Die Bundesregierung hat im Sommer die Novelle des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes (KSpG) auf den Weg gebracht. Sie soll erstmals den Export und die Offshore-Speicherung von CO2 in der Nordsee ermöglichen. Während Nachbarländer wie Dänemark und Norwegen längst CO2 in den Untergrund pressen, sucht Deutschland noch nach geeigneten Speicherorten. Die Onshore-Speicherung bleibt dagegen weitgehend den Bundesländern überlassen.

Wichtige Ausgangsfrage ist, ob es überhaupt geeignete Orte für die CO2-Speicherung in Deutschland gibt. Stefan Knopf von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) präsentierte kürzlich in einem Webinar der Carbon-Management-Allianz (CMA) eine aktualisierte Übersicht über Deutschlands Speicheroptionen. Die größten Potenziale liegen demnach in salzwasserführenden Aquiferen und in ausgeförderten Erdgasfeldern, vor allem im Norddeutschen Becken und in der deutschen Nordsee. Das Projekt „Geostor“ schätzt allein dort eine statische Speicherkapazität für 1 bis 5,5 Gigatonnen Kohlendioxid. Knopf betonte jedoch, dass es sich um theoretische Werte handelt: „Wir stehen erst am Anfang der detaillierten Standortcharakterisierung. Ohne seismische Erkundung, Bohrdaten und sozioökonomische Analysen bleibt vieles hypothetisch.“

Dänemark und Norwegen: Vorbilder mit klarer Regulierung

CCS (Carbon Capture and Storage) steht für die Abscheidung und Speicherung bzw. CCU (Carbon Capture and Usage) für die Abscheidung und Nutzung von CO2. Die Anwendung der CCS-/CCU-Technologie und ihre Wirkung für den Klimaschutz sind hierzulande umstritten – in den Nachbarländern weniger. Norwegen und Dänemark gelten als europäische Vorreiter, wie Anne-Mette Cheese, Senior Manager Germany bei Equinor und Vorsitzende des Sachverständigenrats der CMA, erklärte. Norwegen führte bereits 1991 eine CO2-Steuer für die Offshore-Öl- und -Gasproduktion ein – der Startschuss für das Sleipner-Projekt. Hier wird seit 1996 CO2 unter der Nordsee gespeichert. Heute sind dort 14 Speicherlizenzen vergeben.

Ab in die Tiefe 
Schema zur CO2-Speicherung in Sandsteinformationen unter der deutschen Nordsee: Schwer vermeidbares CO2 wird per Pipeline oder Schiff transportiert und in über 800 Meter Tiefe unter dem Meeresboden in poröse Sandsteinschichten eingebracht. Ein überlagerndes Barrieregestein verhindert das Entweichen. Grafik: Geostore
Ab in die Tiefe
Schema zur CO2-Speicherung in Sandsteinformationen unter der deutschen Nordsee: Schwer vermeidbares CO2 wird per Pipeline oder Schiff transportiert und in über 800 Meter Tiefe unter dem Meeresboden in poröse Sandsteinschichten eingebracht. Ein überlagerndes Barrieregestein verhindert das Entweichen. Grafik: Geostore

Zudem demonstriert das Longship-Projekt Europas erste vollständige Wertschöpfungskette für die Abscheidung, den Transport und die Speicherung industrieller CO2-Emissionen. Eines der aktuell bekanntesten Projekte ist jedoch Northern Lights, ein Joint Venture von Equinor, Total Energies und Shell. Der Speicher startete Ende August den Betrieb und lagerte erstmals CO2 in ein 2.600 Meter tiefes Speicherreservoir unter dem Meeresboden der Nordsee ein.

Auch Dänemark treibt die CO2-Speicherung voran. Von der Gesetzgebung im Jahr 2020 bis zur ersten Einspeicherung vergingen drei Jahre. Mit dem Greensand-Projekt wurde 2023 erstmals grenzüberschreitend CO2 aus Belgien in dänische Speicher injiziert. Der Staat ist über einen Fonds an allen Speicherlizenzen mit 20 Prozent beteiligt. Sowohl Norwegen als auch Dänemark zeigen, dass Regulierung, staatliche Verantwortung und Investitionen Hand in Hand gehen müssen, erklärte Cheese mit Blick auf die politische Rückendeckung der Projekte in den beiden Ländern.

Onshore-Speicherung: technisch machbar

Neben der Einlagerung von Kohlendioxid im Meeresuntergrund ist auch jene an Land möglich. Jochen Zemke von der Untergrundspeicher- und Geotechnologiesysteme GmbH (UGS) plädiert dafür, die CO2-Speicherung im Inland nicht vorschnell auszuschließen. Er mahnt, den Blick nicht zu sehr auf Offshore-Projekte zu verengen: „CO2 aus Deutschland sollte nach Möglichkeit auch in Deutschland gespeichert werden – um Wertschöpfung und Know-how im Land zu halten.“ Technisch, so Zemke, sei das nämlich längst machbar.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

„Die Speicheranforderungen sind klar definiert: Tiefe über 800 Meter, dichte Deckschichten und stabile geologische Strukturen.“ Seine Analysen zeigen: Deutschland verfügt über theoretische Onshore-Speicherpotenziale von bis zu 8 Gigatonnen CO2, insbesondere in Norddeutschland, aber auch in Teilen Süddeutschlands. In einzelnen Projekten wurde hierzulande bereits CO2 injiziert, so etwa im Forschungsprojekt „CO2MAN“ am Pilotstandort Ketzin in Brandenburg. Obwohl Brandenburg damals Vorreiter war – die Einspeicherung in Ketzin begann 2008 -, lehnt das von einem Bündnis aus SPD und BSW regierte Bundesland heute die Speicherung an Land und die sogenannte Länderöffnungsklausel ab. Danach können die Bundesländer selbst entscheiden, ob sie eine CO2-Speicherung vor Ort zulassen. Hingegen prüfen Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg diese Option.

Gegenwind gegen Vorhaben und Gesetze

„Wir haben nicht nur geologische, sondern auch gesellschaftliche Barrieren“, betonte Jochen Zemke. Der Widerstand in der Bevölkerung, langwierige Genehmigungsverfahren und konkurrieren de Flächennutzungen bremsen den Fortschritt. Zudem befeuern Umweltorganisationen und -unternehmen die Diskussionen. Zuletzt äußerten 100 von ihnen Bedenken und wandten sich in einem offenen Brief an die Regierung. Darin mahnten sie, dass die geplante Infrastruktur für CO2-Abscheidung und -Speicherung den Klimaschutz gefährde und Meeresschutzabkommen untergrabe.

Derzeit befindet sich die Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes im parlamentarischen Verfahren. Neben der Frage nach den Speicherorten steht auch die mögliche Nutzung der CO2-Abscheidung an Gaskraftwerken zur Debatte. Mehrere Sachverständige lehnen die Einstufung von Carbon Capture and Storage (CCS) an Gaskraftwerken als „überragendes öffentliches Interesse“ ab. Kritiker sehen die Abscheidung an Gaskraftwerken als Anreiz zum fortwährenden CO2-Ausstoß und als Login für die Nutzung fossilen Gases an.

Quelle: Energate

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert