Um die Erderwämung zu stoppen und die Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu erreichen, müssen die Treibhausgas-Emissionen CO2-Emissionen in der Luft schnell, umfassend und nachhaltig verringert werden, hat der 6. Sachsstandsbericht des Weltklimarats IPCC jetzt erneut deutlich gemacht. Das gilt insbesondere für den Straßenverkehr, der aktuell weltweit etwa 12 Gigatonnen CO2 im Jahr in die Luft bläst und damit für rund ein Viertel aller anthropogenen, also von Menschen verursachten Triebhausgas-Emissionen verantwortlich ist. Fast die Hälfte davon gehen auf das Konto von Personenautos und den Individualverkehr. Ohne Verhaltensänderungen, politische Maßnahmen zum Klimaschutz und ohne eine Antriebswende würden diese bis zum Jahr 2050 nach Schätzungen von Experten auf 21 Gigatonnen im Jahr ansteigen.
Auf dem Weg zum klimaverträglichen Straßenverkehr führt am Elektroauto kein Weg vorbei. Zu diesem Schluss kam jetzt das International Council on Clean Transportation (ICCT) in einer Metastudie. Die Nichtregierungsorganisation erstellte Gesamt-Ökobilanzen für Pkw mit unterschiedlichsten Antriebskonzepten – vom Benziner und Diesel über solche Erdgasantrieb bis hin zu Elektroantrieben in verschiedensten Konstellationen – und kam dabei zu einem klaren Urteil: Am Elektroauto führt kein Weg vorbei. Nur dieses sei nach heutigem Stand der Technik in der Lage, bis 2050 die CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr um bis zu 80 Prozent zu reduzieren. Sowohl in Europa, als auch in den USA, in China oder Indien – auch für diese Regionen hat das ICCT Berechnungen angestellt.
Das ICCT sieht die Potenziale zur Verbrauchsminderung und CO2-Reduzierung bei Benzinern und Dieselfahrzeugen weitgehend ausgereizt. Auch größere Beimischungen von Biokraftstoffen würden die Belastungen des Klimas durch diese Antriebsform nicht wesentlich reduzieren. Die Organisation rät deshalb dazu, die Produktion von Fahrzeugen mit Verbrennungskraftmaschinen zwischen 2030 und 2035 weltweit zu stoppen. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 15 Jahren (18 Jahre sind es in Europa) wäre diese dann im Jahr 2050 weitgehend verschrottet und aus dem Bestand verschwunden – gefahren würde dann ausschließlich elektrisch.
E-Autos jetzt schon klimafreundlicher als Verbrenner
Wobei Elektroauto nicht unbedingt Batterieauto heißen muss: In etwa der gleiche Klimaeffekt ließe sich nach der Studie mit Brennstoffzellenautos erzielen. Dazu müsste allerdings der zum Betrieb erforderliche Wasserstoff komplett mithilfe regenerativer Energien gewonnen werden – und die Produktion von Wasserstoff massiv gesteigert werden. Denn die allein schon verschlinge sechsmal so viel Energie als bei einer Verwendung des Stroms zum direkten Fahrzeugantrieb über eine Batterie.
Das Interessante an der Studie ist, dass sie die erschiedenen Antriebskonzepte nicht allein im Fahrbetrieb über die gesamte Lebenszeit des Autos untersucht hat, sondern eine Gesamt-Ökobilanz erstellt, also auch die Erzeugung der Kraftstoffe und des Stroms sowie die Produktion des Fahrzeugs in die Berechnung einbezieht. Demnach hat das Batterieauto jetzt schon Vorteile gegenüber Verbrennern in einer Größenordnung zwischen 66 bis 69 Prozent – je nachdem, wie der Strom in den einzelnen Regionen gewonnen wird.
