Keine Frage: Einige der verwöhnten Bentley-Kunden werden die Zwölfzylinder-Motoren vermissen, die den Topversionen aus Crewe ein besonderes Prestige gaben und imposante Fahrleistungen lieferten. Dabei braucht sich, was die Leistungsdaten anbetrifft, der überarbeitete Flying Spur nicht zu verstecken. Denn der Antrieb der viertürigen Sportlimousine mobilisiert 575 kW (782 PS) und ein Drehmoment von 1.000 Newtonmeter. Das sind immerhin über 100 kW oder 147 PS mehr als der W12-Vorgänger aufzubieten hatte.
Und der stärkste Viertürer-Bentley aller Zeiten kann nicht nur beängstigend gut spurten und aus dem Stand in Tempo-100-Marke in 3,5 Sekunden hinter sich lassen. Der 2,6 Tonner weiß sich auch als Teilzeitstromer in Szene zu setzen. Denn im Getriebetunnel versteckt sich ein 140 kW starker Elektromotor, der von einem 25,9 kWh großen Akku mit Strom gefüttert wird. Der Energiegehalt reicht, um das Luxusauto rund 75 Kilometer emissionsfrei stromern zu lassen. Und das mit einer Geschwindigkeit von immerhin 140 km/h. An der Ladesäule braucht es allerdings etwas Geduld: Strom nimmt der Bentley nur mit maximal 11 kW auf. Für eine vollständige Ladung des Akkus braucht es fast drei Stunden – da ist von „Speed“ nicht mehr viel zu spüren.
Wichtiger als das rein elektrische Fahren dürfte so manchem Käufer eines Bentley Flying-Spur Plug-in Hybrid allerdings die Verbrauchsreduzierung sein, die mit der Elektrifizierung des Antriebsstrangs einher geht. Bis zu 800 Kilometer sollen dadurch darstellbar sein. Trotz der Verkleinerung des Tanks auf 80 Liter. Zum Vergleich: Mit dem Inhalt seines damals noch 90 Liter fassenden Tanks kam der Zwölfzylinder bestenfalls 600 Kilometer weit.
Preise starten bei 276.800 Euro
Gerade an das nahezu geräuschlose Cruisen im Elektromodus gewöhnt man sich schnell. Für die hohe Aufenthaltsqualität sorgen auch die exzellenten Komfortsessel, die einen bei Bedarf massieren und auf Wunsch sogar die Körpertemperatur messen – wozu immer das gut sein mag. Trotz Allradantrieb und achtstufigem Doppelkupplungsgetriebe mimt der Flying Spur allerdings nicht die lässige Sänfte eines BMW i7 oder eines Rolls-Royce Ghost mimt.
Der 5,32 Meter lange „Ultra Performance Hybrid“ ist, dem sportlichen Image der Marke entsprechend, mehr als einen Hauch straffer abgestimmt und stärker fahrerorientiert als seine stärksten Wettbewerber. Das bekommen vor allem die Fondpassagiere zu spüren. Sie kommen zwar ebenfalls in den Genuss klimatisierter Massagesessel, müssen aber mit einer geringen Kopffreiheit leben und einer Fahrwerksdämpfung, die sich nicht besonders anstrengt, Fahrbahnunebenheiten wegzubügeln.
Elektro-Offensive verzögert sich
So grandios luxuriös der mindestens 276.800 Euro teure Bentley Flying Spur Speed als Plug-in-Hybridversion auch ist – er ist und bleibt mehr Fahrerauto als Chauffeurs-Sänfte. Sein wohl einziger echter Makel: Der Laderaum fasst gerade einmal 346 Liter. Da bietet sogar ein VW ID.3 (385 Liter) mehr.
Sein erstes vollelektrisches Modell wollte die Audi-Tochter eigentlich schon im kommenden Jahr anbieten. Inzwischen wird Ende 2026 als Starttermin für den ersten Vollstromer von Bentley genannt. In der Zwischenzeit will das Unternehmen weitere „Hunderte von Millionen“ in Plug-in-Hybride investieren, die bis in die frühen 2030er-Jahre verkauft werden sollen. Soll heißen: Der Flying Spur PHEV bleibt kein Einzelstück, der neue Antrieb gibt vielmehr die Richtung vor.
(Mit Ergänzungen von Franz Rother)