Am Anfang war der Kork. Oder Korkersatz, der aus einheimischen Pflanzen gewonnen wurde um daraus Dichtungen zu fertigen. Als Naturkork auf dem Weltmarkt allerdings so preisgünstig wurde, reagierte das Unternehmen aus Hiroshima schnell und sattelte auf den Maschinenbau um. Aus der Toyo Cork Kogyo Company wurde Mazda Motors.

100 Jahre später steht das japanische Unternehmen wieder an einer Wegscheide: Das Zeitalter der Autos mit Verbrennungsmotoren neigt sich dem Ende entgegen, die Ära der Elektromobile beginnt. Und wieder demonstriert das Unternehmen Wandlungsfähigkeit. Und wieder spielt Kork eine Rolle: Im Mazda MX-30, dem ersten selbständig entwickelten Elektroauto der Marke. Am 25./26. September kommt der kompakte Stromer in Deutschland in den Handel, zu Preisen ab 32.645 Euro (inklusive 16 Prozent Mehrwertsteuer) und mit zahlreichen Applikationen aus Naturkork, die dem Innenraum des Viersitzers einen besonderen Öko-Chic geben.

Ein X für Experimentierfreude

Die Modelle mit einem X in der Modellbezeichnung stehen bei Mazda für eine gewisse Experimentierfreude: Der kleine Roadster MX-5 kam Ende der 1990 Jahre auf den Markt, als andere Autohersteller diese Fahrzeuggattung eigentlich längst abgeschrieben hatten. Und der Mazda CX-5 kam 2011 auf den Markt, als längst noch nicht ausgemacht war, dass SUV auch in Ländern mit einem gut ausgebauten Straßennetz ein Erfolg sein würden. Nun versucht sich Mazda mit dem MX-30 auf dem wachsenden Markt für Elektromobile. Und wieder geht das Unternehmen seinen eigenen Weg.

Macht hoch die Tür, das Tor macht breit
Die „Freestyle-Türen erlauben den Verzicht auf die B-Säule, erfordern aber eine ausgeklügelte Ein- und Ausstiegs-Choreographie, wenn das Auto mit vier Personen besetzt ist.

Extravagantes Türkonzept

Einerseits mit einem unkonventionelle Türkonzept: Wie beim Experimental-Sportwagen RX-8 mit Wankelmotor öffnen sich Vorder- und Hintertüren auch beim MX-30 gegenläufig. Das erspart die B-Säule und sorgt für eine breitere Einstiegsöffnung, scheint also auf den ersten Blick eine smarte Lösung. Da sich aber die so genannten „Freestyle“-Türen verschränken müssen, um den Insassen bei einem Seitenaufprall ordentlich Flankenschutz geben zu können, können die Fondpassagiere das Fahrzeug nur verlassen, wenn zuvor der Fahrer oder Beifahrer (m/w/d) ihre Plätze räumen. Denn die Lehnen der Vordersitze wollen zuvor nach vorne geklappt, besser noch die Sitze komplett nach vorne gefahren werden. Das dauert. Zumal für beide Aktionen Elektromotoren per Knopfdruck in Bewegung gesetzt werden müssen. Wer das ähnliche Konzept im BMW i3 einmal zwei Jahre lang im Alltagsstress erlebt hat, mag davon nichts mehr wissen. Auch Neukunden könnte es abschrecken – so gemütlich es sich im Mazda auch auf der sofaähnlichen Rücksitzbank machen lässt.

Kein Lade-Weltmeister
An der AC-Säule lädt der Mazda Strom mit maximal 7,7 Kilowatt, am Schnelllader per CCS-Anschluss mit bis zu 50 Kilowatt. Foto: Christian Bittmann für Mazda

Noch mehr Überzeugungsarbeit werden aber die Mazda-Händler leisten müssen, wenn die Sprache auf den Antrieb kommt. Denn der MX-30 hat einen Lithium-Ionen-Akku an Bord, der lediglich 35,5 Kilowattstunden (kWh) Strom speichert, von denen schätzungsweise nur etwa 32 kWh) für den Fahrbetrieb zur Verfügung stehen. Während andere Autohersteller sich gerade ein Wettrüsten um die größte Antriebsbatterie und Reichweite liefern, predigt Mazda in dem Punkt Bescheidenheit. Motto: Mehr braucht kein Mensch – und schadet obendrein der Umwelt.

260 Kilometer Reichweite perfekt für Pendler

Christian Heider aus dem Produktmarketing bei Mazda Deutschland führte bei der Vorstellung des MX-30 in Leverkusen viele gute und richtige Argumente an. Eine große Batterie verschlingt in der Herstellung mehr Energie, verschlingt mehr Rohstoffe und trage deshalb schon beim Start einen schweren CO2-Rucksack mit sich herum. Zudem beeinträchtige das hohe Gewicht der Batterie die Agilität des Fahrzeugs und erhöhe den Energieverbrauch. Insofern, so seine Schlussfolgerung, sei die Batteriekapazität von 35,5 KWh „die optimale Balance“ aus Umweltfreundlichkeit und Alltagstauglichkeit: Mit einer theoretischen Reichweite von 260 Kilometern decke der Stromer die Mobilitätsbedürfnisse die Zielgruppe der Pendler „perfekt“ ab. Allerdings sind die Absatzerwartungen in Leverkusen für dieses Jahr auch nicht mehr allzu hoch gesteckt. Geplant war vor der Corona-Krise in Deutschland ein Verkauf von 2500 Einheiten des Modells, das im Stammwerk Hiroshima produziert wird.

