Was geschieht in der Wüste?

Wer sich The Line in der Luftbildansicht bei Google Maps anschaut sieht, dass auf der ganzen Länge der Stadt Ausschachtungsarbeiten in Gang sind.

Seit etwa zwei Jahren wird dort gearbeitet. In unregelmäßigen Abständen postet der Australier Giles Pendleton, der das operative Geschäft von ‚The Line‘ leitet, Videos auf seinem Linkedin-Profil. Das letzte Video stammt aus dem vergangenen Monat. Es zeigt, wie sich die Bagger mehrere zehn Meter tief in den Wüstenboden fressen und Spine Layer ausheben. Riesige Flotten von Kipplastern transportieren den Abraum weg.

Sonst ist aber noch wenig zu sehen: Rund zwei Jahre nach Baubeginn seien „immer noch keine Gebäude oder nennenswerten Fundamente auf den Satellitenbildern zu erkennen“, berichtete die Wirtschaftswoche. Das könne den Zeitplan gefährden, da der erste Bauabschnitt 2030 fertiggestellt sein soll. Für Texte der Serie Wirtschaft von oben werden jeweils Satellitenbilder des Berliner Start-ups LiveEO ausgewertet.

Neom umfasst weitere Projekte

‚The Line‘ ist ein Element des Siedlungsprojekts Neom, das wiederum Teil des Plans Vision 2030 ist, einem Entwicklungsprojekt mit dem Ziel, Saudi-Arabien unabhängig vom Öl zu machen und die Wirtschaft des Landes zu diversifizieren.

Ein weiteres Neom-Projekt ist das Resort Trojena. Es liegt 50 Kilometer im Landesinneren, auf einer Höhe von 1.500 bis 2.600 Metern. Hier entstehen verschiedene, futuristische Hotels, die sich um einen künstlich angelegten See gruppieren. In Trojena soll vor allem Wintersport betrieben werden. Vor den Temperaturen her ist das kein Problem: Im Winter kann es durchaus minus 20 Grad Celsius kalt werden. Was allerdings fehlt, sind die Niederschläge. Zwar fällt zuweilen Schnee, doch nicht genug für Wintersport. Hier sollen Schneekanonen für Abhilfe sorgen und 75 Prozent der Pisten beschneien.

Betrieben werden sie mit sauberem Strom. Der Schnee solle aus entsalztem Meerwasser erzeugt werden, sagte Philip Gullett, Chef des Trojena-Projekts, dem dubaiischen Nachrichtensender al-Arabiya. Nach der Schneeschmelze soll es wiederverwertet werden, um die Wassernutzung so weit wie möglich zu reduzieren.

In Trojena sollen Winterspiele stattfinden

Trojena ist seit 2019 im Bau. Die mehr als 1.400 Quadratkilometer große Anlage ist für 7.000 Bewohner und 700.000 Besucher im Jahr ausgelegt. Sie soll bis 2026 fertig sein. Denn 2029 sollen dort die Winter-Asienspiele stattfinden.

Fast fertig ist Sindalah, ein Luxusferienort auf einer Insel mit einer großen Marina. 2.800 höchst zahlungskräftige Besucher sollen hier Platz finden. Auch an Sindalah wird seit 2019 gearbeitet. Die ersten Gäste werden in diesem Jahr erwartet.

Oxagon schwimmt zum Teil im Meer

Wo Menschen wohnen und Urlaub machen, muss auch gearbeitet werden. Dafür ist die achteckige Stadt Oxagon da. Sie entsteht aus dem Umbau des heutigen Hafens Duba und wird etwa zur Hälfte an Land und zur Hälfte im Meer gebaut. Sie soll die weltweit größte schwimmende Struktur werden, die von Kanälen durchzogen wird.

Um den Hafen werden unter anderem Logistikzentren und Fabriken errichtet. In der 48 Quadratkilometer großen Stadt soll zudem auch geforscht werden. So soll auf dem schwimmenden Teil beispielsweise ein ozeanografisches Institut entstehen. Auch hier wird kräftig gebaut und gebaggert. Geplant ist, dass hier 2030 rund 90.000 Menschen leben, 70.000 sollen in Oxagon auch arbeiten.

Zum Arbeiten und Wohnen wird schließlich Energie gebraucht. Die sollen Windstrom- und Solaranlagen liefern – die benachbarten Vereinigten Arabischen Emirate machen es vor. Auch in der Zeit nach dem Öl wird Saudi-Arabien Brennstoffe exportieren, nur eben keine fossilen mehr. Stattdessen werden mit grünem Ammoniak befüllte Tanker das Land verlassen.

Wasserstoff und Ammoniak für die Welt

In direkter Nachbarschaft von Oxagon entsteht gerade die weltgrößte Anlage für die Gewinnung von grünem Wasserstoff. Der 8,5 Milliarden Dollar teure Komplex wird von dem US-Unternehmen Air Products gebaut – mit deutscher Technik: Die Elektrolyseure, also die Systeme, die entsalztes Wasser aus dem Roten Meer in seine Bestandteile spalten, liefert Nucera, eine Tochter von Thyssenkrupp. Die Arbeiten sind sehr weit fortgeschritten: Ende 2026 soll die Anlage in Betrieb gehen und dann täglich bis zu 600 Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen und daraus wiederum grünes Ammoniak, das auch nach Deutschland exportiert werden soll.

Wasserstoff mit Wind- und Sonnenkraft
Die weltgrößte Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff baut Air Products mit deutscher Technik. Schon 2026 sollen in dem Komplex täglich 600 Tonnen Wasserstoff und 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak produziert - und exportiert werden.
Wasserstoff mit Wind- und Sonnenkraft
Die weltgrößte Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff baut Air Products mit deutscher Technik. Schon 2026 sollen in dem Komplex täglich 600 Tonnen Wasserstoff und 1,2 Millionen Tonnen Ammoniak produziert – und exportiert werden.

An einem Megaprojekt wie diesem gibt es allerdings auch eine Menge Kritik – von Menschenrechtlern, aber auch Umweltschützern. Welche, erfahren Sie im dritten Teil.

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