Über Geschmack lässt sich bekanntlich (nicht) streiten. Wer einen kompakten Stelzen-Stromer aus dem Stellantis-Konzern will, kann unter anderem zwischen dem Opel Frontera Electric und dem Citroën ë-C3 Aircross wählen. Beide stehen auf der sogenannten „Smart Car Platform“ des Konzerns. Und beide Modelle sind ansehnlich. Doch beim Citroën sticht die Front ins Auge, die dem neuen, kantigeren Antlitz entspricht, das uns schon beim ë-C3 gefallen hat. Manche Citroën-Fans werden dennoch den weicheren Linien nachtrauern. Aber auch der „Alltagsheld“ von Opel kann sich sehen lassen. Hier entscheidet dann eben der persönliche Gustos.
Beim Preis sind es dann schon die eindeutigen Fakten. Und da fahren die Franzosen eine harte Linie. „Wir wollen den Abstand zu Dacia wieder herstellen“, erklärt Thierry Blanchard, Produktmanager der Citroën C3-Baureihe. Kein leichtes Unterfangen. Denn Renaults Budgetmarke hat bei der Anmutung und dem Design zugelegt, ist aber immer noch recht preiswert unterwegs. Der erste Konter mit dem Citroën ë-C3 aber sitzt. Europachef Laurent Diot verkündet stolz, dass bereits rund 87.000 Bestellungen für den Kleinwagen vorliegen, 40 Prozent davon wurden mit einem vollelektrischen Antrieb geordert. Die Produktion des Modells im slowakischen Trnava läuft also schon auf vollen Touren.

Der Citroën ë-C3 Aircross ist der Cousin des Opel Frontera, geht trotz identischem Antrieb stilistisch aber einen eigenen Weg.
Jetzt soll auch der größere Bruder C3 Aircross den Preisbrecher geben. Nur eben im Kompakt-Segment, eine Etage darüber. Die Einstiegsvariante des C3 Aircross mit dem 74 kW oder 101 PS starken Verbrennungsmotor ist ab 18.790 Euro zu haben, der gleich stark motorisierte Dacia Duster mit LPG-Motor kostet mindestens 18.990 Euro. Also passt auch das.
Aber hier geht es ja um die vollelektrische Variante und da zeigt man erst einmal dem Verwandten aus Deutschland eine lange Nase. Als BEV kostet der ë-C3 Aircross mindestens 26.490 Euro. Das sind 2.500 Euro weniger als Opel für den Frontera Electric aufruft. Die von uns gefahrene vorläufige Top-Version Max schlägt mit 30.890 Euro zu Buche – beim Opel Frontera GS wären es 32.490 Euro.
143 km/h müssen genügen
Also einfach die Marseillaise summen, sich hinter das Steuer des Franzosen schwingen und sich über das gesparte Geld freuen? So einfach ist das nicht. Trotz Gleichteilestrategie unterscheidet sich der Gallier in einigen wichtigen Punkten vom Rüsselsheimer. Das geht schon beim Advanced Comfort-Fahrwerk mit den hydraulischen Anschlägen bei den Stoßdämpfern los. Die Abstimmung des Citroën ist deutlich komfortabler ausgelegt als beim Opel und eben nicht so verbindlich. Sobald man schneller in die Kurven geht, neigt sich der Aufbau des e-C3 leicht.

Der ë-C3 Aircross ist recht weich abgestimmt: Sobald man schneller in die Kurven geht, neigt sich der Aufbau des e-C3 leicht.
Das oben und unten abgeflachte Lenkrad nervt bisweilen beim Rangieren und der Antrieb könnte ein paar Kilowatt mehr vertragen: Es stehen lediglich 83 kW zur Verfügung. Aber da bietet Opel allerdings auch nicht mehr. Der ë-C3 Aircross absolviert damit den Standardsprint von null auf 100 km/h in 12,9 Sekunden und ist bis zu 143 km/h schnell. Rekordverdächtig ist die Höchstgeschwindigkeit nicht gerade. Aber beim Opel ist schon bei 140 km/h Schluss.
Verbrauchsanzeige kommt später
Citroën gibt den Durchschnittsverbrauch seines Modells mit 18,3 kWh/100 km an. Dass der Bordcomputer den aktuellen Stromdurst (wie auch beim Fiat Grande Panda, ab 24.900 Euro) partout nicht anzeigen will, ist alles andere als optimal. Gerade bei einem Elektroauto, das viele E-Novizen kaufen werden, will man stets über den Energieverbrauch informiert sein. Aktuell verrät der Bordcomputer nur, wie weit man mit dem Inhalt des Akkus voraussichtlich noch kommt.