Man wird sehen, ob die Rechnung aufgeht. In der Hinterhand hat Mazda für alle Fälle noch die Idee, die Reichweite des MX-30 mit Hilfe eines kleinen Kreiskolbenmotors zu vergrößern. Doch wann der „Range Extender“ im Wankel-Format verfügbar sein wird, kann zumindest in der Deutschland-Zentrale von Mazda derzeit niemand sagen. 260 Kilometer müssen also erst einmal reichen. Zum Nachladen auf längeren Strecken gibt es immerhin einen CCS-Anschluss, über den mit bis zu 50 Kilowatt geladen werden kann.

Kunstwerk mit Kork
Auf die schwebende Mittelkonsole sind die Mazda-Designer besonders stolz. Foto: Mazda

Aber genug der Theorie. Wie weit kommt der MX-30 tatsächlich und wie fährt er sich? Bei der kurzen Testfahrt durch das Bergische Land schlug sich der schicke Stromer achtbar. Der 107 kW (145 PS) starke Elektromotor an der Vorderachse beschleunigt den 1,6 Tonner zwar nicht atemberaubend, aber mit einem maximalen Drehmoment von 271 Newtonmeter durchaus kräftig: Tempo 100 sind in weniger als zehn Sekunden erreicht. Allerdings ist auf der Autobahn auch schon bei etwas mehr als 140 km/h Schluss. Um die flüssigkeitsgekühlte Batterie und natürlich die Umwelt zu schonen. Denn der Energieverbrauch steigt dann schnell auf Werte jenseits von 20 KWh pro 100 Kilometer – 260 Kilometer Reichweite sind dann schnell illusorisch.

Künstlicher Motorensound

Vielleicht auch deshalb hat Mazda den MX-30 mit einem Soundgenerator ausgestattet, der für künstliche Motorengeräusche sorgt: Je schneller das Auto fährt, umso vernehmlicher knurrt es. Mazda will dem Fahrer auf diese Weise angeblich helfen, die Fahrgeschwindigkeit besser einzuschätzen. Tatsächlich aber ist es wohl als Warnsignal gedacht. Und deshalb auch nicht abschaltbar. Schade. Denn eigentlich ist der Wagen sehr gut geräuschgedämmt und (gegen Aufpreis) mit einer exzellenten Soundanlage von Bose ausgestattet – perfekte Bedingungen eigentlich für einen ungestörten Musikgenuss unterwegs.

Keine Sorge: Es gibt ihn nicht nur Grau in Grau
Die (aufpreispflichtige) Zweitonlackierung steht dem Mazda MX-30 besonders gut.

Auch sonst ist der Mazda bestens ausgestattet. Mit einer Armada an Assistenzsystemen und einem Head-up-Display, das die wesentlichen Fahrinformationen auf die Windschutzscheibe projiziert. Die Rekuperationsleistung lässt sich über zwei Schaltwippen am Lenkrad je nach Topographie und Verkehrssituation in fünf Stufen einstellen – das weckt die Experimentierfreude im Fahrer. Denn mit der Rekuperationsstufe ändert sich auch die Fahrcharakteristik. So lassen sich auch in der Ebene Steigungen oder Gefällestrecke simulieren. Langeweile kommt da so schnell nicht auf.

Hohe Verarbeitungsqualität

Am schönsten ist es aber, mit dem MX-30 einfach nur durch die Landschaft zu cruisen. Der tiefe Schwerpunkt, aber auch die exzellente Fahrwerksabstimmung und die hohe Verarbeitungsqualität sorgen für einen Fahrkomfort, den man aus deutlich größeren Fahrzeugen kennt. Da kommt dann wirklich Fahrvergnügen auf – und ein Stromverbrauch von 17 kWh/100 km in Reichweite.

Damit kann der MX-30 sicher leicht punkten. Schwerer werden es die Mazda-Verkäufer haben, Kaufinteressenten vom extravaganten Türkonzept und dem ökologischen Reichweitenprinzip zu überzeugen. Aber vielleicht zieht ja auch schon der Hinweis auf die feinen Korkstrukturen am Türgriff und in der Mittelkonsole.

 

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2 Kommentare

  1. Mathias Richter

    Auszug …(in der 33.134 Euro teuren „First Edition“ serienmäßig) mit einer exzellenten Soundanlage von Bose ausgestattet – perfekte Bedingungen eigentlich für einen ungestörten Musikgenuss unterwegs….

    Das ist falsch – das BOSE Soundsystem ist nicht serienmäßig verbaut laut Mazda Deutschland in Leverkusen. (Aussage Chat)

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    • Franz W. Rother

      Ich habe noch einmal nachgehört. Die Bose-Anlage ist in der Tat aufpreispflichtig. Wir korrigieren das.

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