Energiebojen oder hydraulische Wasserschlangen – es gibt eine Reihe von Konzepten, um die Kraft des Meeres zur Stromerzeugung zu nutzen. Ein philippinischer Konstrukteur will mit der Energie der Meereswellen ein Schiff antreiben.

Der Schiffsingenieur Jonathan Salvador hat das Schiff entworfen, sein Betrieb Metallica Marine Consultancy, Fabrication and Services wird es bauen. An dem Projekt beteiligt ist die Universität der philippinischen Provinz Aklan. Das Wissenschaftministerium des Landes finanziert es.

Tradition trifft auf moderne Technik

Das Schiff ist ein Trimaran und basiert damit auf den traditionellen Booten der Region, den Bangkas, die mit einem oder zwei Auslegern ausgestattet sind. Der oder die Ausleger geben dem Boot Stabilität, so dass das Boot trotz geringen Tiefgangs nicht kentert. „Mir ist aufgefallen, dass jedes Mal, wenn eine Welle auf den Ausleger trifft, dieser ständig auf die Auf- und Abwärtsbewegung der Welle reagiert“, sagte Salvador dem britischen Fernsehsender BBC. „Was wäre, wenn wir diese Reaktion – diese kinetische Energie – in elektrische Energie umwandeln könnten?“

Er entwarf einen Trimaran, in dessen Ausleger sich so genannte Wellenenergiewandler befinden. Ein solches System besteht vereinfacht gesagt aus Rohren, die durch Gelenke miteinander verbunden sind. Durch die Wellenbewegungen wird Öl durch hydraulische Motoren gepumpt, die wiederum elektrische Generatoren antreiben. Der Strom, den sie liefern, soll dann die Maschinen des Schiffs antreiben.

Je stärker der Wellengang ist, desto mehr Strom liefert das System für den elektrischen Antrieb. Pro Stunde rechnet er bei normalem Wellengang mit einer Leistung von 300 Kilowatt. Zusätzlich wird der Hybrid-Trimaran noch eine konventionelle, 3000 Kilowatt starke Dieselmaschine an Bord haben, die es beispielsweise auf der Fahrt in den Hafen antreibt.

Wellenenergiewandler an sich sind keine neue Erfindung. Sie wurden entwickelt, um Strom aus den Bewegungen des Meeres zu gewinnen. Ein solches System hat etwa das britische Unternehmen Pelamis Wave Power in gebaut. Getestet wurden sie vor den schottischen Orkney-Inseln und sie sind vor Portugal im Einsatz. Google wollte damit ein schwimmendes Rechenzentrum mit Strom versorgen.

Neben Pelamis gibt es auch noch andere Systeme, um Strom aus der Kraft der Wellen zu erzeugen – eines testet gerade das Münchner Unternehmen Sinn Power vor der Küste von Kreta. Auch Google hat bereits Interesse an der dahinter stehenden Technologie gezeigt – etwa um ein Rechenzentrum mit Strom zu versorgen.

Fähre für 100 Passagiere

Salvador ist nun aber der erste, der den Ansatz direkt auf einem Schiff zum Einsatz bringen möchte, um die hohen Umweltbelastungen, die der rege Schiffsverkehr in seiner Heimat verursacht, zu reduzieren. Um zu beweisen, dass seine Idee tatsächlich praktikabel ist, hat er bereits im Jahr 2018 mit dem Bau des Hybrid-Trimaran begonnen, der später im Fährverkehr eingesetzt werden soll. Das umgerechnet 1,5 Millionen Euro teure Boot soll bis zu 100 Passagiere, vier Lieferwagen und 15 Motorräder transportieren können.

Ein weiterer Clou der Konstruktion steckt im Rumpf des Bootes: Recycelte Behälter für Erfrischungsgetränke sollen den Auftrieb erhöhen – und auf das Problem der Verschmutzung der Meere durch Plastikabfälle aufmerksam machen.

Eigentlich sollte der Prototyp schon im Frühjahr fertiggestellt sein. Ein Taifun sowie die Corona-Pandemie verzögerten die Arbeiten allerdings. Fertiggestellt werden soll das Schiff nun bis zum Ende des Jahres. Anschließend will Salvador damit verschiedene Inseln der Philippinen besuchen, um seine Hybridtechnologie zu bewerben. Sie ist nach seiner Ansicht der Schlüssel, um dem wachsenden Transportbedarf des Inselstaates gerecht zu werden und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen aus dem Schiffsverkehr zu reduzieren.

„Die Philippinen werden die ersten sein, die Wellenenergie für einen Trimaran nutzen“, freut sich Salvador. Später will er das Modell standardisieren. Ein Tourismusunternehmen hat bereits Kaufinteresse bekundet. Es will den Hybrid-Triumaran auf Boracay, der beliebtesten Touristeninsel der Philippinen, einsetzen.

Der Beitrag erschien zuerst bei golem.de. Er wurde von der Redaktion bearbeitet und ergänzt.

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