Herzlich willkommen in der Firma. Mehr Rückenwind als von den großen deutschen Firmen-Flotten kann sich die Elektromobilität eigentlich gar nicht wünschen. Nach dem Wegfall der E-Auto-Prämie Ende 2023 und dem nachfolgenden Einbruch vor allem auf dem Privatmarkt sind die gewerblichen Fuhrparks im Lande maßgeblich für den Hochlauf der E-Mobilität verantwortlich: Über die Hälfte aller Neuzulassungen von Stromern entfällt hierzulande auf Unternehmen – wenn man die Eigenzulassungen auf Hersteller und Autohändler einrechnet. Ohne die betrug der Anteil der Gewerbebetriebe an den Neuzulassungen von Elektroautos (inklusive Plug-in-Hybride) Ende Oktober 2025 aber bereits bei 41 Prozent – ein neuer Rekordwert.

„Viele unserer Mitglieder sind schon weiter als die Politik und auch weiter als private Autokäufer“, sagt Axel Schäfer, der Geschäftsführer des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität. Für die meisten Fuhrparkmanager stehe fest: „Es gibt keine Alternative zur Elektromobilität, wenn das CO₂-Thema eine Rolle spielt.“ Sie seien damit der Fortschrittsmotor der Mobilitätswende. Das spiegelt sich auch in einer Umfrage, bei der im Auftrag der der VW-Ladetochter Elli Mobility 500 Flottenverantwortliche befragt wurden. Demnach planen über ein Drittel den Kauf von Elektrofahrzeugen. „Der Wille zur Transformation ist eindeutig“, sagt Joschi Jennermann, CEO von Elli Mobility, „aber vielen fehlt der Plan, wie sie den Umstieg wirtschaftlich umsetzen sollen.“

Fuhrparkmanager Ogulcan Baltaci
Bis Ende 2027 soll die gesamte Flotte der Eppendorf Group in Deutschland durch den Umstieg auf Elektroautos CO2-neutral sein.

Den hat Ogulcan Baltaci, der Fuhrparkleiter der Eppendorf Group, bereits vor zwei Jahren gefasst. Der Lifescience-Konzern aus Hamburg hat seine Flotte, die in Deutschland aus 200 Geschäftswagen besteht, bereits zu 70 Prozent auf E-Autos umgestellt. Auf die Stromer von Volkswagen, den BMW i4 und i5, Mercedes, aber auch das Model Y von Tesla. Ende 2027 soll die gesamte Flotte elektrifiziert sein. „Dann sind wir komplett CO₂-neutral.“

Weniger Unfälle und Knöllchen für Raser

Wie der frühere Mercedes-Verkäufer einräumt, verlief die Umstellung nicht ganz friktionsfrei – die meisten Außendienstler schwörten auf ihren Diesel. Baltaci: „Einer fuhr seit 25 Jahren immer VW Passat, immer in der gleichen Konfiguration und Farbe.  Jetzt fährt er einen Hyundai Ioniq 6 – und ist begeistert von dem Auto.“

Gleiches gilt für den Fuhrparkleiter, der selbst einen Tesla fährt.  Denn die Elektrifizierung der Flotte schlägt sich in mancher Hinsicht positiv nieder. „Die Mitarbeiter fahren mit Elektroauto viel, viel entspannter. Die Zahl der Ordnungswidrigkeiten ist seit 2023 um fast 40 Prozent runtergegangen, wir haben weniger Verkehrsunfälle und eine Gesamtkostenersparnis von 13,5 Prozent“, zählt Baltaci auf. „Wir sind jetzt im Schnitt bei 32 Cent pro Kilometer – ich verstehe nicht, warum es noch Fuhrparkleiter gibt, die dem Verbrenner die Stange halten.“

Zumal sich nach dem Car Cost Index 2025 des Leasinganbieters Ayvens (früher: ALD LeasePlan) die durchschnittlichen Gesamtbetriebskosten (TCO) von Verbrennern und E-Fahrzeugen – vom Kleinwagen bis zur Oberklasse – immer mehr annähern. In den meisten europäischen Ländern sind die monatlichen Kosten über alle Antriebsarten für E-Fahrzeuge bereits günstiger. Deutschland schneidet aufgrund der hohen Stromkosten noch am schlechtesten ab. Lediglich in der oberen Mittelklasseliegen auch bei uns die monatlichen Kosten mit 1111 Euro etwa 50 Euro unter denen vergleichbarer Benziner oder Dieselautos.

Günstigere Preise, wachsende Reichweiten

Und die Rechnung wird für Flottenfahrzeuge zunehmend zugunsten eines Batterieautos  aufgehen. Auch weil die  Bundesregierung beschlossen hat, die Stromer bis 2035 von der Kfz-Steuer zu befreien. Aber auch, weil Elektroautos immer günstiger werden: Der Abstand zu den Verbrennern liegt nach einer Untersuchung des Center of Automotive Research (CAR) aktuell nur noch bei etwa 2243 Euro. Noch vor 2030 wird nach der Prognose des CAR Preisparität erreicht.

Den Flottenbetreibern und den Vielfahrern unter den Dienstwagen-Berechtigten kommt auch entgegen, dass die Batterietechnik große Fortschritte macht. Nach Erhebungen der Deutschen Automobiltreuhand GmbH (DAT) betrug der Reichweitengewinn in den zurückliegenden fünf Jahren 54 Prozent – im Schnitt kommen die Stromer heute 495 Kilometer weit. Reichweitenangst muss zumindest in Deutschland niemand mehr haben. Zumal der Ausbau der Ladeinfrastruktur zügig voran geht. Zu den rund 200 000 öffentlichen Ladepunkten kommt nach Schätzungen des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) eine „kaum bezifferbare Anzahl an privaten Ladepunkten und auf Firmengeländen, die die öffentliche Infrastruktur noch einmal deutlich übersteigen dürfte“.

