Nach langen Verhandlungen hat der Kölner Energieversorger RheinEnergie einen Liefervertrag für Europas größte Flusswasser-Wärmepumpe unterzeichnet. Nach einem „harten Bieterkampf“, wie Vorstandschef Andreas Feicht es ausdrückte, ging der Auftrag für die 150-Megawatt-Anlage an den deutschen Hersteller MAN, der das Herzstück, die drei Kompressoren, am Standort in Oberhausen fertigt. Ein Preisschild nannten beide Parteien nicht, aber es dürfte einen Großteil des Budgets von 280 Millionen Euro aus machen, auf die sich das grüne Fernwärmeprojekt für 50.000 Kölner Haushalte summiert. 100 Millionen Euro Investitionskostenzuschuss, und damit das maximal Mögliche, fließt aus der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze und aus EU-Mitteln. Ohne das Geld wäre das Projekt nicht zu stemmen gewesen, betonte Feicht. Mit der Flusswärmepumpe erfülle die Rheinenergie voraussichtlich die im Wärmeplanungsgesetz geforderte grüne Quote von 30 Prozent bis 2030 im eigenen Fernwärmenetz.

"Vater Rhein" als Wärmequelle
Bis 2028 soll das bestehende Kraftwerk von RheinEnergie am Niehler Hafen im Norden von Köln Europas größtes Flusswasser-Wärmepumpe entstehen. MAN liefert dafür eine Anlage mit einer Leistung von 150 Megawatt. Animation: RheinEnergie
„Vater Rhein“ als Wärmequelle
Bis 2028 soll am bestehenden Gas-Kraftwerk von RheinEnergie am Niehler Hafen im Norden von Köln Europas größtes Flusswasser-Wärmepumpe aufgebaut sein. MAN liefert dafür eine Anlage mit einer Leistung von 150 Megawatt. Animation: RheinEnergie

Für den Vorstandsvorsitzenden der MAN Energy Solutions, Uwe Lauber, ist es der bisher mit Abstand bedeutendste Wärmepumpen Auftrag, welcher damit das „neue Flaggschiff“ im Heimatmarkt werde, sagte er bei einem Pressetermin in Köln. Zum Vergleich: Die bisher leistungsstärkste Anlage von MAN steht im dänischen Esbjerg mit einer Leistung von 70 Megawatt (MW). In Deutschland liegen die bisher größten geplanten Projekte zwischen 50 bis 60 MW, etwa in Hamburg oder Flensburg, wo allerdings nicht MAN, sondern der US-Hersteller Johnson Controls die Aufträge abräumte. Damit richten sich gerade viele Augen in der Republik auf Köln, um zu sehen, wie sich das Pionierprojekt technisch, aber auch wirtschaftlich behauptet.

Zusammenspiel mit Gaskraftwerk ist entscheidend

Einen großen Vorteil hat die Großstadt, da ihr Kraftwerksstandort Niehl bereits ans Hochspannungsnetz der Amprion mit 380 kV angeschlossen ist. Hätte das Verteilnetz für die zusätzlich benötigte 70 MW elektrische Leistung ausgebaut werden müssen, wären vermutlich noch Jahre verstrichen, erläuterte Armin Ehret, Bereichsleiter Kraftwerke bei RheinEnergie. Die Konzeption und das Zusammenspiel der drei Wärmepumpenmodule mit den beiden Gas- und Dampfturbinen-Anlagen Niehl 2 und Niehl 3 habe Monate gekostet.

Fernwärmetunnel 
RheinEnergie wird bis2030 sein Fernwärme-Netz nicht nur ausbauen, sondern von Erdgas auf Flusswärme umstellen. Derzeit werden in Köln über Rohrleitungen von 380 Kilometern Länge rund 50.000 Haushalte versorgt. Bild: RheinEnergie Köln
Fernwärmetunnel
RheinEnergie wird bis2030 sein Fernwärme-Netz nicht nur ausbauen, sondern von Erdgas auf Flusswärme umstellen. Derzeit werden in Köln über Rohrleitungen von 380 Kilometern Länge rund 50.000 Haushalte versorgt. Bild: RheinEnergie Köln

Wie tief der Strompreis fallen muss, damit nicht die Gaskraftwerke, sondern die Wärmepumpen produzieren, lasse sich nicht pauschal beantworten. Dies hänge auch von den zukünftigen Gas- und CO2-Preisen sowie den Netzentgelten ab. Die Bandbreite der Szenarien und die damit verbundenen Einsatz- und Amortisationszeiten, die alle gerechnet werden müssen, sei recht groß, ordnete Ehret auf Nachfrage ein. Am Ende wird der Kommunalversorger sich ein Stück weit überraschen lassen müssen, wie viel die Wärmepumpen und wie viel die Gasturbinen im Einsatz sein werden.

Klar ist aber schon, dass Niehl 2 und zumindest anfangs auch Niehl 3 weiter gebraucht werden, wenn auch mit weniger Betriebsstunden. Derzeit werde mit durchschnittlich zwei Wechseln pro Tag zwischen Strom und Gas geplant, auch mit Blick auf den Verschleiß der Anlagen, erläuterte Ehret. Die drei Wärmepumpenmodule lassen sich nacheinander einschalten und brauchen circa eine halbe Stunde Vorlauf, die Gasturbinen eher eine Stunde, bis sie auf Volllast sind.

Kühlmittelfrage nicht entscheidend

Beim Kühlmittel, wo die Stadtwerke Flensburg durch die Wahl von R1234ze jüngst einige Kritik ernteten (das Kältemittel wird möglicherweise in der EU verboten), fiel die Entscheidung der Kölner auf Ammoniak. 80 Tonnen werden davon pro Jahr gebraucht. Dieser Punkt war innerhalb der Ausschreibung aber nicht ausschlaggebend. Alle Kühlmittel hätten ihre Vor- und Nachteile, so Bereichsleiter Ehret.

In Kooperation mit dem Branchendienst energate.

Für den Betrieb der Pumpen werden etwa 25.000 Kubikmeter Rheinwasser pro Stunde gebraucht und damit weniger als für Niehl 3. Dazu muss Rheinenergie ein weiteres Entnahmebauwerk direkt am Hafen errichten. Erfahrungen mit der Reinigung des Flusswassers sind also schon vorhanden. In den vergangenen Jahren musste leider immer mehr Plastik herausgesiebt werden, berichtete Ehret. Auch beim Fischschutz gilt es einiges zu beachten.

Weitere Wärmepumpen möglich

Die 150-MW-Wärmepumpen, die im zweiten Halbjahr 2026 geliefert und 2028 in Betrieb gehen sollen, könnten allerdings nicht das Ende der Fahnenstange sein. Über den Bau von weiteren 100 MW Leistung denkt die RheinEnergie schon heute nach – für Anfang der 2030er Jahre. Das hänge aber auch davon ab, ob die neue Bundesregierung bei den jetzigen, ehrgeizigen Vorgaben für das Fernwärmenetz bleibt, ob weitere Förderungen fließen und wie sich die Strom-, Gas- und CO2-Preise entwickeln. Letztere sind insbesondere nach dem Wechsel vom nationalen ins europäische Emissionshandelssystem ETS 2 noch eine große Unbekannte. Bisher steht die RheinEnergie bei der grünen Fernwärme noch ziemlich am Anfang. Zweites großes Standbein wird die Umrüstung des Heizkraftwerks auf Wasserstoff.

Artikel teilen

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert