Am Freitag, 28. August, gewissermaßen zum Ende des manchmal auch in unseren Breiten arktischen Sommers, geht auf Grönland die Extreme E in die nächste Runde, beginnt nahe der kleinen Ortschaft Kangerlussuaq Teil 3 der „elektrischen Odyssee“, die Formel-E-Gründer Alejandro Agag angezettelt hat. Beim „Arctic X Prix“ wollen neun Teams aus Europa und den USA beweisen, dass sie ihre 400 kW (544 PS) starken und nur 1650 Kilogramm schweren Elektro-Buggies ebenso sicher wie schnell über den gesteckten Parcours jagen können. Mit von der Partie sind unter anderem Teams der beiden Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton und Nico Rosberg, die Rallye-Legende Carlos Sainz und die deutsche „Wüstenkönigin“ Jutta Kleinschmidt.

Es geht bei dem Rennen aber nicht allein um Rundenzeiten und Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h. Die Motorsport-Veranstaltung dient gewissermaßen auch höheren Zwecken: Mit ihren Offroad-Rennen wollen Veranstalter und Teilnehmer vielmehr auf den grassierenden Klimawandel aufmerksam machen. „Nirgendwo ist die Klimakrise sichtbarer als in Grönland“, sagt Rennfahrer Oliver Bennett. „Wir erwarten, dass die Arktis in den nächsten 30 Jahren im September schneefrei sein wird. Das ist unglaublich“

Grönland-Gletscher
Kulisse für den „Arctic X Prize“
Der Kangerlussuaq-Gletscher transportiert Eis vom grönländischen Eisschild zum Antlantik. Er zählte lange zu schnellsten Gletschern weltweit, ist jetzt aber aufgrund des KLimawandels deutlich langsamer – und kleiner geworden. Foto: Extreme E

Und es soll nicht nur beim Staunen über das schnelle Schwinden des inländischen Kangerlussuaq-Gletschers bleiben. Der Brite und sein spanisches Team „Xite Energy Racing“  haben sich zusammen mit dem Umweltunternehmen myenergy auch ein „Legacy“-Projekt ausgedacht, um über die PR-Aktion hinaus eine positive Wirkung der Offroad-Rallye zu unterlassen: Gemeinsam wird man die Schule am Veranstaltungsort mit Solarenergie ausstatten: Derzeit wird die Schule noch mithilfe eines Dieselgenerators mit Strom versorgt.

Die Aktion ist ganz nach dem Geschmack von Julien Tornare. Der 49-jährige Schweizer ist umweltbewegte CEO des Uhrenherstellers Zenith, des offiziellen Zeitnehmers der Extreme E. Aus Gründen der Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz hat Tornare den kompletten Fuhrpark des Unternehmens bereits auf Elektromobilität umgestellt. Was erhofft er sich da noch von einer Rennserie wie der Extreme E? Wir haben ihn gefragt.

Herr Tornare, Sie haben bereits die beiden ersten Läufe der Extreme E an der Rennstrecke verfolgt. Werden Sie auch in Grönland dabei sein?

Aber ja doch. Nicht nur wegen der spannenden Rennen, die zu erwarten sind, sondern auch wegen des außergewöhnlichen Veranstaltungsorts.

Mit einer Rallye für Elektroautos an extremen Orten will der Formel-E-Erfinder Alejandro Agag auf den Klimawandel aufmerksam machen. Die Rennserie soll zudem die Elektromobilität sowie die Gleichberechtigung der Geschlechter befördern. Kann das gelingen? Elektroauto

Am Rande eines schmelzenden Gletschers.

Ja leider. Deshalb treffen wir uns auch mit Vertretern grönländischer Organisationen und Behörden, um uns zu informieren und zu hören, wie wir helfen können.

Die Extreme E hat sich das Ziel gesetzt, mit Rennen an vom Klimawandel bedrohten Orten die Öffentlichkeit wachzurütteln. Wie fällt ihr Zwischenfazit nach zwei von vier Rennen aus – gelingt das?  

