Die Gefahr, dass ein mit Benzin oder Diesel betriebenes Auto in Flammen aufgeht, ist um ein Vielfaches höher als bei einem Elektroauto. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die am Lehrstuhl „Production Engineering of E-Mobility Components“ (PEM) der RWTH Aachen angestellt wurden. Die Ausfallrate von Elektromobilen liegt demnach nur bei einer Quote von 0,9 und 1,2 pro 10.000 Autos. Bei klassischen Fahrzeugen mit Verbrennungskraftmaschine kommen auf 10.000 Autos statistisch 7,3 Brandunfälle.

Akku schwerer zu löschen als Benzintank

Dafür wiegen bei E-Autos die Folgen schwerer, geht aus dem englischsprachigen Whitepaper „Herausforderungen und Lösungen in der Batteriesicherheit“ hervor. „Beim thermischen Durchgehen von Lithium-Ionen-Akkus wird deutlich weniger Energie freigesetzt als bei einem vergleichbaren Benzintank, aber der daraus entstehende Batteriebrand ist viel schwieriger zu löschen“, sagt Institutsleiter Professor Achim Kampker. Der bekannte Maschinenbauingenieur zählt als Co-Gründer von Streetscooter zu den Pionieren der Elektromobilität in Deutschland.

Achim Kampker 
Der Miterfinder von StreetScooter und Gründer des Vereins „Ingenieure retten die Erde“ ist Inhaber des Lehrstuhls "Produktionsentwicklung von Komponenten für die Elektromobilität (PEM) an der RWTH Aachen. Foto: RWTH Aachen
Achim Kampker
Der Miterfinder von StreetScooter und Gründer des Vereins „Ingenieure retten die Erde“ ist Inhaber des Lehrstuhls „Produktionsentwicklung von Komponenten für die Elektromobilität (PEM) an der RWTH Aachen. Foto: RWTH Aachen

Das verheerende Feuer auf dem Autotransporter „Freemantle Highway“ in der Norsee hatte die Diskussion um das Brandrisiko von Elektroautos kürzlich wieder entfacht: Nach ersten Ferndiagnosen schien es so, als könnte eines der 500 Elektroautos an Bord die Katastrophe mit einem Akkubrand ausgelöst haben. Inzwischen aber sieht es so aus, als hätten sämtliche Stromer das Flammeninferno völlig unbeschadet überstanden.

Sicherheit noch verbesserungsfähig

Was nicht heißt, dass kein Handlungsbedarf besteht. Zwar seien bereits zahlreiche aktive und passive Sicherheitsmaßnahmen im Einsatz, um der Gefahr eines sogenannten „Thermal Runaways“ entgegenzuwirken. Solch ein thermisches Durchgehen tritt auf, wenn eine Batteriezelle an Bord eines Autos (oder in einem Laptop) mehr Wärme produziert, als sie abführen kann. Das kann durch elektrische (Kurzschluss), mechanische (Unfall) oder thermische Auslöser, aber auch durch Verunreinigungen der Batteriezelle und Fehler bei der Akku-Produktion verursacht werden. Das Problem dabei ist: Wird eine bestimmte Schwellentemperatur überschritten, ist das Durchgehen der Batteriezelle nicht mehr aufzuhalten. Die gespeicherte Energie wird dann schnell in Form von Hitze und auch brennbaren Gasen freigesetzt.

Die Herausforderung bei der Batteriesicherheit liege in ihrer Berücksichtigung auf sämtlichen Ebenen der Zell- und Akkupack-Konstruktion, sagt PEM-Leiter Kampker. „Wie bei den meisten neuen Technologien, legt die Forschung und Entwicklung großen Wert darauf, die Sicherheit im Vergleich zu derjenigen Technologie zu verbessern, die ersetzt oder optimiert werden soll.“

Es gibt kein Patentrezept

Zusätzlich zur elektrischen Isolierung der einzelnen Batterieeinbauten wird in Wissenschaft und Industrie derzeit intensiv daran gearbeitet, durch spezielle Barrierematerialien die Ausbreitung von Wärme während eines thermischen Ereignisses zu verhindern. Entstehendes Gas könnte außerdem durch eine bestimmte Form seiner Führung und Entlüftung sicher abgeleitet werden. Auch auf Zellebene gibt es unterschiedliche Sicherheitsvorkehrungen – etwa Vorrichtungen zur Stromunterbrechung und Materialien mit positivem Temperaturkoeffizienten. Das Problem ist nur: Nicht für alle Batterietypen sind die Maßnahmen gleichermaßen geeignet.

„Die genannten Sicherheitsmerkmale und -strategien“, heißt es in der Studie, „können separat zum Einsatz kommen. Aber ein vielseitiger Ansatz auf System- und Zellebene kann die allgemeine Betriebssicherheit von Maschinen, die Lithium-Ionen-Batterien verwenden, erheblich verbessern.“ Dabei stünden aufgrund ihrer hohen Wirksamkeit vor allem Wärmeschutzmaterialien im Mittelpunkt. Soll heißen: Nicht nur für die Forscher in Aachen gibt es noch viel zu tun.

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