Eigentlich war es wie immer. Beim gestrigen Neujahrsempfang des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) in Berlin mit rund 700 Gästen aus Wirtschaft und Politik gab es fast durchweg freundliche Reden. Zur Stärke und Innovationskraft der deutschen Autobranche und auch ihrer Zulieferer. Dass man die anstehenden Probleme garantiert meistern werde. Kein direktes Wort über den Klimawandel, über Fridays for Future und all diesen Kram. Man beließ es da bei Andeutungen.

Daimler-Chef und VDA-Vize Ola Källenius befand, dass vieles schon auf einem guten Weg sei und dankte der Politik für ihre Unterstützung. Er schimpfte ein bisschen über die EU-Kommission, „die die Klimaziele für unsere Branche neu diskutieren will.“ Er forderte Planungssicherheit, die Flottengrenzwerte für 2025 und 2030 seien ja gerade mal ein Jahr alt. Natürlich erwähnte er dabei nicht, dass Mercedes samt Smart schon jetzt Mühe hat, den aktuellen Flottengrenzwert von 100 Gramm pro Kilometer zu erreichen. Mit weiter optimierten Verbrennungsmotoren allein ist das nämlich nicht zu schaffen, mit einer Handvoll Elektroautos und Plug-in-Hybriden auch nicht .

Källenius sprach lieber ganz allgemein über die großen Anstrengungen im »Transformationsprozess« hin zu einer emissionssfreien Mobilität. Klar, die Autoindustrie habe sich da längst auf den Weg gemacht und arbeite mit großer Begeisterung daran. „Wir wollen den Klimaschutz voranbringen, indem wir die Kunden mit zukunftsweisenden Technologien und faszinierenden Produkten überzeugen.“ Dafür gab es netten Beifall von allen Gästen. Im Hinterkopf hatten die anwesenden Branchenprofis dabei aber garantiert auch den holprigen Verkaufsstart des Mercedes-Vorzeigestromers EQC.

Von Umwelt und Wohlstand

Der geladene Wirtschaftsminister Peter Altmaier plauderte wenig später artig über sein Studentenauto, das noch nicht mal über ein Antiblockiersystem verfügt habe. Er forderte ebenfalls gemeinsame Kraftanstrengungen der Automobilhersteller und Zulieferer für den Strukturwandel hin zur Mobilität der Zukunft. Und natürlich die von ihm immer gern ins Spiel gebrachte „Technologieoffenheit“, in die neben Wasserstoff auch Verbrennungsmotoren mit alternativen Kraftstoffen eine Rolle spielen. Überhaupt ginge es um Umwelt und Wohlstand, wobei Altmaier das »und« besonders kräftig betonte. Größerer Beifall.

Übersetzt hieß das: Ruhig Blut, keine Einschränkungen, den Wähler nicht mit unangenehmen Wahrheiten verschrecken. Kein Wort zu der längst versprochenen, aber immer noch nicht realisierten Erhöhung der Umweltprämie für Elektroautos. Und Minuten später plädierte der hier nett begrüßte Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für „die Freiheit der Bürger, selbst zu entscheiden, wie sie denn mobil sein wollen.“ Im Klartext: Am besten bleibt alles wie bisher.

Müller: „Innovationsweltmeister bleiben“

Die Tonalität nahm die neue VDA-Präsidentin Hildegard Müller gerne auf. Deutschland müsse Innovationsweltmeister bleiben, forderte sie – als ob Teile der Branche bei der Elektromobilität nicht schon ein wenig den Anschluss verloren hätten. Die Flutung der Straßen mit vollelektrischen Autos ist ja auch dieses Jahr nicht zu erwarten. Aktuell vermittelt nur der VW-Konzern das Gefühl, dass man dort die Zeichen der Zeit erkannt hat. Trotzdem haben auch die Wolfsburger große Mühe, aufgrund von Software-Problemen den Start des vollelektrischen Volksautos ID.3 wie geplant „im Sommer“ zu meistern.

Von Müller gab es immerhin ein klares Statement zu dem großen, bösen Thema, das bei den anderen Rednern nicht direkt auftauchte: „Wir nehmen den Klimawandel ernst“, versprach sie.

„Unternehmen, das nach Europa kommt“

Tesla-Boss Elon Musk, der gerade dabei ist, am Rand der Hauptstadt die nächste „Gigafactory“ für eine Jahresproduktion von bis zu 500.000 Elektroautos hochzuziehen, hätte sich über solche Sprüche sicher amüsiert. Sein Unternehmen wurde beim Neujahrsempfang übrigens nur ein einziges Mal auf der Bühne erwähnt. Auch wenn der Name Tesla selbst nicht fiel: „Wir müssen erreichen, dass nicht nur dieses eine Unternehmen, das jetzt nach Europa kommt, für die Zukunft der Autoindustrie steht“, sagte Peter Altmaier. Das könnte knapp werden.

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1 Kommentar

  1. haarthhoehe

    Warum kommt da bei mir keine innere Freude auf, wenn sich die deutsche Automafia mit der Politik trifft, um sich gegenseitig Mut zuzureden? Weil dieser Kreis mich maßlos enttäuschte. Nach 30 Jahren Opel bin ich zum Hybridfahrer mutiert und das schon länger. Warum?
    1997 wurde der erste Hybrid von Toyota vorgestellt. Die deutsche Autoführung hat sich in Detroit ums Auto aufgereiht und hat die Japaner ausgelacht. Zukunft ist der Diesel. 2003 kam dann der Prius 2, in Deutschland eine neue Dieseleinspritzung. 2009 kam der Prius 3, bei uns neue Diesel. 2014 lässt man den ersten Brennstoffzellen-Mirai vom Band, in Deutschland immer noch Diesel. Dann 2015: Dieselgate und peng. Und jetzt faseln die immer noch von neuen Technologien, Umweltfreundlichkeit und Wohlstand. Kein deutscher Hersteller wird wohl die (95+x-) gr.CO2/100 km-Grenze 2021 erfüllen. Und die entwickeln immer noch 8-Zylindermotoren. Ist eigentlich egal, die Politik wird es schon richten, mit gesundem Menschenverstand natürlich. Ich für meinen Teil nehme jedenfalls diese Veranstaltung nicht ernst, dafür muss erst ein Saulus zum Paulus werden.

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