Ich denke ja. Wir haben viele Jahre mit vielen anderen Partnern zusammen gearbeitet, unter anderem mit LandRover. Auch mit denen sprachen über Umweltschutz und über den Klimawandel – Themen, die uns bei Zenith sehr wichtig sind. Alejandro Agag hat uns dann überzeugt, an der Extreme E mitzuwirken. Nicht nur, weil der Name der Rallye sehr gut passt zu unserer DEFY Extreme-Kollektion mit dem schnellsten Chronographen der Welt, sondern auch wegen des ganzen Konzepts. Welche Auswirkungen die Extreme E auf die Klimadebatte hat, kann ich noch nicht abschätzen. Aber auf jeden Fall ist die Rallye auch für ein gutes Kommunikationsmittel, um auf Umwelt und Klima aufmerksam zu machen.

Wir schaffen Produkte für die Ewigkeit"
Der 49-jährige Schweizer Julien Tornare steht seit Mai 2017 dem Uhrenhersteller Zenith vor, der zum Luxuskonzern LVMH. Zuvor arbeitete der Ökonom für die Uhrenhersteller Vacheron Constantin und Raymond Weil. Foto: Zenith
„Wir schaffen Produkte für die Ewigkeit“
Der 49-jährige Schweizer Julien Tornare steht seit Mai 2017 dem Uhrenhersteller Zenith vor, der zum Luxuskonzern LVMH. Zuvor arbeitete der Ökonom für die Uhrenhersteller Vacheron Constantin und Raymond Weil. Foto: Zenith

Sie haben die Bekanntheit der Marke und die Verkaufszahlen bereits steigern können?

Wir kriegen eine Menge Wahrnehmung und Sichtbarkeit, auch über unsere Website, die sich der Extreme E regelmäßig widmet. Wie viele unserer Verkäufe damit zusammenhängen, kann ich nicht sagen. Aber wir werden das zum Jahresende genau prüfen.

Die Uhrenmarke Zenith gibt sich als „grüne“ Uhrenmarke. Woran kann man das festmachen?

Zunächst einmal produzieren wir mechanische Uhren…

…Luxusuhren…

Ja. Uhren, die über Generationen erhalten bleiben, keine Wegwerfprodukte, die schnell aus der Mode geraten. Unter diesem Aspekt bieten wir bereits heute nachhaltige Produkte. Und wir arbeiten daran uns hier weiter zu verbessern. Wir haben dazu ein „grünes Komitee“ gegründet, das seit zwei Jahren bereits mehrere Punkte umgesetzt hat.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel haben wir unseren gesamten Fuhrpark auf Elektroautos umgestellt, wir arbeiten an einem Carsharing-Konzept für unseren Standort hier in Le Locle, es gibt bei uns kein Einweggeschirr mehr, wir versuchen, wo es geht, Müll zu vermeiden. Die Verpackung ist ein großes Thema – wir haben in der Vergangenheit Materialien genutzt, die der Umwelt schaden können und entwickeln nun ressourcenschonende Alternativen. Wir digitalisieren die Bedienungsanleitungen, um Papier zu sparen. Wir drehen an vielen kleinen Schrauben, um Schritt für Schritt besser zu werden. Und unserer Engagement in der Extreme E ist für unsere Mitarbeiter auch eine große Motivation, noch mehr für die Umwelt zu tun.

„Ein wenig Pflege, ein wenig Öl – dann hält eine gute mechanische Uhr ewig.“

Julien Tornare, CEO Zenith

Wie schwer fiel den Mitarbeiten die Umstellung auf die Elektroautos?

Es gab schon einige Diskussionen. In der Schweiz gibt es immer noch eine Menge Schnee, weshalb viele mit SUV unterwegs waren. Aber sie haben verstanden, dass Autos mit Verbrennungsmotoren nicht mehr zum Markenimage und unserer Umweltsituation passen. Wir haben deshalb neben vollelektrischen Autos auch übergangsweise Plug-in Hybride zugelassen.

Und was fahren Sie persönlich?

Ich habe letzte Woche ein neues Auto bekommen – aus Deutschland. Es ist ein Audi Q8 Plug-in Hybrid.

Zum einem vollelektrischen e-tron konnten Sie sich noch nicht erwärmen?

