Die Stimmung bei CATL ist erstklassig. Das Kürzel steht für „Contemporary Amperex Technology Co. Limited“, den größten chinesischen Hersteller von Lithium-Ionen-Zellen. Ein Grund für die gute Laune ist, dass CATL zurzeit sämtliche Batteriezellen für die Basisversion des Tesla Model 3 liefert. Die Besonderheit liegt in der Mischung des Kathodenmaterials: Tesla baut auf Lithium-Eisenphosphat-Zellen, die wegen des Buchstabens F für Ferrum (Latein: Eisen) schlicht LFP genannt werden. 

Das Model 3 hat nach Abzug der so genannten Innovationsförderung einen Mindestpreis von 45.970 Euro. Nicht billig, aber die preisgünstigste Art, Tesla zu fahren. Die Reichweite beträgt nach WLTP inzwischen 491 Kilometer, weil Tesla bereits die zweite LFP-Generation von CATL mit geschätzt 60 statt ursprünglich 55 Kilowattstunden Energieinhalt installiert hat.

VW ID.2
Erschwinglich dank LFP-Zellen Der ID.2 von Volkswagen geht 2025 mit Lithium-Eisenphosphat-Zellen an den Start. Nur so lässt sich ein Basispreis von 25.000 Euro realisieren. Rendering: Reichel Car Design

Dieser Fortschritt steht symbolisch für das, was diese Zellchemie kann: Eine für viele Zwecke ausreichende Batteriekapazität zu einem vergleichsweise erschwinglichen Preis bereitstellen. Dazu kommt, dass LFP-Zellen sehr dauerhaltbar sind und nahezu kein Feuerrisiko haben. Die Prognose: Ab 2025 wird LFP zum Standard bei den Elektroautos diesseits des Premiumsegments, also den Stromern, die nochmals deutlich weniger kosten als ein Tesla Model 3. Die Masse wird LFP fahren. Und hergestellt werden diese Batteriezellen wahrscheinlich vorwiegend von den chinesischen Unternehmen CATL, BYD („Build Your Dreams“) und SVOLT.

Hohe Metallpreisen sorgen für Strategiewechsel

Die Erfolgsgeschichte von LFP-Zellen beginnt gerade erst. Hauptursache des Aufschwungs sind die hohen Metallpreise, die bei den heute von den meisten Elektroautos genutzten NMC-Kathoden zu einem Problem geworden sind. Nickel (N) kostet rund 30.000 Euro pro Tonne. Kobalt (C), liegt bei etwa 70.000 Euro. Die Kurse für Eisen und Phosphat dagegen sind tendenziell dreistellig. Die Autoindustrie hat längst begriffen, dass die steigenden Ressourcenpreise für NMC-Zellen nicht durch die ständigen und beeindruckenden Fortschritte bei Fertigung kompensiert werden können. Und so hat Volkswagen auf dem Battery Day vor einem Jahr klar gemacht, dass diese Kathodenzusammensetzung bald den eher hochpreisigen Autotypen vorbehalten ist, während die Volks-Wagen im Wortsinn LFP erhalten.

Das heißt konkret: Die für 2025 avisierten Volkswagen ID.1 und ID.2 (interne Bezeichnung MEB-Entry) werden ebenso LFP-Zellen bekommen wie das Derivat von Seat, das in Gestalt der Studie Urban Rebel als Andeutung der Serienversion gezeigt wurde. Mercedes wird den Nachfolger von EQA und EQB 2024 mit LFP-Batterien ausstatten. Und es wird nicht mehr lange dauern, bis Elektroautos von chinesischen Marken wie etwa der BYD Ora Cat und der BYD EA1 Dolphin nach Europa kommen.

800 Volt und LFP-Zellen im Kleinwagen

Der Kleinwagen BYD EA1 Dolphin basiert auf der Plattform 3.0 des Herstellers. Das großvolumige Zellformat nennt BYD Blade, also Schwert. Die BYD 3.0 Blade hat ein Spannungsniveau von 800 statt 400 Volt. So innovativ ist keine andere Plattform, und das Potenzial dieser Kombination aus Hochspannung und LFP-Zellen ist riesig. Die Vorteile von 800 Volt: Es werden weniger teure Kupferkabel gebraucht, die innere Effizienz und die Ladeleistung steigen.

Der vorübergehende Nachteil: Die Leistungselektronik, also zum Beispiel der Gleich- und Wechselrichter, kann nicht von der Stange gekauft werden. 800 Volt-Komponenten sind noch nicht so selbstverständlich wie jene mit 400 Volt. Das aber ist nur eine Frage der Zeit, denn wie so oft in der Autoindustrie gibt es eine Entwicklung Top-Down, von den luxuriösen Fahrzeugklassen nach unten. Porsche Taycan und Audi e-tron GT nutzen 800 Volt als Spannungsebene, und der Hyundai Ioniq 5 sowie der Kia EV6 machen das auch. Es geht weiter „abwärts“.

Wie groß der Preisvorteil von LFP-Batteriesystemen wirklich ist, macht die Autoindustrie nicht transparent. Branchenkenner gehen von mindestens 20 Prozent aus. Die größte Schwäche dagegen ist die Energiedichte. Hieran arbeiten die chinesischen Zulieferer hart, und in regelmäßigen Abständen werden auch schon Verbesserungen gezeigt.

