Die Antriebswende – der Umstieg vom Verbrenner auf ein Elektroauto – wird nach Ansicht der Autoindustrie nicht durch Kaufprämien gefördert, sondern durch geringere Stromkosten an öffentlichen Ladesäulen. „Für die Mobilitätswende ist es entscheidend, dass das Laden von Elektrofahrzeugen einfach und transparent ist – und vor allem einen Preisvorteil bietet“, sagte dieser Tage Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) in einem Positionspapier. Dass an öffentlichen Ladestationen derzeit für die Kilowattstunde Strom das Zwei- bis Dreifache des Preises für Haushaltsstrom gezahlt werden müsse, „ist schlichtweg nicht tragbar.“
Aber es ist die traurige Wahrheit, wie die Auswertung der Ladevorgänge durch die Spezialisten von Cirrantic und TheonData für den „Charging Radar“ von EDISON belegt. Ende Januar wurden demnach an den öffentlichen Ladesäulen in Deutschland beim Ad-hoc-Laden eines Elektroauto im Schnitt 70 Cent für die Kilowattstunde Wechselstrom aufgerufen – sechs Cent mehr als zum Jahreswechsel. Am Schnelllader kostete die Kilowattstunde Gleichstrom durchschnittlich 75 Cent – erstaunlicherweise zwöf Cent weniger als noch Ende vergangenen Jahres.

Die Kilowattstunde Wechselstrom an öffentlichen Ladesäulen kostet hierzulande mittlerweile im Schnitt 70 Cent – da kann man das Elektroauto während einer kurzen Pause auch gleich an eine Schnellladesäule anschließen: Dort ist der Strom nur geringfügig teurer.
Allerdings gab es hier wie da kräftige Ausreißer bei den Stromkosten – nach oben wie nach unten. So kostete der Strom – ob Gleich- oder Wechselstrom – bei einigen Ladepunktbetreibern und e-Mobility-Serviceprovidern Ende Januar bis zu 1,05 Euro/kWh. Bei anderen hingegen waren es lediglich 47 Cent für die Kilowattstunde Wechselstrom und 55 Cent für die gleiche Menge Wechselstrom.
Wechsel- und Gleichstrom kosten beinahe gleich viel
„An den Ladesäulen zeigt sich eine zunehmende Annäherung der Preise für Wechsel- und Gleichstrom ab“, kommentierte Ludwig Hohenlohe, der geschäftsführende Gesellschafter von TheonData Solutions, die Ergebnisse der jüngsten Analyse. „Für Kunden macht es also preislich kaum mehr einen Unterschied, ob AC oder DC geladen wird.“

Die Entwicklung der durchschnittlichen Kilowattstundenpreise (fette Linie) an den öffentlichen Schnellladepunkten zeigt zum Jahresbeginn eine kräftige Abwärtsbewegung. Zu sehen sind in der Grafik auch die jeweils höchsten und niedrigsten Preise.
Allerdings gibt es auch eine positive Entwicklung: Nachdem die Durchschnittspreise im Verlauf des vergangenen Jahres kontinuierlich gestiegen waren (für die Kilowattstunde wurden im vergangenen Jahr stellenweise bis zu 1,37 Euro an öffentlichen Schnellladepunkten aufgerufen), zeichnet sich zuletzt eine Kehrtwende bei den Stromkosten ab: „Die Preise fallen wieder“, so Hohenlohe. Dennoch liege das Niveau der Durchschnittspreise bei Wechselstrom (AC) immer noch sieben Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats. Bei Gleichstrom (DC) betrage der Unterschied sogar zwölf Prozent.
Ausbau der Ladeinfrastruktur geht voran
Trotzdem – oder gerade weil die Preisunterschiede schrumpfen – wird inzwischen häufiger an DC-Ladepunkten Strom gezapft als an den langsamen „Schnarchladern“. Insgesamt 4,75 Millionen Ladevorgänge bedeuteten ein Plus von 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Die Auslastung der Ladeinfrastruktur stiegt darüber auf durchschnittlich 29 Ladevorgänge pro Ladepunkt im Monat: Viele Ladesäulen werden wegen schlechter Lage oder hoher Strompreise dort nur selten bis gar nicht genutzt – an anderen stauen sich die Elektroautos.

Rein rechnerisch teilen sich derzeit in Deutschland 15 Elektroautos – Plug-in-Hybride eingeschlossen – einen öffentlichen Ladepunkt. Der Verband der Automobilindustrie hält eine Relation von 10 zu 1 für ideal. Da gibt es also noch einiges an Infrastruktur aufzubauen.
Der VDA mahnt in seinem Positionspapier neben fairen Stromkosten einen weiteren raschen Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur an. Auch in dem Punkt vermeldet der Charging Radar eine positive Entwicklung: Ende Januar standen den Fahrern von Elektroautos 166.124 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung – die rund 3600 Supercharger, die Tesla an über 200 Standorten unterhält, kommen noch obendrauf. Bei einem Bestand von 1,65 Millionen Batterieautos und 967.423 Plug-in-Hybriden mussten sich zum Jahreswechsel also derzeit rein rechnerisch gut 15 Elektroautos einen Ladepunkt teilen: Die Relation sah schon einmal schlechter aus.
Und im neuen, billionenschweren Schuldentopf der Bundesregierung sollte auch die eine oder andere Milliarden für den weiteren Ausbau des Ladenetzes stecken. Kommt ja alles dem Klima zugute.