Nein, ich brauche ein Auto, das mich auch unter schwierigen Bedingungen und bei niedrigen Temperaturen weit trägt. Und in der Schweiz ist die Ladeinfrastruktur noch deutlich schlechter als in Deutschland.    

Zurück zu ihren eigenen Produkten: Was haben Sie unternommen, um die Produktion der Uhren vielleicht noch umweltverträglicher zu machen?

Wir sind eine der wenigen Marken auf dem Markt, die noch ausschließlich mechanische Uhren und Uhren mit einem mechanischen Automatikwerk bauen. Und wir haben die „Icons“-Initiative gestartet.

Was ist das?

Jede Uhr, die wir jemals produziert haben, reparieren und restaurieren wir und bieten sie mit Garantie auch wieder zum Kauf an. So geht nichts verloren. Wir mögen vielleicht nicht der allergrünste Hersteller sein, aber unsere Produkte sind nachhaltig. Unsere Uhren muss niemand wegwerfen – wir können alle reparieren. Ein wenig Pflege, ein wenig Öl – dann hält eine gute mechanische Uhr ewig.

Im Unterschied zu einer Smartwatch, die gerade bei vielen jungen Leuten populär sind – nach zwei Jahren sind die nicht mehr zu gebrauchen, weil die Software veraltet ist.

Exakt. Ab der ersten Minute des Kaufs altert diese Uhren bereits. Wir hingegen schaffen Produkte für die Ewigkeit.

Alles andere als ein Wegwerfprodukt 
Die Zenith DEFY Extreme ist einer der schnellsten 1/100-Sekunden-Chronographen weltweit - und sehr anpassungsfähig. Er passt somit sehr gut zur Rennserie Extreme E, bei der Elektro-Buggies unter anderem in Grönland fahren. Foto: Zenith
Alles andere als ein Wegwerfprodukt
Die Zenith DEFY Extreme ist einer der schnellsten 1/100-Sekunden-Chronographen weltweit – und sehr anpassungsfähig. Er passt somit sehr gut zur Rennserie Extreme E, bei der Elektro-Buggies unter anderem in Grönland fahren. Foto: Zenith

Wird das Engagement in der Extreme E Spuren in der Zenith-Kollektion hinterlassen?

Unsere DEFY Extreme passt schon sehr gut zu der Rennserie. Sie ist in vielerlei Hinsicht ähnlich extrem, über verschiedene Armbänder auch ähnlich anpassungsfähig an unterschiedliche Umgebungen. Aber wir arbeiten auch an speziellen Editionen. Eine davon wird zum Jahresende auf den Markt kommen.

Motorsport und Uhren ergänzen sich also immer noch sehr gut.

Zwischen Autos und Uhren gab es immer eine enge Verbindung. Die wollen wir aufrecht erhalten, aber in einer anderen Art, mit anderen Akzenten. Der Extreme E ist ja nicht nur der Umweltschutz ein Anliegen, sondern auch die Gleichstellung von Männern und Frauen. Viele Menschen meinen immer noch, Frau könnten nicht so gut Auto fahren. Aber die Rundenzeiten der Fahrerinnen sind unglaublich gut, teilweise besser als die ihrer männlichen Kollegen.  

Sie werden der Rennserie also nicht nur ein Jahr verbunden sein?

Ein einjähriger Vertrag würde keinen Sinn machen. Nein, wir wollen uns langfristig binden.

Und nicht zur Formel E wechseln?

Nein, dafür gibt es keine Pläne. Die Formel E ist ein hochinteressantes Format, das viel Aufmerksamkeit gewinnt, aber wir bleiben jetzt erst mal bei der Extreme E. Ich bin im Senegal mit einem der Rennwagen mitgefahren.

Und wie war es?

Ich wollte unterwegs ein Video mit meinem Handy drehen. Doch obwohl ich gut angeschnallt war, war ich aufgrund der enormen Beschleunigung und den heftigen Bewegung nicht in der Lage, irgendetwas Vernünftiges aufzunehmen. Je mehr man sich mit Elektroautos beschäftigt, desto mehr realisiert man, dass man mit dem Umstieg auf die neue Antriebstechnik nichts verliert, sondern im Gegenteil jede Menge Spaß hinzugewinnt. Und gleichzeitig die Umwelt im Auge behält.

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