Bisher hießt es immer: Ein Elektroauto ist ab 50.000 Kilometer Fahrleistung besser für das Klima als ein vergleichbares Dieselfahrzeug. Der ADAC geht sogar von nur 40.500 Kilometern aus, wenn das E-Fahrzeug ausschließlich Ökostrom lädt. Denn dann ist es im Alltragsbetrieb für fast keine Emissionen von Treibhausgasen mehr verantwortlich.

Aber: Den Akku im Auto zu fertigen, ist sehr energiehungrig. Wenn also ein Stromer aus dem Werk rollt, gelangte für seine Produktion mehr CO2 in die Luft als beim Verbrenner-Fahrzeug. Diesen Klima-Rucksack genannten Rückstand holt das E-Auto dann erst im Laufe seiner Lebenszeit auf, meist nach drei bis vier Jahren bei durchschnittlicher Fahrleistung.

Diesen Fleck auf dem Image des Stromers will nun Ola Källenius, Vorsitzender des Vorstands der Daimler AG und der Mercedes-Benz AG, wie er sich offiziell nennen darf, ausmerzen. Dazu will er die gesamte Pkw-Produktion in den eigenen Werken klimaneutral gestalten und auch den ökologischen Fußabdruck der bei den Zulieferern gekauften Batteriezellen minimieren. Das hat er jetzt in einem Video-Interview verkündet.

Um den Klima-Rucksack hatte es in der Vergangenheit leidenschaftliche Diskussionen gegeben. Kritiker der Elektromobilität arbeiteten mit zum Teil sehr hohen Zahlenwerten für die Mengen an CO2, die beim Herstellen einer Batterie angeblich anfielen. Es entstand der Mythos der 17 Tonnen Kohlendioxid pro Akku – wäre dieser Wert korrekt gewesen, wäre fast jeder Diesel-Pkw über seine Lebensdauer hinweg besser fürs Klima als ein Stromer. Doch der Wert beruhte letztlich auf einem Missverständnis.

Erst in Europa, dann im Rest der Welt

Ursprünglich hatte Källenius vorgehabt, die Pkw-Fabriken in Europa bis Ende 2022 klimaneutral zu betreiben. „Wir haben dieses Ziel jetzt auf die ganze Welt ausgeweitet“, sagte er jetzt in einem vom Unternehmen selbst produzierten Video-Interview. Der Daimler-Chef erzählte, er habe Anfang des Jahres das Mercedes-Werk im US-Bundestaat Alabama besucht. Dort habe ihm das Team gesagt, was die Kollegen in Europa könnten, würden sie auch dort schaffen. Nun sollen die Werke weltweit, nicht mehr die Erdatmosphäre aufheizen – ausgenommen sind, die für Nutzfahrzeuge. Allerdings wird sich diese Maßnahme nicht allein durch den Einsatz Erneuerbaren Energien erreichen lassen, sondern vermutlich auch durch Kompensationsmaßnahmen – etwa das Aufforsten von Wäldern -, bei denen C02 gebunden wird.

Mercedes-Benz EQS Prototyp auf Erprobungsfahrt
Will gut zum Klima sein
Mercedes-Benz EQS Prototyp auf Erprobungsfahrt. Foto: Daimler

Aber nicht nur die eigene Fertigung geht Källenius an, auch die der Zulieferer, die in der Regel für den größten Teil der Wertschöpfung verantwortlich sind. „wir fordern sie damit heraus“, räumt der Konzernchef ein. Aber viele hätten bereits fortschrittliche Strategien in diesem Bereich. Das betrifft auch die Fertigung der Batteriezellen, für die einige Energie erforderlich sei. Beim neuen EQS, der das Flagschiff der neuen Produktpalette der Elektroautos von Mercedes sein soll, werde auch deren Herstellung ohne Brutto-Emissionen in die Atmosphäre auskommen.

Das Schwestermodell der konventionellen S-Klasse debüttiert kommendes Jahr und entsteht in einer neuen Halle namen Fabrik 56 im Werk Sindelfingen. „Es wird unsere modernste Hightech-Fabrik“, versicherte der Konzernchef. Zuvor wird Mercedes den E-Van EQV und den kompakten EQA bringen. Insgesamt planen die Stuttgarter mit zehn vollelektrischen EQ-Modellen in den kommenden fünf Jahren. Deren Batterien und die für die Hybrid-Fahrzeuge entstehen im sächsischen Kamenz, das Kompetenzzentrum für die Akkufertigung im Konzern ist – und an sieben weiteren Standorten weltweit.

Daimler ist nicht der einzige Hersteller, der Auto klimaneutral fertigen will. VW-Chef Herbert Diess hatte vergleichbare Pläne bereits Anfang 2019 vorgestellt. Auch Volvo will etwa bis 2040 als ganzes Unternehmen CO2-neutral arbeiten.

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