Zunächst einmal ziehen wir den Hut. Der Name „Mustang Mach-E“ ist ein kluges Marketing-Konstrukt, das die Sportwagen-Legende mit einer modernen, weil elektrischen Überschallgeschwindigkeit koppelt. So was schmeißt das Kopfkino der Bleifuß-Fraktion natürlich an, die sich schon in bester Fast-and-Furios-Manier über die Straßen fliegen sieht. Allerdings ist der Mustang Mach-E – am Auto selbst deutet wie beim historischen Vorbild kein einziges Emblem auf Ford -kein hochgezüchteter Sportwagen mit Lachgas-Einspritzung, sondern ein 2,2 Tonnen schweres Elektro-Crossover mit immerhin 258 kW (346 PS) Leistung und Allradantrieb. Den Fahrstrom liefert ein Lithium-Ionen-Akku im Fahrzeugboden, der fast 100 Kilowattstunden (kWh) speichern kann. Von den 98,7 kWh Speicherkapazität hat Ford allerdings nur 88 kWh für den Fahrbetrieb reserviert. Das soll theoretisch und nach der Verbrauchsnorm WLTP beim Allradler für 540 Kilometer ohne Ladepause reichen. Mit der allein heckgetriebenen Version sind angeblich bis zu 610 Kilometer drin – im Stadtverkehr und ohne allzu heftige Ampelstarts.

Für das Besteigen des Mustang Mach-E reicht ein Smartphone, das sich via Bluetooth beim Auto anmeldet und die Türen freischaltet. Im Cockpit strahlt uns ein 15,5 Zoll großes Tablet entgegen, das als Kommandozentrale des Infotainments dient. Klar, Tesla und das Model Y lassen grüßen und geben in dieser Kategorie im Heimatland des Elektro-Fords derzeit die Unterhaltungsschlagzahl vor. Für Ford ist der große Flachbildschirm ein deutlicher Schritt vorwärts, vor allem, wenn man an die Infotainmentversuche der Vergangenheit denkt. Das Bedienkonzept orientiert sich dann auch ganz deutlich an Elon Musks Produkten und geht recht einfach von der Hand. Im Unterschied zu Tesla gibt es hinter dem Lenkrad ein zusätzliches kleines Display, das dem Fahrer die wichtigsten Infos liefert. Dieser kann sich so voll und ganz auf den Verkehr konzentrieren.

Edison-Team entwickelte die Plattform

Bei der Entwicklung des Mustang Mach-E war übrigens das „Edison“-Team aus Detroit federführend. Zur Erklärung: Firmengründer Henry Ford begann seine berufliche Laufbahn bei dem Erfinder und Entrepreneur Thomas Alva Edison und war diesem Zeit seines Lebens persönlich eng verbunden – gemeinsam entwickelte man schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Elektroauto mit Wechsel-Akku für einen Taxibetrieb in New York. Das nur am Rande.

„Lichtgeschwindigkeit“ bei Tempo 180
Spezialisten von Ford Europa haben den Elektro-SUV in Belgien erfolgreich auf europäische Straßenverhältnisse und Fahrgeschwindigkeiten abgestimmt. Foto: Ford

Für den neuen Elektro-SUV hat das Edison-Team eine neue Elektroplattform (E 1) entwickelt, die Techniker von Ford Europe im belgischen Lommel auf europäische Verhältnisse angepasst haben. Unter anderem haben sie sich die Stoßdämpfer und Federn, die Lager sowie das Elektronische Stabilitäts-Programm (ESP) vorgenommen. Immerhin kann man hierzulande auch schon mal die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ausreizen. Sobald man sich dieser „Schallgeschwindigkeit“ nähert, bleibt der Mustang Mach-E sehr spurstabil. Und auch die Geräuschkulisse im Innenraum bleibt gesittet. Ganz kann das US-Wildpferd aber seine komfortable Grundauslegung nicht verhehlen, was aber bei schlechten Straßen kein Nachteil ist.