Plug-in Hybride nur eine Übergangslösung
Und in den kommenden Jahrzehnten dürften sich die klimarelevanten Vorteile dieser Antriebsform noch verstärken – durch den wachsenden Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung, aber auch durch technische Fortschritte bei der Batterieentwicklung. Nach heutigem Stand der Technik verursacht die Produktion eines Benziners oder Diesels der Golfklasse (sowie das Recycling des Fahrzeugs) nach Berechnungen des ICCT etwa 7,2 Tonnen Kohlendioxid. Beim Plug-in-Hybrid gleicher Größenordnung sind es sogar 7,9 Tonnen CO2 – und die Batterie kommt noch obendrauf. Für das ICCT sind die Teilzeitstromer deshalb nur eine Übergangslösung – auch sie sollten spätestens 2035 nicht mehr produziert werden.
Deutlich besser schneiden da mit 6,5 Tonnen reine Elektroautos ab – egal, ob mit Batterie oder mit Brennstoffzelle. Der Pferdefuß: Die Herstellung der Batterie bzw. der Brennstoffzelle ist in der Berechnung noch nicht enthalten. Die Herstellung eines Lithium-Ionen-Akkus in Europa veranschlagt das ICCT mit einem CO2-Ausstoß von 54 Kilogramm pro Kilowattstunde (kWh) Speicherkapazität, in China wegen des höheren Anteils fossiler Energien an der Stromerzeugung mit 69 Kilo CO2/kWh. Bei einem Elektroauto mit einer 70 kWh-Akku kommt da zum Start ein „Klima-Rucksack“ von 4,2 Tonnen CO2-Equivalent obendrauf, der über die Betriebsdauer erst abgetragen werden muss. Für die Produktion von Brennstoffzelle und Wasserstofftanks setzt das ICCT in etwa den gleichen Wert an – bei einem Auto vom Kaliber eines Toyota Mirai kommen 3,4 Tonnen CO2 zusammen, bei einem SUV vom Kaliber eines Hyundai Nexo 4,2 Tonnen.
E-Fuels zu teuer – und ohne großen Effekt
Doch bei den Batterien sehen die Experten noch große Verbesserungspotenziale – in der Herstellung und den Einsatz Erneuerbarer Energien, aber auch bei der Energiedichte und beim Recycling, was die Klimafreundlichkeit der Stromer in den kommenden Jahren deutlich verbessern sollte. Ähnliche Effekte erhoffen sie sich von der Optimierung der Elektroantriebe: Die Ökobilanz der Batterieautos basiert auf durchschnittlichen Verbrauchswerten aus dem Jahr 2019 in Höhe von 19,9 kWh/100km bei Kleinwagen und von 21,9 kWh/100 km bei batteriebetriebenen SUVS. Mercedes-Benz beispielsweise hat sich das Ziel gesetzt, in den nächsten fünf Jahren den Energieverbrauch der Stromer auf unter 10 kWh/100 abzusenken.
Auch vor dem Hintergrund empfiehlt das ICCT der Politik, sich auf die Technologien und Pfade mit dem größten CO2-Minderungspotenzial zu konzentrieren: Batterie-, aber auch Brennstoffzellenantriebe – sofern das Wasserstoff klimaneutral gewonnen werden kann. Erdgasautos und Plug-in-Hybride hingegen brächten nur geringe Vorteile gegenüber Benzinern und Dieselautos – in diese Technologien sollten keine Fördergelder mehr fließen. Für Plug-in-Hybride sollten zudem Maßnahmen überlegt werden, die sicherstellen, dass die Akkus der Autos regelmäßig geladen werden. Die entsprechenden Daten könnten etwa bei Inspektionen ausgelesen werden und in eine steuerliche Incentivierung einfließen.
Und E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoff-Basis? Sind nach Einschätzung des ICCT zu teuer und auf absehbare Zeit nur in so geringen Mengen vorhanden. Zudem sei der Minderungs-Effekt für die CO2-Emissionen im Jahr 2030 mit nur zwei Prozent so gering, dass sich weitergehende Diskussionen erübrigten. Wenn, dann sollten E-Fuels in der Luftfahrt eingesetzt werden. Aber nicht im Straßenverkehr.