Das Schweizer, von zwei Deutschen gegründete Technologieunternehmen Climeworks hat auf Island die weltgrößte CO2-Filteranlage in Betrieb genommen. Die Carbon Capture and Storage (CCS)-Anlage mit dem Namen „Orca“ soll jährlich bis zu 4.000 Tonnen CO2 aus der Luft filtern, die von den Kooperationspartnern CarbFix und OnPower bis zu 2000 Meter tief in den vulkanischen Untergrund verpresst und dort mineralisiert werden.
Damit erreiche die CCS-Technologie erstmals industriellen Maßstab, erklärte Climeworks. Der Bau von „Orca“ begann im Mai 2020 und fand nun nach gut 15 Monaten seinen Abschluss. „Orca ist ein Meilenstein in der CO2-Luftfilterung und liefert eine skalierbare und flexibel reproduzierbare Blaupause für die zukünftige Expansion unserer Technologie“, erklärte Jan Wurzbacher. Der Deutsche ist Co-CEO und Mitbegründer von Climeworks.
Der Hersteller mit Sitz in Zürich, der 2009 aus der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich heraus entstand, arbeitet nach eigenem Bekunden weiter an der technischen Optimierung des Anlagenkonzepts. So ist es dem Unternehmen gelungen, den Stahleinsatz in den Kollektoreinheiten gegenüber der vorherigen Anlagengeneration um die Hälfte zu verringern.
Ziel von Climeworks ist es, weitere Standorte für die Technologie zu erschließen und Anlagen in immer größerem Maßstab zu entwickeln. Voraussetzung dafür ist die Verfügbarkeit von ausreichend erneuerbarer Energie und geologischen Speichermöglichkeiten.
Geothermisches Kraftwerk liefert die Energie
Denn der Prozess braucht viel Energie – weshalb viele ähnliche Projekte in der Vergangenheit scheiterten. Wurzbacher und sein Studienkollege Christoph Gebald entwickelten, angeregt durch ihren Doktorvater Aldo Steinfeld, daraufhin ein Filtersystem auf Zellulose-Basis. Wie ein Schwamm nimmt der kleinwagengroße Kollektor CO2-Moleküle mithilfe eines Ventilators aus der Umgebungsluft auf, bis er gesättigt ist. In der zweiten Phase des Prozesses wird der Filter unter Vakuuum gesetzt und auf 100 Grad erhitzt – die dafür nötige Energie liefert in Island das geothermische Kraftwerk Hellisheiði des isländischen Energieversorgers ON Power. Die nur lose anhaftenden CO2-Moleküle lösen sich dabei vom Filtermaterial und werden dann mit Unterdruck aus dem Kollektor gesaugt – und in die Erde geleitet.
In der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts will Climeworks erstmals Anlagen mit einer Megatonnen-Abscheidungskapazität in den Markt bringen. Schon mehr als 8.000 private Unterstützer Für die Finanzierung der eigenen Expansion schließt Climeworks Verträge mit Firmen und Privatpersonen. So haben sich nach jüngsten Angaben bisher über 8.000 Privatpersonen aus mehr als 50 Ländern per Abonnement an der Entwicklung der Technologie beteiligt.
Hinzu kommen diverse Firmen, mit denen der Anlagenbauer separate Verträge abgeschlossen hat, dazu gehört auch Swiss Re. Für den Rückversicherer filtert Climeworks in den kommenden zehn Jahren CO2 aus der Atmosphäre und hilft dem Unternehmen so bei der Verbesserung der Klimabilanz. Der Auftrag hat ein Volumen von 10 Millionen US-Dollar. Zuvor hatte Climeworks unter anderem bereits einen Kooperationsvertrag mit Microsoft geschlossen. Und auch der Autohersteller Audi ist dabei: Für die Ingolstädter wird „Orca“ als Kompensationsmaßnahme 1000 Tonnen CO2 in den Untergrund verpressen.
Klimaschutz befördert CCS-Projekte – außer in Deutschland
In Deutschland selbst hätte eine solche Anlage trotz aller Diskussionen über den Klimaschutz derzeit keine Chance: Viele Menschen fürchten hier, das hochkonzentrierte Treibhausgas könnte das Grundwasser verseuchen oder Erdbeben auslösen. Pläne für ein CCS-Pilotprojekt in Deutschland hat die Politik deshalb bereits 2011 auf Eis gelegt, obwohl deutsche Unternehmen bei der Technologie lange führend waren.
In Island und auch anderen Ländern gilt die unterirdische Verpressung des Treibhausgases als wirksame Methode, um die Erderwärmung zu bremsen – CCS-Projekt erfahren entsprechend Rückenwind. Auch das dänische Parlament bewertet die Technologie als unverzichtbare Methode für die Umsetzung der nationalen Emissionsziele und fördert deshalb unter anderem das Project Greensand: Im ehemaligen Erdöl-Lagerstätte Nini West in der dänischen Nordsee sollen ab 2022 zunächst 0,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr, bis 2030 jährlich bis zu acht Millionen Tonnen jährlich gespeichert werden – die Menge entspricht einem Viertel aller Emissionen in Dänemark. Einer der Projekttreiber ist die deutsche Wintershall Dea.
Und die Niederlande wollen mithilfe des von der EU geförderten Projekt PORTHOS („Port of Rotterdam CO2 Transport Hub and Offshore Storage“) über einen Zeitraum von 15 Jahren rund 37 Millionen Tonnen CO2 aus der Luft holen, komprimieren und über Pipelines zu nicht mehr genutzten Gasfeldern vor der Küste leiten und dort im Meeresboden verschwinden lassen. Die Hälfte der zum Klimaschutz angestrebten CO2-Reduzierung soll auf diese Weise bis 2030 erzielt werden. Die Pläne dafür entwickelte unter anderem das deutsche Bauunternehmen Bilfinger.
Wären Sie so nett und würden ihren Pressekontakt auf Island mitteilen?
Wir publizieren die Zeitschrift Nordland seit 1999 und wären an einer Berichterstattung interessiert.
Ich schicke Ihnen gleich eine Mailadresse von Climeworks.