Wenn es um Richtungswechsel geht, sollen dünnere Stabilisatoren in der Europa-Version an der Vorderachse für mehr Traktion sorgen, was durchaus Sinn ergibt, da Allradler gerne zum Hang zum Untersteuern neigen. Das haben die Fahrwerksexperten dem Mach-E fast völlig ausgetrieben.

Allradler mit 258 kW Systemleistung

Das ist das Resultat des Zusammenspiels der beiden Elektromotoren – einer an der Vorderachse, der andere hinten. Wie sich die Systemleistung von 258 kW (346 PS) genau zusammensetzt, daraus macht Ford ein großes Geheimnis. „Die strategische Entscheidung von Ford ist, die Leistung des Mach-E nur im Gesamten zu veröffentlichen, weil manchmal die Leistung durch den Motor begrenzt ist und manchmal durch die Batterie“, lässt der Autobauer verlauten. Wir können die Geheimniskrämerei nicht nachvollziehen und gehen hier mal von einer Kombination aus einer Leistung von 60 kW (82 PS) vorne und 200 kW (272 PS) hinten aus. Das Elektro-Duo wuchtet den Crossover in 5,8 Sekunden von null auf 100 km/h. Die Dynamikkomposition funktioniert prächtig. Das bekannte Torque-Vectoring Control-System an der Vorderachse unterstützt das Einlenken mit gezielten Bremseingriffen.

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Es lebe der Sport

In neue Dimensionen bricht Ford mit dem Mustang Mach E auf. Nicht nur mit dem Antrieb, auch mit der Karosserieform: Mustangs gab es bislang nur als Coupe und Cabriolet. Nun kommt auch ein Crossover aus Coupe und SUV hinzu. Foto: Ford

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Tesla lässt grüßen

Wie bei den Fahrzeugen des kalifornischen Shooting-Stars werden auch im Mustang Mach-E die wesentlichen Funktionen über einen großen Touchscreen gesteuert. Für den Fahrer gibt es zusätzlich ein kleines Display hinter dem Lenkrad. Foto: Ford

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Jede Menge Platz

Bis zu 1420 Liter fasst der Kofferraum des Mustang Mach-E bei umgeklappter Rücksitzbank. Zusätzlich gibt es wie bei Tesla vorne einen „Frunk“, der 100 Liter fasst. Foto: Ford

Wenn man das Gaspedal im Zusammenspiel mit der guten Lenkung, die sich durch rege Kommunikationsfreude bezüglich des Traktions- und Radwinkels beteiligt, gefühlvoll einsetzt, carvt der Mach-E unterstützt von einem engagierten Heck entlang der Traktionsgrenze um die Ecken. Wird der Fahrer zu übermütig, fängt die fein regelnde ESP das wedelnde Hinterteil schnell wieder ein. Die grundlegende Kraftverteilung ist 30 Prozent vorne 70 Prozent hinten. Doch das ändert sich mit den sportlichen Ambitionen des Piloten. „Je dynamischer der Fahrmodus, umso hecklastiger ist die Auslegung des Antriebsstrangs“, verdeutlicht Geert van Noyen die Philosophie des Mustang Mach-E. Der Verbrauch hält sich laut Ford mit 18,7 kWh/100 km in Grenzen. Inwieweit sich dieser Wert auch im Alltag verifizieren lässt, wird ein ausgiebiger Test zeigen – unsere Ausfahrt reichte dafür nicht.

