Fabrizio Caselani ist ein verrückter Citroën-Fan. Sein Geld hat der Inhaber des Karosseriebauers Caselani mit der Fertigung von Bootskörpern aus Kunststoff gemacht. In seinem Herzen liebt der Lockenkopf aus der Lombardei jedoch nicht nur schlanke Rümpfe, die auf dem Mittelmeer und norditalienischen Seen das Wasser teilen, sondern die Automarke Citroën – wohl mehr als viele Franzosen. Besonders der Lieferwagen Fourgonnette – zwischen 1951 und 1987 auf Basis der ebenso legendären wie wankelmütigen „Ente“ Citroën 2CV produziert – hat es ihm angetan. Und dem Lieferklassiker für Maurer, Bäcker, Anstreicher, Bauern und Ordnungsbehörden wird durch Caselani nunmehr in einer Kleinserie von 200 Fahrzeugen neues Leben eingehaucht.

Berlingo-Umbau für 16.800 Euro

Auf Basis des aktuellen Citroën e-Berlingo (wahlweise 4,40 oder 4,75 Meter lang) wird in zwei Wochen und mit einem Bündel Geldscheine eine neue Fourgonnette. Mit dem einstigen Kleinlaster auf Rädern nebst klapprigen Türen und dünnen Reifen im Trennscheibenformat hat der neue Fourgonnette allerdings nichts mehr gemein. Er sieht mit seiner Front aus Kühlergrill, Stoßstange und Radkästen aus Glasfaser und den Plastikbeplankungen an den Seiten zwar aus wie der legitime Nachfolger des 2CV Kastenwagens. Doch er fährt sich dabei wie ein ganz normaler ë-Berlingo, mit Lamellenstruktur und Klarglasscheinwerfern eines Jeep Wrangler. Die starke Seitenneigung des historischen Vorbilds ist ihm ebenfalls fremd. Am Heck der Transporter-Version befindet sich ein kleines vertikales Fenster, das oben und unten abgerundet ist – ebenso eine Hommage an den 2CV wie die Chromapplikationen. Bei der Farbwahl gibt es zehn originale Pastelltöne aus den 60er- und 70er Jahren.

Historische Fliehkräfte 
Die starke Seitenneigung der 2 CV Fourgonette in Kurven ist dem dem umgebauten  Citroën ë-Berlingo 70 Jahre später fremd.
Historische Fliehkräfte
Die starke Seitenneigung der 2 CV Fourgonnette in Kurven ist dem dem umgebauten Citroën ë-Berlingo 70 Jahre später fremd.

Zugegeben, vielen Puristen und einigen Klassikfans wird es sich beim Anblick des Franko-Italo-Morphs im Magen umdrehen, während Croque Monsieur und Cafe au Lait unangetastet auf dem Bistrotisch verbleiben, da der Caselani-Berlingo vorbeirauscht. Doch gerade einige Gewerbetreibende mit französischem Blut dürften an dem Restomod der anderen Art ihre helle Freude haben – auch, weil das Projekt mit dem „Oui“ des Stellantis Konzerns und somit dem Placet der Citroën-Markeneigner erfolgt, die beim finalen Design nochmals wohlwollend Hand angelegt haben.

Designer von Citroën halfen mit

„Wir sind sehr stolz darauf, dass unser Bestseller Berlingo von Caselani neu aufgelegt wurde, inspiriert vom legendären 2CV Fourgonnette, der sowohl in der Geschichte von Citroën als auch in der Automobilbranche seine Spuren hinterlassen hat“, sagt Designchef Pierre Leclercq. „In den Ateliers des Karosseriebauers Caselani wurde mit dem Design begonnen – und wir haben dann Hand in Hand zusammengearbeitet. Unsere eigenen Designer haben die Arbeit genau im Auge behalten, um sicherzustellen, dass der ursprüngliche 2CV Fourgonnette nicht zu wörtlich interpretiert wird, das Ergebnis jedoch wirklich die DNA von Citroën in sich trägt.“

Zurück in die Zukunft 
Fabrizio Caselani entwickelte schon 2017 anlässlich des 70. Geburtstags des Citroën-Lieferwagens vom Typ H einen Karosseriebausatz auf Basis des Citroën Jumper. Fotos: Citroën
Zurück in die Zukunft
Fabrizio Caselani entwickelte schon 2017 anlässlich des 70. Geburtstags des Citroën-Lieferwagens vom Typ H einen Karosseriebausatz auf Basis des Citroën Jumper. Fotos: Citroën

Der rasselnde Zweizylinder des 2CV ist Vergangenheit. Und die meisten der insgesamt nur 200 Kunden dürften sich wohl für die 100 kW (136 PS) starke Elektroversion entscheiden, die stattliche 58.310 Euro kostet. Die Fahrleistungen nebst elektrischer Reichweite von rund 250 Kilometern sind im Vergleich zum normalen Modell durch das 50-kWh-Batteriepaket unverändert. So ist auf der Autobahn auch bei 135 km/h Schluss. Wer seinen eigenen Citroën ë-Berlingo im Fourgonnette-Design erstrahlen lassen möchte, muss allein für den Umbau 16.800 Euro bezahlen, das eigene Basisfahrzeug in die Lombardei bringen, hier bestenfalls zwei Wochen Urlaub machen und ihn dann wieder im neuen 2CV-Gewand mit nach Hause nehmen.

Wenig Retrocharme im Innenraum

Was dem Fourgonnette fehlt, sind aber nicht nur der rasselnde Klang des Zweizylinders, sondern auch die spartanische Ausstattung des frühzeitlichen Franko-Lademeisters. Im Innern präsentiert sich der Berlingo abgesehen von der optionalen Holzladefläche komplett unverändert – schade, denn ein paar Details vergangenen Jahrzehnte hätten ihm sowohl als Pkw- als auch als Nutzfahrzeugvariante gutgetan. So erstrahlen die Displays hinter Lenkrad und in der Mitte des Armaturenbretts ohne jeden Retrocharme. Gleiches gilt für Verkleidungen und Sitze.

Ganz neu ist die Idee mit dem Retro-Berlingo übrigens nicht: 2017 entwickelte der Fabrizio Caselani anlässlich des 70. Geburtstags des ebenfalls legendären Citroën-Lieferwagens vom Typ H (500.000 verkaufte Exemplare zwischen 1948 und 1981) einen Karosseriebausatz auf Basis des Citroën Jumper.

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