Auf den meisten Autobahnen in Europa herrscht ein Tempolimit von 130 km/h. Da kann der ë-C3 Aircross gut mitschwimmen.
Aber Citroën gelobt immerhin Besserung. Die wird aber nicht per drahtlosem Update möglich sein, sondern mit einem neuen Bordcomputer, der in die Autos voraussichtlich ab dem Sommer montiert wird. Bei unserer Testfahrt, bei der wir auch mal flotter unterwegs waren, einige Höhenmeter überwanden und schnelle Autobahnkilometer absolvierten, kamen wir auf einen errechneten Durchschnittsverbrauch von ungefähr 22 kWh/100 km.
44-kWh-Akku muss erst einmal genügen
Unser Testwagen war mit der 44-Kilowattstunden-Batterie (Lithium-Ferrophosphat / LFP) bestückt, deren Kapazität für immerhin 307 Kilometer gut sein soll. Das entschuldigt aber nicht, dass das DC-Schnellladen nur mit maximal 100 kW möglich ist. Daher ist es der vergleichsweise geringen Kapazität der Akkus zu verdanken, dass während einer Pause von 26 Minuten der Füllstand des Akkus von 20 auf 80 Prozent steigt. An einer mit Wechselstrom betriebenen Wallbox fließt der Strom gegen Aufpreis dreiphasig mit 11 kW, Serie sind lediglich 7,4 kW.

Bei Citroën haben sie sich eine preiswerte Alternative zum HUD einfallen lassen: Über dem Lenkrad gibt es ein schmales Anzeigenband.
Demnächst wird der französische Autobauer größere Akkus nachschieben. Wir gehen von 54 kWh Kapazität aus, die dann auch mit einem 115 kW oder 156 PS starken Antrieb Fahrwerk gekoppelt sein dürften. Damit sollten rund 400 Kilometer Reichweite und auch ein bisschen mehr Esprit bei der Beschleunigung möglich sein. Das Fahrwerk gibt es auf alle Fälle her.
Komfort wird groß geschrieben
Der Komfortgedanke zieht sich durch das ganze Auto. Also bekommt auch ë-C3 Aircross die Advanced Comfort-Sitze mit einer um 15 Millimeter dickeren Polsterung. Das Lounge-Feeling gefällt: Es geht allerdings auf Kosten des Seitenhalts. Beim Platzangebot punktet der 4,39 Meter lange Franzosen-Stromer. Sowohl bei der Ellbogenfreiheit als auch im Fond, wo man es sich auch mit einer Körpergröße von 1,85 Meter bequem machen kann. Der Kofferraum hat ein Volumen von 460 Liter, klappt man die Lehnen der Rücksitze um, sind es 1.600 Liter.

Der Kofferraum hat ein Volumen von 460 Liter, klappt man die Lehnen der Rücksitze um, sind es 1.600 Liter. Fotos: Citroën
Beim Infotainment gehen die Franzosen ihren eigenen Weg. Statt eines Zehn-Zoll-Displays für die digitalen Instrumente setzt Citroën wie beim kleineren e-C3 auf ein schmales Anzeigenband oberhalb des Lenkrads. Beim Touchscreen herrscht mit einer Größe von 10,25 Zoll zu zehn Zoll beim Frontera fast Gleichstand.
Sieben Sitze nur mit Verbrennermotor
Die Bedienung ist beim ë-C3 Aircross nicht immer intuitiv und auch die grafische Anmutung könnte eine Auffrischung vertragen. Bei der Verarbeitung leistet sich das französische E-SUV hingegen keine Schwächen: Auch bei schlechten Straßenverhältnissen klappert und knarzt nichts.
Bleibt noch der Blick auf die Ausstattungsliste. Der Citroën bietet serienmäßig eine Einparkhilfe hinten, eine Klimaanlage und wie der Opel Frontera eine Handyhalterung statt eines Touchscreens. Den C3 Aircross gibt es auch als Siebensitzer. Aber dann muss das Auto mit einem Verbrennungsmotor geordert werden.