Der Stuttgarter Autozulieferer Mahle zeigt auf der diesjährigen IAA Mobility (9.–14. September) eine Reihe neuer Technologien für eine effizientere und klimafreundlichere Mobilität – von einem innovativen Range Extender über ein hocheffizientes Thermomanagementmodul bis hin zu Komponenten für ethanolbetriebene Verbrenner. Doch Mahle-Vorstandschef Arnd Franz nutzte die Bühne vor internationalen Journalisten vor allem für eine klare Botschaft an die EU: Die derzeitige Klimapolitik drohe, den Automobilstandort Europa aufs Spiel zu setzen. „Der heute beschriebene Weg ist ein Holzweg.“

„Technologieoffenheit statt Verbrennerverbot“

Franz kritisierte insbesondere das geplante Verbrennerverbot ab 2035 sowie die geplante weitere Verschärfung der CO₂-Flottengrenzwerte. „Wir brauchen Technologieoffenheit in der Regulierung – für Klimaschutz, für die Stärke unserer Industrie und für den Erhalt von Arbeitsplätzen in Europa“, sagte er. Der Mahle-CEO forderte eine rasche Überarbeitung der CO₂-Gesetzgebung – unter Einbeziehung nachhaltiger Kraftstoffe.

Kämpferisch
Mahle-CEO Arnd Franz (rechts) und Forschungsleiter Marco Warth setzten sich auf dem Tech-Day in Stuttgart für Technologieoffenheit – und den Einsatz von alternativen Kraftstoffen in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auch über 2035 hinaus ein.

Indien sei hier mit seinem technologieoffenen Ansatz ein Vorbild: Dort enthält der Kraftstoff heute bereits 20 Prozent Bio-Ethanol und senke so die CO2-Emissionen aus dem Straßenverkehr. Europa dagegen drohe, durch zu einseitige, allein auf Batterieautos fokussierte Vorschriften den Anschluss zu verlieren.

Neue Technologien für die Dekarbonisierung

Auch wenn Mahle nach den Worten seines Vorstandschefs weiterhin klar zur Elektromobilität steht, setzt der Zulieferer auf einen Technologiemix – aus Überzeugung. Der schleppende Hochlauf der E-Mobilität nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika zeige, dass dringend Alternativen gebraucht werden. Mahle verfolge deshalb drei technologische Stoßrichtungen zur Effizienzsteigerung – künftiger wie heutiger Antriebstechnologien. Große Hoffnungen setzt Mahle dabei auf ein Konzept, das sich in China gerade wachsender Beliebtheit erfreut, hierzulande fast schon wieder in Vergessenheit geraten war.

1. Range Extender – Strom für 1350 Kilometer

Viele Autofahrerinnen und Autofahrer sind E-Autos gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen – doch die Angst vor zu geringer Reichweite bleibt ein entscheidendes Hemmnis. Genau hier setzt der neue Range Extender von Mahle an, den der Zulieferer im September auf der IAA erstmals öffentlich zeigt. Das System soll batterieelektrische Fahrzeuge deutlich alltagstauglicher machen – vor allem für Menschen, die regelmäßig lange Strecken fahren und keine Ladepause einlegen möchten.

Bis zu 1350 Kilometer weit stromern
Das Range-Extender-System von Mahle besteht aus einem besonders effizienten Hochvoltgenerator, der von einem kleinen Verbrennungsmotor angetrieben wird. Bilder: Mahle
Bis zu 1350 Kilometer weit stromern
Das Range-Extender-System von Mahle besteht aus einem besonders effizienten Hochvoltgenerator, der von einem kleinen Verbrennungsmotor angetrieben wird. Bilder: Mahle

Herzstück des Systems ist ein besonders effizienter Hochvoltgenerator mit einer Dauerleistung von 85 Kilowatt. Dieser wird von einem kompakten Verbrennungsmotor angetrieben, der als reiner Stromerzeuger für den E-Antrieb fungiert, sobald die Batterie erschöpft ist. Dadurch lässt sich das sogenannte Rightsizing der Batterie verwirklichen: Anstatt eine übergroße Batterie für seltene Langstreckenfahrten mitzuführen, reicht eine kleinere, leichtere und günstigere Batterie – den Rest übernimmt der Range Extender.