Von zahm bis temperamentvoll

Die Namen der Fahrprogramme orientieren sich angeblich an dem Naturell von Wildpferden: Aktiv, Zahm und Temperamentvoll. Wir hätten uns zusätzlich einen Individual-Modus gewünscht, bei dem man selbst einige Parameter konfigurieren kann. Allerdings sucht man diesen im Mustang Mach-E vergebens. „Das ist eine strategische Entscheidung von Ford“, weicht Entwickler Matthias Tonn einer klaren Antwort aus. Allerdings verwundert uns, dass die drei Fahrmodi nur in der Mittelkonsole und nicht auch am Lenkrad aktiviert werden können. Die stärkere Rekuperation wird per Display aktiviert und passt gut zum Ford Mach-E. Gleiches gilt für das simulierte Motorgeräusch, dass sich den Fahrmodi anpasst und nicht aufdringlich durch den Innenraum wabert.

Je nach Fahrweise leeren sich die Akkus mehr oder weniger schnell. An einer 11 Kilowatt-Wallbox dauert es 7,2 Stunden, ehe die großen Batterien wieder voll sind. Nutzt man die maximale Ladekapazität von 150 kW an einem Gleichstrom-Schnelllader, sind die Akkus nach 45 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt.

Bei den Assistenzsystemen lässt es ich Ford ebenfalls nicht lumpen und bietet unter dem Sammelbegriff „Ford Co-Pilot360“ verschiedene Funktionen, die den Fahrer unterstützen. Darunter einen adaptiven Tempomaten inklusive Stop-and-Go-Funktion, einen Spurhalte-Assistenten sowie eine 360-Grad-Kamera.

Aufgalopp in Deutschland Ende April

Vorne geht es in dem 4,71 Meter langen Elektro-SUV auch für großgewachsene Personen gemütlich zu. In der zweiten Reihe wird es aufgrund des abfallenden Daches dann schon enger, aber nicht bedrückend. Der Kofferraum hat ein Volumen von 402 Litern, legt man die Lehnen der Rückbank um, wächst das Fassungsvermögen auf 1.420 Liter. Unter dem Ladeboden befinden sich die Fächer für die beiden serienmäßigen Ladekabel. Aber ein Mangel an Stauraum herrscht beim Mach-E nicht, da es unter der Haube vorne wie bei Tesla noch einen „Frunk“ gibt, in das 100 Liter passen.

Und wann wird der Mustang los gelassen? Der Aufgalopp für den Ford Mustang Mach-E ist hierzulande Ende April kommenden Jahres. Bestellt wird das Pferdchen übrigens ausschließlich online, gegen Vorkasse von 1000 Euro. Auch das kennt man von Tesla. Zur Auswahl stehen zwei Antriebsvarianten mit Heck- und Allradantrieb sowie die beiden Batterie-Varianten „Standard Range“ (76 kWh für 400 Kilometer Reichweite) und „Extended Range“ (99kWh für 520 Kilometer.

Die Preise für die heckgetriebene Basisversion mit 198 kW (269 PS) Antriebsleistung beginnen bei einem Listenpreis von 46.900 Euro. In Deutschland können davon aktuell 9000 Euro für Umweltbonus und Innovationsprämie abgezogen werden. Der Allradler mit 99 kWh-Akkus und 258 kW (346 PS) Motorleistung ist ab 62.900 Euro zu haben. Zudem gab es eine limitierte, topausgestattete „Fist Edition“ für 66.800 Euro. Die ist allerdings bereits vergriffen.

Von wegen „immer sachte mit den jungen Pferden“.

Der Ford Mustang Mach-E AWD in Zahlen und Fakten

  • Typ: Elektro-Crossover
  • Motor: Zwei E-Maschinen
  • Leistung in PS (kW) bei U/min-1: 346 (258)
  • Max. Drehmoment (Nm) bei Umin-1: 580
  • Höchstgeschwindigkeit (km/h): 180
  • Beschleunigung 0-100 km/h (sek.): 5,8
  • Getriebe: Eingang-Automatik
  • Verbrauch EU-Drittelmix (kWh/100 km): 18,7
  • Gewicht (kg): 2.218
  • max. Zuladung (kg): 472
  • Abmessungen (L/B/H): 4.713mm / 1.881mm / 1.624mm
  • Ladevolumen (Liter): 402 bis 1.420

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