Prototypen von neuen Autos zeichnen sich häufig dadurch aus, dass im Vergleich zur Serienversion noch viele Dinge fehlen. Das können optisch störende Außenspiegel sein, aber auch Elemente der Innenausstattung wie Türgriffe oder Innenspiegel. Beim Cybercab von Tesla scheint aber praktisch alles zu fehlen, was bislang ein Auto, gar ein selbstfahrendes Elektroauto ausmacht. Doch der Prototyp dürfte sich in diesem Fall wenig von der Serienversion unterscheiden.
Ebenso wie den Cybertruck bringt Tesla auch das Cybercab nach Europa. Das Robotaxi wird demnach in ausgewählten Tesla Stores in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden und Norwegen präsentiert. Hierzulande wird das Auto, von dem es nur 19 Exemplare gibt, vom 22. November bis 8. Dezember 2024 im Tesla Store in der Mall of Berlin gezeigt. Eine Voranmeldung ist über diese Internetseite möglich.
Keine auffälligen Sensoren
Immerhin: Das Cybercab hat noch vier Räder, zwei Türen und eine Heckklappe, ist also von außen durchaus als ein Auto zu erkennen. Doch der Unterschied zu den Robotaxis von Waymo, Cruise oder VW könnte größer kaum sein. Während diese schon von weitem durch den Laserscanner und die Radarsensoren auf dem Dach auffallen, hat das Cybercab ebenso wie andere Tesla nur Kameras an Bord. Acht an der Zahl.
Nach der Enthüllung des autonomen Taxis Mitte Oktober 2024 durch Tesla-Chef Elon Musk fragte der Regisseur des Films „I, Robot“, Alex Proyas: „Hey Elon, kann ich meine Entwürfe zurückhaben?“ Bei geöffneten Türen erinnert das Cybercab aber auch entfernt an die goldenen Smarts, mit denen der Schokoladenhersteller Lindt vor einigen Jahren für seine Goldhasen warb.
Induktives Laden geplant
Neben den Außenspiegeln und Türgriffen fehlt bei dem Cybertaxi auch eine Ladebuchse. Diese ist nicht erforderlich, weil das Auto induktiv geladen werden soll. Details, wie die Ladeleistung, Motorleistung oder Akkukapazität nannte Tesla noch nicht. Auch ist offen, ob das Taxi mit Heck- oder Allradantrieb auf den Markt kommt.
Die Flügeltüren öffnen sich per Smartphone, wenn das Robotaxi bei den Fahrgästen angekommen ist oder man das Fahrzeug am Wartepunkt erreicht hat. Anders als beim Luxus-SUV Tesla Model X sind die Türen nicht oben am Dach angeschlagen, sondern wie üblich an der A-Säule. Eine kräftige Hydraulik drückt recht breit ausgefallenen Türen schräg nach oben. Das könnte je nach Standort des Fahrzeugs eng werden.
Der Innenraum ist recht spartanisch gehalten.
Kein Lenkrad und keine Pedale
Es gibt praktisch keinerlei Bedienelemente wie Lenkrad, Pedale oder Schalter, da das Auto nur für das vollautonome Fahren nach der Stufe 5 ausgelegt ist. In der Mittelkonsole befinden sich nur zwei Becherhalter und zwei Schalter, die später beispielsweise als Fensterheber oder Türöffner fungieren könnten. In der Mitte des Armaturenbretts ist wie bei Tesla üblich ein großer Bildschirm angebracht. Das war’s im Grunde schon. Dort, wo sich normalerweise der Innenspiegel befindet, befindet sich eine Kamera zur Innenraumüberwachung sowie Infrarotkameras.
Das Cybercab ist als Zweisitzer konzipiert. Der Kofferraum soll laut Tesla zwei Handgepäckstücke und zwei Koffer oder auch ein Fahrrad fassen. Allerdings wirkt er deutlich kleiner als beim Model Y, obwohl der Platz für die Rückbank nicht genutzt wird. Vor allem seitlich ist der Kofferraum enger ausgelegt. Einen Stauraum unter der Fronthaube gibt es nicht.
Geringer Verbrauch geplant
Nicht nur Tesla, auch der kroatische Hersteller Rimac setzt bei seinen autonomen Taxis auf Zweisitzer. Laut Rimac werden neun von zehn Fahrten von ein oder zwei Personen genutzt werden.
Auch Tesla geht davon aus, dass bei 82 Prozent der gefahrenen Kilometer nur ein bis zwei Personen befördert werden. „Um die niedrigsten Kosten pro Kilometer und die beste Energieeffizienz zu erreichen, sind zwei Sitze die beste Lösung“, schreibt das Unternehmen. Das Cybercab soll mit einer Kilowattstunde (kWh) neun Kilometer weit kommen. Das entspricht einem Verbrauch von 11,1 kWh pro 100 Kilometer. Ein vergleichbarer Benziner stoße sechsmal so viel CO2 pro Kilometer aus.
Kaufpreis unter 30.000 Euro
Angesichts der vielen Fahrzeugteile, die nicht mehr benötigt werden, ist es nicht verwunderlich, dass das Cybercab laut Tesla weniger als 30.000 US-Dollar kosten soll. Das kommt dem 25.000-Dollar-Auto, das Musk eigentlich „albern“ findet, schon ziemlich nahe.
Das Cybercab ist damit deutlich günstiger als die Robotaxis von Waymo und Cruise mit ihren teuren Sensoren. Zudem werden diese Autos aufwendig umgebaut. Das Cybercab dürfte aber vermutlich die gleiche Hardware und Plattform verwenden wie die normalen Teslas, die früher oder später ebenfalls das autonome Fahren nach Level 4 oder 5 beherrschen sollen.
Inwieweit das Cybercab über redundante Rechner sowie Brems- und Lenksysteme verfügt, ist unklar. Ebenso wie andere Hersteller müsste der US-Elektroautohersteller die Vorgaben zu Ausfallsicherheit der Systeme einhalten.
Trump-Regierung könnte Regulierung schaffen
Einem Bericht von Bloomberg zufolge will die kommende US-Regierung unter Donald Trump die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für selbstfahrende Autos nach der höchsten Stufe 5 priorisieren. Bislang scheiterten entsprechende Pläne am Widerstand des US-Kongresses. Tesla könnte stark davon profitieren. Entsprechende Erwartungen dürften zum Kursanstieg von fast 40 Prozent seit dem Wahltag beigetragen haben.
Musk strebt einen Produktionsstart im Jahr 2026 an. Bis dahin dürften sich sicherlich noch einige Details ändern. Ob das Cybercab dann tatsächlich über die weit ausladenden Flügeltüren verfügt, wird sich zeigen. Zudem ist noch unklar, wie die Infrastruktur für induktives Laden aufgebaut wird. Bei Rimac müssen die Autos zum Reinigen und Laden regelmäßig ein „Mutterschiff“ aufsuchen. Beim Cybercab ist hingegen eine „autonome Reinigung“ geplant, damit die Fahrzeuge stets verfügbar sind.