Das Bundesverkehrsministerium will selbstfahrende Autos künftig nur unter der Kontrolle eines „Betriebsführers“ zulassen. Das geht aus einem Entwurf des Ministeriums für ein „Gesetz zum autonomen Fahren in festgelegten Betriebsbereichen“ hervor. Damit will die Regierung selbstfahrende Autos der Stufe 4 und 5 zulassen, bei denen das Fahrzeug in bestimmten Fällen vollständig die Kontrolle übernehmen soll. „Dadurch können fahrerlose Kraftfahrzeuge im öffentlichen Verkehr genutzt werden, soweit die Betriebsbereiche für die jeweiligen Fahrzeuge durch die zuständigen Behörden freigegeben worden sind“, heißt es in einem Arbeitsentwurf vom April 2020, aus dem Golem.de zitiert. Der Betriebsführer soll die autonomen Funktionen jedoch deaktivieren oder einen Nothalt einleiten können.

Bislang haben sich internationale Gremien erst auf die Zulassungskriterien für sogenannte hochautomatisierte Fahrzeuge der Stufe 3 geeinigt. Vom kommenden Jahr an könnten daher erstmals selbstfahrende Serienautos auf deutschen Straßen unterwegs sein. Der automatische Spurhalteassistent darf allerdings nur auf autobahnähnlichen Straßen ohne Fuß- und Radverkehr bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h aktiv sein. Mercedes-Benz will im zweiten Halbjahr 2021 als erster Hersteller einen solchen Staupiloten anbieten.

Ambitionierter Zeitplan schon verfehlt

Bereits im vergangenen November hatte die Bundesregierung beschlossen, noch höher automatisierte Fahrzeuge zuzulassen und im März 2020 „ein Umsetzungspaket automatisiertes Fahren“ zu verabschieden. Dieses Ziel wurde jedoch verfehlt. Auf einem Autogipfel Anfang September bekräftigte sie hingegen die Pläne, dass Deutschland eine führende Rolle bei selbstfahrenden Autos einnehmen soll.

Demnach soll Deutschland „mit dem in Vorbereitung befindlichen Gesetz zum autonomen Fahren“ das weltweit erste Land werden, „das fahrerlose Kraftfahrzeuge im Regelbetrieb sowie im gesamten nationalen Geltungsbereich erlaubt“.

Interaktion mit Betriebsführer

Der 32-seitige Arbeitsentwurf aus dem Haus von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) definiert ein autonomes Auto als ein Fahrzeug, das die Fahraufgabe fahrzeugführerlos in einem festgelegten Betriebsbereich erfüllen kann“ und über die erforderliche „technische Ausrüstung“ verfügt. Diese Ausrüstung muss nicht nur das Auto steuern können, sondern auch in der Lage sein, „während der fahrzeugführerlosen Fahrzeugsteuerung den an die Fahrzeugführung gerichteten Verkehrsvorschriften zu entsprechen“. Ebenfalls soll es seine Systemgrenzen kennen und „beim Erreichen der Systemgrenze oder einer technischen Störung das Fahrzeug selbstständig in einen risikominimalen Zustand versetzen“.

Nicht erwünscht in Deutschland
Robo-Taxen wie die von Waymo wären hierzulande nach dem aktuellen Gesetzesentwurf kaum möglich, weil ein Betriebsführer mit an Bord sein müsste. Foto: Waymo

Weitere Funktionen setzen hingegen eine Interaktion mit dem sogenannten Betriebsführer voraus. So soll das System in der Lage sein, „bei sonstiger Beeinträchtigung der Fahraufgabe, die es nicht eigenständig zu bewältigen vermag, ein alternatives Fahrmanöver vorzuschlagen, welches durch den Betriebsführer freizugeben ist“. Zudem muss das System „jederzeit durch den Betriebsführer deaktivierbar“ sein.

Die „Betriebsbereiche“ sollen künftig von den Landesbehörden festgelegt werden. „Es wird lediglich vorgegeben, dass Betriebsbereiche nur im öffentlichen Straßenraum festgelegt werden können. Die Intention ist, grundsätzlich eine Vielzahl von Betriebsbereichen zu ermöglichen. Dabei sind die örtlichen Gegebenheiten stets zu beachten“, heißt es zur Begründung. Automatisierte private Parkhäuser fielen nicht darunter.

Die Pflichten des Betriebsführers

Darüber hinaus will die Regierung im Straßenverkehrsgesetz künftig neue Pflichten für die „Beteiligten beim Betrieb von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion“ festlegen. Dies betrifft zum einen den Halter, der sicherstellen muss, dass das autonome System vorschriftsmäßig funktioniert. Zum anderen soll der „Betriebsführer“ verpflichtet werden, „das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im fahrzeugführerlosen Betrieb unverzüglich zu deaktivieren, wenn er erkennt, dass das Fahrzeug nicht in der Lage ist, die Fahraufgabe selbstständig zu bewältigen, insbesondere sich selbständig in den risikominimalen Zustand zu versetzen“.

Dem Entwurf zufolge ist der Betriebsführer in Notfallsituationen verpflichtet, „unverzüglich Kontakt mit den Fahrgästen des Fahrzeugs herzustellen und die zur Verkehrssicherung notwendigen Maßnahmen einzuleiten“. Bei einem Unfall soll er die Aufgaben übernehmen, die üblicherweise vom Fahrzeugführer zu übernehmen sind.

Was das in der Praxis bedeutet, lesen Sie in Teil 2.

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2 Kommentare

  1. AF

    Die USA haben meiner Kenntnis nach ein anderes Konzept: Man kann seine Produkte auf den Markt werfen, aber wenn sie nicht sicher sind, sieht man sich einigen Klagen ausgesetzt. In Europa inklusive Deutschland muss man die Sicherheit erst nachweisen, dann kann man die Technik zulassen. Das ist m.E. etwas völlig anderes als die verschlafene E-Mobilität, wo die Politik der Autoindustrie ein Schlaflied summte.

    Die Kommerzialisierung der Technik geht auch in den USA schleppend voran. Aber inChina macht man voran, das liegt allerdings auch am mangelnden Datenschutz.

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  2. Hans Wurscht

    In den USA fahren die ersten Robotaxis (ohne Fahrer) bereits Kunden. Hier wird erst einmal überlegt wie man das bürokratisch am besten verhindern kann. Genau das gleiche Spiel wie bei der EMobilität.

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