CATL, BYD und SVOLT packen die Zellen immer dichter ins Gehäuse, um den Nachteil der Energiedichte auszugleichen. Das können sie tun, weil LFP-Zellen faktisch kein Risiko des gefürchteten thermischen Durchgehens, englisch Thermal Runayway, haben. Das Verhältnis von aktivem Material zu Verpackung wird immer besser. CATL nennt das direkte Verstauen der Zellen Cell-to-Pack (CtP). Und längst wird davon gemunkelt, man könne LFP-Zellen auch direkt in die Karosserie integrieren.

Die Energiedichte steigt weit genug

Im Überbietungswettbewerb der Energiedichte von LFP-Zellen hatte zuletzt SVOLT die Nase vorn und bietet ab Werkhttps://svolt.cn/en/shichang.php 200 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) an. Im fertigen System könnten das rund 180 Wh/kg sein. Wie viel CATL beim heute bestellbaren Tesla Model 3 exakt erreicht, ist unklar; es müssen überschlägig 125Wh/kg sein. Chinesische Batteriezellproduzenten haben eine große Dynamik, einmal vorgestellte Produkte kurzfristig an die Autoindustrie zu liefern.

Es wird also sehr wahrscheinlich bald die Einstiegsversion des Tesla Model 3 mit noch mehr Reichweite geben. Oder die gleiche Reichweite zu einem niedrigeren Preis. Elon Musk hat außerdem klar gesagt, dass auch die kommende Günstigvariante des SUVs Model Y LFP-Zellen bekommen wird. Dass die von Musk unter großem Tamtam präsentierte 4680-Zelle dadurch zunehmend unter Druck gerät, sieht ermutmaßlich pragmatisch – Tesla ist anders als die eher träge deutsche Autoindustrie jederzeit bereit, erkannte eigene Fehler sofort und mit einer gewissen Unbarmherzigkeit zu korrigieren.

Nach CATL wird dem Vernehmen nach BYD in Kürze Batteriezellen an Tesla liefern. BYD wiederum hat vor zwei Jahren ein Joint Venture mit Toyota gegründet. Toyota galt bis vor Kurzem als Elektroauto-Muffel. Das hat sich mit der Ankündigung von 16 Elektroautos durch Präsident Akio Toyoda im Dezember radikal geändert. Toyota ist bedeutsam: Kein Konzern hat 2021 so viele Autos verkauft. Die Japaner brachten 10,5 Millionen Fahrzeuge auf die Straße. Volkswagen hat 8,9 Millionen lediglich geschafft.

Langes Batterieleben

Es war immer typisch für Toyota, gerade jenen internationalen Kunden ein Angebot zu machen, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben wie jene von Premiummarken wie zum Beispiel Audi oder Volvo. Man will die weltweite Mittelschicht bedienen. Und so wird nach dem SUV bZ4X (Englisch ausgesprochen etwa bee zee for cross) eine Limousine erscheinen, die bei der Präsentation durch Toyoda-San bZ sdn (für bee zee sedan) hieß. Die Serienversion wird noch 2022 vorgestellt. Offen ist, ob dieses Elektroauto auch nach Europa kommt oder China vorbehalten bleibt. Es könnte ein unprätentiöser und direkter Konkurrent zum Model 3 sein.

Äußerst wahrscheinlich ist, dass der bZ sdn LFP-Batterien haben wird. LFP-Batterien sind im Vergleich zu jenen mit NMC-Kathode auch zyklisch haltbarer und insgesamt robuster. Eine Marke wie Toyota, bei der Solidität ein wichtiger Imagekern ist, wird das genauso begrüßen wie die Käufer im preissensiblen Segment.

LFP-Zellen mögen die Kälte nicht

Der deutlichste Nachteil in der Lebenspraxis bleibt die Kälteempfindlichkeit. Bei Minustemperaturen können LFP-Zellen so gut wie nicht geladen werden. Der Ladestrom wird also zuerst genutzt, um die Batterie zu erwärmen. Ein Malus, der durch geschicktes Temperaturmanagement zumindest abgeschwächt werden kann, wie die aktuellen Tesla Model 3 schon beweisen.

Das Merkmal der besten Batterie wird bis zum Ende des Jahrzehnts nicht mehr die höchstmögliche Reichweite sein. Vielmehr geht es darum, eine vernünftige, solide und massenbezahlbare Zellchemie zu etablieren. LFP hat gute Chancen, ganz weit vorne im Rennen zu sein. Dass diese Zellen nach jetzigem Stand fast ausschließlich von chinesischen Herstellern kommen, wo mit großem Ehrgeiz und viel Geld in die Weiterentwicklung investiert wird, sollte allen Beteiligten am Industriestandort Deutschland zu denken geben. Wer jetzt nicht einsteigt, wird kaum noch aufschließen können.

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2 Kommentare

  1. Quayle

    „Das Kürzel steht für „China Amperex Technology““

    Machen Sie „Contemporary Amperex Technology Co. Limited“ draus, dann passt das.

    Viele Grüße
    Quayle

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    • Franz W. Rother

      Danke für den Hinweis. Wir haben den Fehler korrigiert.

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