Werfen denn all die Aktivitäten bereits Gewinne ab, ist die Elektromobilität bereits ein Profit Center?

Unser Ladegeschäft ist operativ profitabel. Aber in der Tat gibt es bei den Standorten große Unterschiede. Manche wie dieser hier sind hoch ausgelastet, da läuft es bestens. An anderen Standorten müssen wir noch daran arbeiten, die Auslastung zu erhöhen, damit sich das nachhaltig rechnet. Es sind leider noch nicht so viele Elektroautos unterwegs, wie vor drei oder vier Jahren prognostiziert wurde.

Schuld daran haben unter anderem auch die hohen Strompreise an öffentlichen Ladestationen. Hier an den Schnellladesäulen kostet die Kilowattstunde Gleichstrom 59 Cent bei Bezahlung mit der Shell-App. Hinzu kommt noch eine Transaktionsgebühr von 35 Cent pro Ladevorgang. Ohne Shell-App, etwa bei Bezahlung mit Kreditkarte, werden außer der Transaktionsgebühr für die Kilowattstunde 79 Cent verlangt. Sind das faire Preise?

Wir finden, das sind durchaus faire Preise. Und wir sehen nicht, dass wir durch unsere Preissetzung Kunden verlieren. Im Gegenteil: Für Menschen, die mit dem Elektroauto unterwegs sind, ist es wichtig, dass eine Ladesäule funktioniert. Und die Wartung des Netzes kostet Geld. Außerdem bieten wir Kunden, die viel reisen und oft öffentliche Ladepunkte in Anspruch nehmen, spezielle Deals in Form von Abo-Lösungen an.

Inzwischen treibt der Wettbewerb bunte Blüten, werden von einigen Anbieten teilweise Preise von über einem Euro für die Kilowattstunde verlangt, in Österreich sogar bis zu zwei Euro. Wird da die Notlage von Elektromobilisten mit Reichweitenangst ausgenutzt?

Sie haben da jetzt aber Extremfälle herausgegriffen. Wir haben uns entschieden, einen verlässlichen, kalkulierbaren und transparenten Preis über die App anzubieten. Die Kunden, die sich in unserem Ökosystem bewegen, haben immer unseren Strompreis vor Augen. Und wir sind davon überzeugt, dass unser Angebot diesen Preis wert ist.

Aber wozu braucht es eine Transaktionsgebühr – für die Nutzung der Ladesäule?

Um unsere Fixkosten abzudecken. Aber es gibt verschiedene Preissetzungsmodelle. Und wir werden sehen, wie unser in Zukunft aussieht.

Die Transaktionsgebühr könnte also noch fallen, schließe ich daraus. Wie werden sich die Ladestrompreise nach Ihrer Einschätzung in diesem Jahr entwickeln?

Wenn ich das wüsste, säße ich nicht hier. Dann würde ich an der Börse traden und wäre ein reicher Mann. Der schrecklichen Ukraine-Krieg hat die Energiepreise leider stark getrieben. Und auch jetzt – Stichwort Dunkelflaute – haben wir immer wieder starke Ausschläge nach oben.

"Wir sehen nicht, dass wir durch unsere Preissetzung Kunden verlieren." 
Florian Glattes verteidigt die Transaktionsgebühr von 35 Cent, die pro Ladevorgang an einem Hypercharger von Shell fällig wird - unabhängig von der Menge des geladenen Stroms. Die Zusatzgebühr diene zur Abdeckung der Fixkosten.
„Wir sehen nicht, dass wir durch unsere Preissetzung Kunden verlieren.“
Florian Glattes verteidigt die Transaktionsgebühr von 35 Cent, die pro Ladevorgang an einem Hypercharger von Shell fällig wird – unabhängig von der Menge des geladenen Stroms. Die Zusatzgebühr diene zur Abdeckung der Fixkosten.

Was Benzin und Diesel hier kosten, zeigen große Tafeln an. Um die Ladestrompreise zu erfahren, erfährt der Fahrer eines Elektroautos meist nur über eine App. Braucht es da nicht eine größere Transparenz?

Ja. In einigen Ländern ist der Preis auch für den Ladestrom schon von weitem sichtbar. In Deutschland haben wir uns dagegen entschieden, weil die Strompreise aufgrund der Vertriebsmodelle und je nach Zugang an einem Ladepunkt sehr unterschiedlich ausfallen können. Aber wir probieren schon unterschiedliche Modelle aus, die es unseren Kunden leichter machen. Dafür haben wir vor einem halben Jahr die Bedienerführung an der Ladesäulen überarbeitet.

Warum kann man an einer Tankstelle nicht den Strom wie den Kraftstoff im Kassenhäuschen bezahlen?

Das wäre in der Tat der ideale Weg. Aber die Systeme sind noch nicht vollständig miteinander verbunden, damit das funktioniert. Sag niemals nie. Aber Stand heute muss die Bezahlung per Kreditkarte immer noch an der Ladesäule stattfinden.

Sie fahren ja jetzt schon eine ganze Weile Elektroautos, auch solche verschiedener Marken. Was wünschen Sie sich persönlich noch von den Fahrzeugherstellern? Noch mehr Reichweite, noch mehr Ladeleistung? Geringere Fahrzeugpreise?

Ein breites Fahrzeugangebot für unterschiedliche Einkommensklassen wäre gut. Die Elektromobilität hat mit sehr teuren Modellen begonnen. Jetzt geht es darum, Stromer anzubieten, die sich jeder leisten kann. Modelle mit hohen Ladeleistungen – und schöne Autos, die gut funktionieren. Die Autoindustrie macht inzwischen einen sehr guten Job. Der Wechsel auf die Elektromobilität passiert nicht über Nacht. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir auf dem Weg Schritt für Schritt weiter vorankommen.

Herr Glattes, vielen Dank für das Gespräch.

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