im Fahrerhaus stammt von Bosch. 2021 wollen Nikola und Bosch den Truck auf den Markt bringen.

T-Pod: Fahrerlos und futuristisch

Das wohl außergewöhnlichste und ambitionierteste Konzept für einen E-Laster stammt übrigens ausnahmsweise nicht aus den USA, sondern aus Schweden. Das Tech-Start-up Eindrive testet gerade einen Prototypen des futuristisch anmutenden T-Pod. Der soll nicht nur rein elektrisch angetrieben werden, sondern auch ganz ohne Fahrer. Der T-Pod hat keine Fahrerkabine, Sitze oder gar Frontscheibe. Er soll im Wechsel mal autonom unterwegs sein und mal von einem Fahrer ferngesteuert werden, falls nötig. Ein Fahrer soll so auch mehrere Trucks gleichzeitig steuern können. Mit der 200-kWh-Batterie schafft der T-Pod eine Reichweite von rund 200 Kilometern.

Ziel des schwedischen Herstellers ist es, bis 2020 ein komplett neues und nachhaltigeres Transportnetzwerk zwischen den beiden Städten Göteborg und Helsingborg aufzubauen. 200 T-Pods sollen dann diese Strecke regelmäßig befahren und von extra für sie eingerichteten Ladestationen an der Strecke versorgt werden.

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