Technisch beeindruckt das System durch seine hohe Leistungsdichte: Über 50 kW pro Liter Bauraum – ein Spitzenwert im Wettbewerbsvergleich. Der Generator basiert auf einer permanenterregten Elektromaschine mit integriertem Kühlkonzept. Die direkte Rotorkühlung sorgt nicht nur für einen höheren Wirkungsgrad (über 97 %), sondern reduziert auch den Bedarf an Seltenen Erden, was das System nachhaltiger und kosteneffizienter macht.

Auch der Verbrennungsmotor selbst ist ein High-Tech-Modell:

  • Direkteinspritzung
  • Turboaufladung
  • Miller-Steuerzeiten für effizientere Verbrennung
  • MAHLE Jet Ignition, eine spezielle Zündtechnik mit vorgemischtem Gemisch, die zu besonders sauberer und effizienter Verbrennung führt

Das Resultat ist ein thermischer Wirkungsgrad von über 42 %, also deutlich effizienter als klassische Pkw-Benzinmotoren – und das bei gleichzeitig sehr leiser Laufkultur, was insbesondere im städtischen Betrieb oder auf langen Reisen den Komfort erhöht.

Je nach Batteriegröße und Fahrzeugtyp sind mit dem System Reichweiten von bis zu 1350 Kilometern (nach WLTP) möglich – ein Wert, den selbst moderne Diesel kaum noch erreichen.

Mahle liefert dazu auch gleich die passenden Motorkomponenten: Kolben, Ventile und weitere Baugruppen wurden speziell für den Einsatz im Range Extender optimiert. Der modulare Aufbau erlaubt eine skalierbare Integration in verschiedene Fahrzeugkonzepte – vom kompakten Stadtstromer bis zum leichten Nutzfahrzeug.

„Klein, leicht, einfach integrierbar und ressourcenschonend – der Range Extender von Mahle überzeugt als kompaktes, effizientes Antriebskraftpaket“, bringt es Marco Warth, Leiter Forschung und Vorausentwicklung bei Mahle, auf den Punkt.

Effizienter heizen und kühlen
Das neue Thermomanagementmodul von Mahle mit integrierter Wärmepumpe ermöglicht 20 Prozent mehr Reichweite in Elektroautos.
Effizienter heizen und kühlen
Das Thermomanagementmodul von Mahle mit integrierter Wärmepumpe ermöglicht 20 Prozent mehr Reichweite für Elektroautos.

2. Thermomanagementmodul – mehr Reichweite im Winter

Gerade im Winter sinkt die Reichweite von E-Autos – nicht zuletzt wegen der energieintensiven Heizung. Mahle präsentiert auf der IAA ein modulares Thermomanagementsystem mit integrierter Wärmepumpe, das bis zu 20 Prozent mehr Reichweite ermöglichen soll. Es kombiniert Klimakompressor, Sensorik, Wärmetauscher und Kühlmittelkreisläufe auf engem Raum – und ist bereit für die Zukunft mit Propan als Kältemittel.

3. Powercell-Unit für Ethanolmotoren

Mahle denkt auch an den Fahrzeugbestand. Mit neuen Komponenten für ethanolbetriebene Verbrennungsmotoren (E100) ermöglicht der Zulieferer eine CO₂-Reduktion konventioneller Verbrennungskraftmaschinen von bis zu 70 Prozent. Die neue „Powercell-Unit“ sorgt für Langlebigkeit und niedrigen Ölverbrauch – und soll demonstrieren, dass auch klassische Antriebe noch optimiert und klimafreundlich betrieben werden können.

Die auf den vollständigen Betrieb mit Ethanol abgestimmte Powercell-Unit von Unit reduziert den Kraftstoffverbrauch und senkt gleichzeitig die CO2-Emissionen bis zu 70 Prozent.

Franz: Ohne grüne Kraftstoffe geht es nicht

Mahle-CEO Franz mahnte: Klimaschutz brauche Realismus – und Fahrzeuge mit Hybridantrieb sowie alternative Kraftstoffe. Solange die E-Mobilität nicht flächendeckend durchgesetzt ist, müssten auch nachhaltige Kraftstoffe – synthetische wie biobasierte – Teil der Lösung sein. Der Fokus allein auf das Batterieauto birgt das Risiko, Kunden und ganze Industrien zu verlieren. Mahle bereite sich darauf vor: „Die Aufrechterhaltung der heutigen Positionen bedeutet, dass wir Investitionsentscheidungen überprüfen müssen.“ Denn, so Franz: „Der Verbrenner als Arbeitsplatzgarant ist in unserer Industrie durch nichts vollständig zu ersetzen.“

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