Die Entscheidung der EU-Kommission, in China produzierte Elektroautos mit Ausgleichszöllen zu belegen, um Hersteller in Europa zu schützen, dürften vor allem einen treffen: den Verbraucher. Denn die importierten Batterieautos von BYD, Geely und MG, aber auch von Smart, Mini, Volvo und Polestar werden sich durch die geplanten zusätzlichen Strafzölle zwischen 17,4 und 38,1 Prozent – die auf den regulären Zollsatz von zehn Prozent aufgeschlagen werden – massiv verteuern. Um ein Beispiel zu nennen: Der Basispreis für einen MG4 könnte von knapp 35.000 Euro auf über 47.000 Euro steigen, ein Polestar statt knapp 46.000 künftig fast 55.000 Euro kosten. Dies ergab eine erste Hochrechnung durch den Geschäftsführer des auf Elektroautos spezialisierten Troisdorfer Autohändlers Ludego, Dennis Hagemann.

Am Mittwoch (12. Juni) hatte EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis  bekanntgegeben, dass auf Elektroautos aus China wegen unfairer Subventionspraktiken ab 4. Juli mit einem Strafzoll belegt werden – gestaffelt nach der direkten und indirekten Unterstützung des Herstellers durch die chinesische Regierung, aber auch der Bereitschaft des Autobauers, mit der EU-Kommission bei dem Antidumpingverfahren zu kooperieren. Nach einem Bericht der „Financial Times“ soll die Maßnahme jährliche Einnahmen in einer Größenordnung von rund zwei Milliarden Euro generieren.

Made in China 
Der Cupra Tavascan wird im VW-Werk Anhui in China produziert und von dort nach Europa exportiert. Angeboten werden sollte er hier ab September zu Preisen ab 56.210 Euro - die nicht mehr zu halten sind, wenn der Strafzoll Bestand hat.
Made in China
Der Cupra Tavascan wird im VW-Werk Anhui in China produziert und von dort nach Europa exportiert. Angeboten werden sollte er hier ab September zu Preisen ab 56.210 Euro – die nicht mehr zu halten sind, wenn der Strafzoll Bestand hat.

Betroffen von der Maßnahme wären aber auch deutsche Autohersteller – sowie Tesla und Honda. Das Model 3 stammt ebenso wie der neue Honda ENy1 aus Werken in China. Und auch den Volkswagen-Konzern bringen die Pläne der amtierenden EU-Kommissare in die Bredouille: Cupra etwa lässt im VW-Werk Anhui sein neues Elektroauto Tavascan produzieren. Auf den Markt kommen sollte der E-SUV im September zu einem Basispreis von 56.210 Euro. Für das Topmodell mit Allradantrieb werden aktuell noch 60.780 Euro aufgerufen. Bei einer Erhöhung der Preise nur um 21 Prozent auf wenigstens 66.941 Euro bzw. über 70.000 Euro für den Allradler wäre das Modell wohl nicht mehr konkurrenzfähig. Schon gar nicht, wenn der Aufschlag 38,1 Prozent betragen würde – die genaue Höhe ist noch nicht bekannt.

Elektroautos droht ein neuer Preisschock

Laut Hagemann droht ähnliches auch dem Smart #1 und #3 bei einer Anhebung der Verkaufspreise von 37.490 auf 44.306 Euro bzw. von 50.990 auf 60.261 Euro. Auch für den neuen Mini Cooper und den Mini Aceman, den Volvo EX30 und das Tesla Model 3 würde es schwierig bis unmöglich, noch Käufer zu finden – all diese Modelle werden in China produziert und von dort nach Europa exportiert. Und eine schnelle Verlagerung der EX-30-Produktion nach Europa (das Modell soll ab 2025 auch im belgischen Gent gebaut werden) ist nicht so leicht zu realisieren, wie ein Volvo-Manager dieser Tage am Rande einer Fahrveranstaltung in Göteborg erklärte.

Made in China 
Aus Kostengründen lässt die Mercedes-Benz Group den Smart #3 bei Geely im chinesischen Xi‘an produzieren. Durch den neuen Strafzoll der EU könnten sich die Verkaufspreise in Europa ab Juli um fast 8000 Euro erhöhen. Foto: Smart
Made in China
Aus Kostengründen lässt die Mercedes-Benz Group den Smart #3 bei Geely im chinesischen Xi‘an produzieren. Durch den neuen Strafzoll der EU könnten sich die Verkaufspreise in Europa ab Juli um fast 8000 Euro erhöhen. Foto: Smart

„BYD könnte noch am besten durchkommen“, schätzt Hagemann. Weil das Unternehmen mit einem Zoll-Aufschlag von 17,4 Prozent noch vergleichsweise glimpflich davonkommt. Und auch, weil BYD bereits im kommenden Jahr sein erstes Automobilwerk in Ungarn in Betrieb nimmt und sich schon nach einem Standort für ein zweites Werk in Europa umsieht.

Auch Nio könnte der EU-Kommission ein Schnippchen schlagen und seine Elektroautos künftig ohne Akkus nach Europa bringen – vervollständigt würden sie erst beim Händler oder in einer der Batterie-Wechselstationen des Unternehmens. Great Wall Motor hat bereits angekündigt, bei einer zu hohen Belastung ihrer Batterieautos durch EU-Einfuhrzölle den Markt mit preiswerten Plug-in Hybriden zu fluten – die sind von dem Strafzoll nicht betroffen.

China droht mit Gegenmaßnahmen

Allerdings ist das Antidumpingverfahren der EU, das im Oktober vergangenen Jahres eingeleitet wurde, noch nicht abgeschlossen, sind die Strafzölle noch nicht von den EU-Mitgliedsstaaten freigegeben. In Gesprächen mit der chinesischen Regierung will die scheidende EU-Kommission in den kommenden Wochen noch eine „faire“ Regelung im bilateralen Automobilgeschäft suchen. Die Zeichen stehen derzeit allerdings eher auf Sturm und auf Handelskrieg: China hatte zum Schutz des eigenen Markts bereits eine Anhebung des Einfuhrzolls von 15 auf 25 Prozent auf Autos mit Verbrennungsmotor aus USA und Europa angedroht.

Feindliche Übernahme
2023 wurden bereits 19,5 Prozent aller in Europa verkauften Elektroautos in China produziert – im laufenden Jahr könnte der Anteil der Fahrzeuge aus chinesischer Produktion auf 25 Prozent steigen, so die Prognose Transport & Enviroment (T&E). Lediglich elf Prozent der Autos würde von chinesischen Herstellern importiert – das Gros von BYD. Grafik: T&E

Und die Reaktion auf die aktuellen Maßnahmen der EU fiel in Peking harsch aus: Die Entscheidung verstoße gegen die WTO-Regeln und verkenne die umfassende Kooperation chinesischer Unternehmen während der Untersuchung, kritisierte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Die Maßnahmen der Europäischen Kommission schadeten, so warnte er, nicht nur den Interessen der europäischen Verbraucher, sondern gefährden obendrein die Ziele der EU, zum Schutze des Klimas eine Antriebswende im Straßenverkehr herbeizuführen.

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