Dass es bei der Antriebswende hakt, liegt längst nicht mehr am fehlenden Fahrzeugangebot. Denn interessante Elektroautos mit ordentlichen Reichweiten und zu erschwinglichen Preisen gibt es inzwischen reichlich. Und zahlreiche günstige Leasingangebote obendrein. Und auch das Argument, dass es zu wenig öffentliche Ladestationen für Elektroautos gibt, zieht nicht mehr – wie aktuelle Zahlen der Bundesnetzagentur belegen.

Ende vergangenen Jahres gab es demnach in Deutschland knapp 121.000 Punkte, an denen Wechselstrom (AC) geladen werden konnte – 19 Prozent als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Dazu kamen 33.500 Ladepunkte, an denen mit Leistungen von über 50 Kilowatt Gleichstrom (DC) aufgenommen werden kann. Das waren knapp 40 Prozent mehr als Ende 2023.

AC-Ladesäulen rechnen sich nicht

Allerdings ist die Qualität der Ladestationen im Netz nach wie vor heterogen. Rund 28.000 Ladepunkte lieferten Wechselstrom lediglich mit einer Leistung zwischen 3,7 bis 15 Kilowatt. Und knapp 90.000 Ladepunkte stellten den Fahrern eines Elektroautos maximal 15 bis 22 Kilowatt zur Verfügung.

Schnarchlader
AC-Ladesäulen in der Stadt werden überwiegend zum nächtlichen Laden eines Elektroautos genutzt. Der Ladepunkt ist dadurch meist stundenlang belegt - darüber zerbricht jedes Geschäftsmodell. Foto: Stadtwerke Düsseldorf
Schnarchlader
AC-Ladesäulen in der Stadt werden überwiegend zum nächtlichen Laden eines Elektroautos genutzt. Der Ladepunkt ist dadurch meist stundenlang belegt – darüber zerbricht jedes Geschäftsmodell. Foto: Stadtwerke Düsseldorf

Deutlich schneller fließt der Strom an den sogenannten Hyperchargern. Gab es Ende 2023 noch 9000 Punkte in Deutschland, an denen Gleichstrom mit 149 bis 299 Kilowatt in den Akku strömen konnte, ist das Angebot nach den Zahlen der Bundesnetzagentur inzwischen auf 12.000 Ladepunkte angewachsen. Das stärkste Wachstum gab es bei den Stationen mit Ladeleistungen von über 300 Kilowatt.

Denn diese Stationen rechnen sich trotz deutlich höherer Investitionen aufgrund des hohen Durchsatzes schneller als die in den Aufbau eines Netzes von „Schnarchladern“, an denen Elektroautos über Nacht ihre Akkus füllen. Nach den Analysen für den „Charging Radar“ von TheonData und Cirrantic für EDISON werden im Netz monatlich rund vier Millionen Ladevorgänge registriert. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Zuwachs von rund 85 Prozent. Auf deren anderen Seite aber auch nur durchschnittlich 25 Ladevorgänge im Monat.

Viele weiße Flecken im Osten

Die Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen aber noch eines: Was die Dichte des Ladenetzes anbetrifft, sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern immer noch beträchtlich. Die meisten Ladesäulen in Relation zur Bevölkerungszahl stehen demnach in Bayern, knapp gefolgt von Nordrhein-Westfalen sowie Baden-Württemberg. Nur mäßig ist die Versorgung mit öffentlicher Ladeinfrastruktur in den relativ dicht bevölkerten Stadtstaaten Berlin und Bremen. Auch in Hamburg (3236 öffentliche Ladepunkte für rund 40.000 registrierte E-Autos) kommt der Ausbau der Ladeinfrastruktur trotz politischer Willensbekundungen nur schleppend voran.

Neues Geschäftsfeld 
Die Zukunft gehört der Elektromobilität. Da muss auch ein Tankstellenbetreiber wie BP/Aral umsteuern: Statt in neue Tankstellen investiert die Mineralölgesellschaft nun verstärkt in neue Ladeparks. Foto: Aral
Neues Geschäftsfeld
Die Zukunft gehört der Elektromobilität. Da muss auch ein Tankstellenbetreiber wie BP/Aral umsteuern: Statt in neue Tankstellen investiert die Mineralölgesellschaft nun verstärkt in neue Ladeparks. Foto: Aral

Besonders schlecht ist die Versorgungslage für Fahrer eines Voll- und Teilzeitstromers mit Stecker in Ostdeutschland. In Thüringen gibt es nur rund 2.000 öffentliche AC-Ladepunkte und 1.000 DC-Lader. In Sachsen-Anhalt gibt es 1.700 AC- und 800 DC-Ladepunkte, in Mecklenburg-Vorpommern 1.400 AC- und 500 DC-Lademöglichkeiten. Die Elektromobilisten in Sachsen sind da mit 4293 „Schnarchladern“ und 1352 Schnelllader noch vergleichsweise gut versorgt.

Ausbau des Netzes geht zügig voran

Doch in Summe geht der Ausbau des öffentlichen Ladenetzes schneller voran als die Antriebswende im Neuwagengeschäft. Aktuell teilen sich nach den Erhebungen für den „Charging Radar“ bundesweit etwa 17 Elektroautos einen freizugänglichen Ladepunkt – ein Jahr zuvor lag die Relation noch bei 21 zu 1. Und der Aufbau des von der Bundesregierung geförderten „Deutschlandnetzes“ hat gerade erst Fahrt aufgenommen. Rund 9.000 Schnellladepunkte an 1000 Standorten sollen die noch bestehenden „weißen Flecken“ auf der Ladelandkarte bis 2026  schließen.

Neueröffnung in Bad Driburg 
Fastned aus den Niederlanden hat kürzlich in Bad Driburg seine zweite Schnelladestation im Rahmen des Deutschlandnetzes eröffnet. Europaweit betreibt das Unternehmen bereits 346 Ladestationen, 44 davon inzwischen in Deutschland. Foto: Fastned
Neueröffnung in Bad Driburg
Fastned aus den Niederlanden hat kürzlich in Bad Driburg seine zweite Schnelladestation im Rahmen des Deutschlandnetzes eröffnet. Europaweit betreibt das Unternehmen bereits 346 Ladestationen, 44 davon inzwischen in Deutschland. Foto: Fastned

Erst kürzlich gab der niederländische Ladenetzbetreiber Fastned die Eröffnung seiner zweite Schnellladestation bekannt, die im Rahmen des Deutschlandnetzes entstand. An der Bundesstraße 64 mitten im Teutoburger Wald können seitdem Elektroautos an acht Ladepunkten mit jeweils bis zu 400 kW Ladeleistung Strom aufnehmen. Damit betreibt Fastned inzwischen 42 Schnellladestationen in Deutschland. Größter Anbieter von Ladestationen in Deutschland ist allerdings der schwäbische Energieversorger EnBW, der in seinem Hypernetz an über 1000 Standorten rund 7000 Schnellladepunkte betreibt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen Eon (4.300 Ladepunkte) und Tesla (3.000 Ladepunkte). Und mit Shell und Aral sind inzwischen auch die großen Mineralölgesellschaften in das Geschäft eingestiegen. Shell will bis zum Jahr 2030 rund 3000 Schnellladepunkte an seinen deutschen Tankstellen errichten. Das Netz von Aral pulse zählt bereits über 1800 Ladepunkte an über 270 Standorten – Tendenz steigend.

Das größte Problem

(Mitarbeit: Philipp Solberg)


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