Belastbare Zahlen zu den CO2-Emissionen, für die Elektroautos verantwortlich sind, gibt es selten. Umso überraschender, dass Volkswagen bei einem Presseworkshop in der Gläsernen Manufaktur in Dresden vergangenen Monat einen ungewohnt offenen Einblick in die geplante CO2-freie Fertigung der neuen Elektroautos gab.
Ein durchschnittliches Fahrzeug des VW-Konzerns, markenübergreifend, stößt zeit seines Lebens rund 44 Tonnen CO2 aus bzw. ist für diesen Ausstoß verantwortlich. Wir waren bislang von weniger ausgegangen – aber vielleicht ziehen die Konzernschwestern Porsche, Bentley und Audi die Bilanz hoch. Oder VW-Fahrzeuge halten tatsächlich länger als die Konkurrenz.
Im Laufe des Fahrzeuglebens sorgen die Produktion, die Nutzungsphase und schließlich das Recycling für Emissionen. Zunächst steht aber die Vorkette an, mit rund sechs Tonnen CO2. Darunter auch die Rohstoffförderung. Die Produktion ist nur für rund eine Tonne verantwortlich.
Den Großteil macht die Nutzung aus. Hier ist Volkswagen aber nur eingeschränkt handlungsfähig – jeder kann selbst entscheiden, welches Auto er wie schnell fährt und wie er lädt oder tankt. Dabei erkennt VW den Klimawandel als gesamtgesellschaftliches Problem an – 14 Prozent aller Treibhausgasemissionen kommen aus dem Transportsektor.
Bei VW heißt das konkret: Während der Nutzung fallen 35 der 44 Tonnen an. Sechs Tonnen CO2 für die Treibstoffbereitstellung und 29 Tonnen an Treibstoff. Das zeigt, warum Volkswagen auf die Elektrifizierung setzt: Hier liegt das größte Einsparpotenzial.
Hinzu kommen saubere Kraftwerken, eigene Ladeangebote für E-Autos und neue Mobilitätsservices – mit denen VW auch außerhalb des Autos Emissionen einsparen will. Wichtig ist auch die Antriebsvielfalt. Diesel, Benzin, Erdgas, E-Autos, Hybride und Plug-in-Hybride sorgen dafür, dass jeder Käufer nach seinem Fahrprofil den sparsamsten Antrieb auswählen kann.
Gute Nachricht für alle, die nun Angst vor einer vorgeschriebenen E-Mobilität bekommen: VW rechnet auch 2040 noch mit Marktanteilen für Verbrenner. Allerdings im Nischenbereich – ein der EU, in China, selbst in den USA dürfte dann mehr als die Hälfte des VW-Portfolios rein elektrisch fahren.
Weitere Aspekte der klimaneutralen Produktion finden Sie in unserer Bildergalerie:
Das Recycling macht am Ende noch einmal drei Tonnen aus. Allerdings kann eine aufwendige Wiederverwertung sinnvoll sein, da wiedergewonnenes Material die Emissionen der Vorkette senken kann. Logisch: Recyclingstahl aus Deutschland kann chinesische Importe ersetzen und so die Bilanz verbessern.
Elektroauto am klimafreundlichsten
Unterm Strich ist das reine Elektroauto am klimafreundlichsten. Für Edison-Leser ist das keine neue Erkenntnis, aber mit 120 Gramm CO2 pro Kilometer nennt VW noch eine sehr defensive Zahl – bezieht sich aber auch auf den EU-Strommix mit nur 30 Prozent Erneuerbaren. Der Diesel mit 141 Gramm CO2 ist damit etwa auf Plug-in-Hybrid-Niveau. Erdgas schneidet noch schlechter ab – denn Produktion und Lieferkette sind CO2-intensiver als bei Diesel und Benziner.
Allerdings reden wir hier von Durchschnittsautos. Wenn VW 173 Gramm für einen Benziner angibt, dann trifft das natürlich weder auf kleine Benziner wie Up oder Polo, noch auf sparsame Hybride wie Hyundais Ioniq oder Toyotas Yaris zu.
Um da mitzuhalten, soll ab der Einführung des ID. in diesem Jahr gelten: 100 Prozent Ökostrom bei der Akkuproduktion, bei der Autoproduktion und idealerweise auch beim Laden – etwa über die neue Strom-Tochter Elli.
Christian Senger, der lange Zeit für die E-Mobile von VW verantwortlich war, betont auch das Potenzial von E-Autos. Die Ökobilanz lasse sich bis 2050 noch deutlich verbessern.
Sorgen macht die Lieferkette
Das Problem ist die Lieferkette. Je weiter weg, desto schwieriger wird es. Das höchste Risiko für CO2-Emissionen liegt laut VW bei der Materialförderung und -weiterverarbeitung. Denn direkte Geschäftsbeziehungen beginnen erst mit den Zulieferern. Umso wichtiger sei es, dass diese mitziehen, erklärte Marco Philippi, der den Bereich Strategie der Volkswagen Konzernbeschaffung leitet.
Ein Mittel, sich abzusichern, sind Zertifizierungen. Etwa für kritische Rohstoffe wie Kobalt, oder auch Tantalum, Zinn und Gold.
In der Fertigung ist die Lackierung der energieintensivste Vorgang. Das mag überraschen, aber bis zu 60 Prozent des Energieverbrauchs fallen hier an. Der hohe Energiebedarf wird für VW zum Balanceakt: Der Konzern muss sich mehr um die Energieversorgung kümmern, sie wohlmöglich in die eigene Hand nehmen – und dabei so günstig sein wie ein professioneller, reiner Stromanbieter. Eine anspruchsvolle Aufgabe.