Stromer günstiger als Verbrenner
Rechnet man sämtliche Kosten in die TCO-Bilanz ein, haben Mittelklasse-Stromer mittlerweile in allen Ländern Westeuropas einen Kostenvorteil gegenüber Benzinern, Dieselautos und Plug-in-Hybriden, zeigt sich im „Car Cost-Index 2025“ des Leasinganbieters Ayvens. Grafik: Ayvens

Die Eppendorf Group hat an ihrem Firmensitz in Hamburg inzwischen 25 mit Wechselstrom betriebene Ladepunkte installiert, die nicht nur den Mitarbeitern zur Verfügung stehen, sondern nach Feierabend auch von jedermann genutzt werden können. Gegen Bezahlung versteht sich – die kostenlose Abgabe von Strom an die Beschäftigten wurde inzwischen gestoppt. Weil die Möglichkeit zu intensiv genutzt wurde – und Fahrer von konventionell angetriebenen Autos nach Tank-Gutscheinen riefen.

„Stammtisch-Ängste“ unter Vielfahrern

Probleme bei der Antriebswende im Fuhrpark gibt es natürlich trotzdem. So hat Wolfgang Eck vom Bundesverband Betriebliche Mobilität unter seinen Mitgliedern die Kilometerschrubber als schärfste Skeptiker ausgemacht. „Wo es möglich ist, werden die Flotten sukzessive elektrifiziert. Aber es gibt Vielfahrer, die 200.000 Kilometer und mehr pro Jahr fahren. Die beklagen, ständig an den Ladesäulen zu stehen und dadurch zu viel Zeit zu verlieren.“ 

Diese und andere „Stammtisch-Ängste“ (Eck) wie die Mär von einer erhöhten Brandgefahr gab es auch bei der Eppendorf Group, nachdem Fuhrparkleiter Baltaci den Vorstand mit einem 40-seitigen Strategiepapier überzeugt hatte, am deutschen Standort nur noch Elektroautos für die Flotte zu ordern. Doch die Stimmen der Kritiker sind in Hamburg längst verstummt – weil Baltaci die Mitarbeiter mit einem ausgeklügelten Konzept an die Technik heranführte.

„Es reicht nicht“, warnt er seine Kollegen, „Mitarbeitern die Schlüssel für das E-Auto sowie eine Ladekarte in die Hand zu drücken und zu sagen: Versuch dein Glück.“ Alle Dienstwagen-Fahrer bekommen bei ihm erst einmal eine dreistündige Schulung, in der sie über die grundsätzlichen Besonderheiten der Elektromobilität sowie über das Fahren und Laden eines Elektroautos aufgeklärt werden. Ähnlich viel Zeit werde auf die Übergabe des E-Autos verwendet, die Baltaci alle persönlich getestet hat und bestens kennt. Und zwei Wochen danach werden in einem Teams-Call die ersten Er-Fahrungen ausgetauscht und noch offene Fragen der E-Neulinge geklärt. „Nur so klappt das.“

Axa erlaubt nur noch Stromer

Eine ähnliche Strategie fährt Susan Decker, Mobility Spezialistin im Fuhrparkmanagement des Versicherungskonzerns Axa. „Entscheidend war, die Mitarbeiter beim Umstieg mitzunehmen“, sagt die Managerin, die aktuell 960 Dienstwagen betreut, die im Leasing immer über vier Jahre laufen.

Dafür wurde bereits 2020 ein „E-Pilot“ aufgesetzt, für den sich jeder Dienstwagenberechtigte bewerben konnte. Aus den positiven Erfahrungen des Projektes und in Absprache mit den Betriebsräten erfolgte im April 2025 die Entscheidung, nur noch Autos mit Stecker neu in den Axa-Fuhrpark aufzunehmen.

Axel Schäfer
„Viele unserer Mitglieder sind schon weiter als die Politik und auch weiter als private Autokäufer“, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Betriebliche Mobilität. Foto: BVF

„Wir müssen unsere Mitarbeiter überzeugen und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg entscheiden“, betont Decker. „Zur Unterstützung haben wir eine wöchentliche E-Mobility-Sprechstunde und eine Seite im Intranet eingerichtet. Zudem nehmen erfahrene E-Testimonials skeptischen Mitarbeitern in persönlichen Gesprächen die Angst vor dem Umstieg.“

Hohe Ladestrompreise als Handicap

Als entscheidendes Puzzelteil sieht Decker aber auch die Leasinggeber. „Einen zu finden, der diesen Weg mitgeht, war am Anfang gar nicht so einfach.“ Gelandet ist sie schließlich bei LeasePlan, der heutigen Ayvens.

Verbands-Geschäftsführer Schäfer sieht die Antriebswende im Fuhrpark inzwischen betriebsseitig auf einem guten Weg. Nun sei die Politik gefordert, für eine verlässliche Entwicklung  zu sorgen – und auf die Energieversorger einzuwirken. Die Ladestrompreise hierzulande seien viel zu hoch. Das findet auch Fuhrparkmanager Baltaci: „Bei einem Preis von 39 Cent pro Kilowattstunde würden sicher auch viele Privatleute umschwenken.“

(Mit Ergänzungen von Franz W. Rother)

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