Die Hochseeinsel Helgoland könnte zu einem Drehkreuz für aus Offshore-Wind produzierten Wasserstoff werden. Bis zu einer Million Tonnen pro Jahr sollen ab 2030 per Pipeline an Land gelangen – so sehen es die Pläne des Projektes Aqua Ventus vor, an dem 27 internationale Unternehmen und Forschungsinstitute beteiligt sind. Es ist ein ambitionierter Plan: Bis 2035 sollen zwischen Helgoland und der Doggerbank Offshore-Windanlagen mit einer Leistung von 10.000 MW entstehen. Mit dem Strom soll auf hoher See Wasserstoff produziert und per Pipeline ans Festland gelangen.

Im Zentrum steht dabei Deutschlands einzige Hochseeinsel Helgoland mit ihrem Servicehafen. Dort soll der einige Meilen westlich der Insel produzierte Wasserstoff per Mini-Pipeline anlanden und dann zunächst in verflüssigter Form per Schiff weiter transportiert werden. Ab 2030 könnten dann größere Mengen von einer Million Tonnen pro Jahr per Pipeline ans Festland und dort in den nordeuropäischen Pipeline-Verbund strömen, erläutert Jörg Singer, Vorstandsvorsitzender des aktuell in Gründung befindlichen Fördervereins Aqua Ventus. Der Vereinsname ist an Deutschlands ersten Offshore-Windpark Alpha Ventus angelehnt. Singer ist Bürgermeister der Insel Helgoland und will mit einem Teil des anlandenden Wasserstoffs den Wärme- und Mobilitätsbedarf der Insel grün machen. „In der Anlaufphase werden wesentliche Teile des grünen Wasserstoffs auf Helgoland in Wärme- und Mobilitätsanwendungen gebracht“, verriet Singer. Damit – etwa im Jahr 2029 – werde Helgoland klimaneutral.

Windpark Alpha Ventus vor Helgoland
In Deutschlands erstem Offshore-Windpark produzieren 80 Windturbinen Öko-Strom mit einer Gesamtleistung von 288 Megawatt. Foto: Alpha Ventus

Das Vorhaben ist in mehrere Unterprojekte unterteilt. Dazu zählen die Offshore-Turbinen mit integrierter Elektrolyse (Aqua Primus), der dazu gehörende Offshore-Park Aqua Sector oder die vorgesehene Pipeline Aqua Ductus. Hinter dem Vorhaben steht ein Konsortium aus 27 Firmen und Forschungseinrichtungen. Dabei sind etwa die Erneuerbarensparte von RWE, der Energiekonzern Shell, der Fernleitungsnetzbetreiber Gascade sowie die Turbinenhersteller Siemens Gamesa und MHI Vestas.

Öffentliche Förderung im Blick

Die Kosten für das Vorhaben lassen sich aktuell noch nicht abschätzen. Zahlen sollen vorliegen, wenn die erste Planungsphase abgeschlossen ist, heißt es. Diese beginnt im Januar 2021. Klar ist, ohne öffentliche Fördergelder wird das Projekt nicht zu realisieren sein. Sowohl Deutschland als auch die EU-Kommission haben für die kommenden Jahre Ausbauziele beim Wasserstoff verkündet.

„Hilfreich sind die Förderprogramme von Bund und EU sowie die Entscheidung der Bundesregierung, grünen Wasserstoff von der EEG- Umlage zu befreien“, betont Singer. Auch auf der rechtlichen Seite sind noch viele Fragen offen. So müssen etwa Flächen für Offshore- Elektrolyse ausgewiesen und ein Förderrahmen festgelegt werden. „Die erste große zu überwindende Hürde wird die Genehmigung von zwei einzelnen Pilotanlagen im Küstenmeer von Schleswig-Holstein sein“, sagt Singer. Daran werde aktuell mit Hochdruck gearbeitet.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Die Verantwortlichen sind überzeugt, dass der Offshore-Wasserstoff konkurrenzfähig sein wird, auch wenn die Produktion auf hoher See an und für sich teurer ist. „Betrachtet man das Ganze jedoch systemisch und volkswirtschaftlich und berücksichtigt den zusätzlich notwendigen, erneuerbaren Strom wie auch den Transport, sieht das anders aus“, so Singer. Er verweist darauf, dass etwa eine Sammel-Pipeline für den Abtransport des Wasserstoffes den Bau von fünf HGÜ-Leitungen einspare. Zudem seien bei der Wasserstofftechnologie weitere Kostensenkungen zu erwarten. „Offshorewind“, so Singer, „hat in nur zehn Jahren die Gestehungskosten um über 30 Prozent gesenkt. Wir gehen davon aus, dass grüner Wasserstoff in der Zukunft wettbewerbsfähig sein wird, sofern die Folgekosten für Klima und Umwelt auf der Seite des fossilen Wasserstoffs entsprechend eingepreist werden.“

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