Wenn es um die Produktion von Elektroautos geht, rückt ein Bauteil zunehmend in den Fokus der Markenstrategen: Die Batterie. Ohne leistungsfähige Akkus und eine stabile Versorgung mit den Energiespeichern ist jede noch so ausgeklügelte Unternehmensstrategie unweigerlich zum Scheitern verurteilt. Um dieser Akku-Angst entgegenzuwirken, wiederholen die Top-Manager der deutschen Autobauer fast schon gebetsmühlenartig, wie sicher die Lieferverträge mit den Akkuherstellern aus Fernost sind. Parallel versuchen sie mit aller Gewalt eigene Batteriefabriken aus dem Boden zu stampfen. Zumeist in Kooperation mit externen Partnern wie CATL aus China oder – im Falle von VW – mit Northvolt aus Schweden. Denn eine krisenfeste Versorgung mit dem teuersten und wohl wichtigsten Bauteil eines Elektroautos ist nur dann gewährleistet, wenn man die Batterieherstellung selbst in der Hand hält und sich nicht auf andere verlassen muss.

Blaue Ameise
Auch wenn die Produktion der Zellen weitgehend automatisiert abläuft, arbeiten auf dem 6,12 Quadratkilometer großen Gelände der Batteriefabrik in rund 17.000 Menschen.
Blaue Ameise
Auch wenn die Produktion der Zellen weitgehend automatisiert abläuft, arbeiten auf dem 6,12 Quadratkilometer großen Gelände der Batteriefabrik in rund 17.000 Menschen.

Der Autobauer BYD setzt dieses Konzept der Eigenverantwortung schon seit über 20 Jahren um. Zunächst mit Lithium-Ionen-Batterien und seit 2020 mit selbstentwickelten Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Akkumulatoren, deren Zellen die Form einer Klinge haben. Daher auch der Name „Blade Battery“. Vor zwei Jahren wurde diese erstmals in einem Auto eingesetzt – dem nun auch bei uns erhältlichen Siebensitzer-SUV BYD Tang. 

Die treibende Kraft hinter dem Energie-Erfindungsreichtum ist die BYD-Tochter FinDreams. Die Forschung dort basiert auf drei Säulen: (stationäre) Energiespeicher, kleine Akkus für Konsumgüter – und zu 80 Prozent auf Antriebsbatterien für Elektroautos.

BYD baut Kapazitäten aus

In der Nähe der chinesischen Stadt Bishan, knapp 50 Kilometer westlich der 30-Millionen-Metropole Chongqing, produziert BYD in einer 20-Gigawatt-Fabrik die Blade-Batterien auf acht Linien. Eine zweite Fertigung mit einer Fertigungskapazität von 15 Gigawattstunden ist bereits fertiggestellt und geht demnächst in Produktion. Auch wenn die Produktion der Zellen weitgehend automatisiert abläuft, arbeiten auf dem 6,12 Quadratkilometer großen Gelände rund 17.000 Menschen.

So weit das Auge reicht
BYD hat in seinem Werk in Chongqing gigantische Kapazitäten zur Produktion der neuen Blade-Batterie aufgebaut. Auf acht Linien werden hier die Lithium-Eisenphosphat-Zellen gefertigt. Eine weitere Fabrik soll in Kürze die Arbeit aufnehmen.
So weit das Auge reicht
BYD hat in seinem Werk in Chongqing gigantische Kapazitäten zur Produktion der neuen Blade-Batterie aufgebaut. Auf acht Linien werden hier die Lithium-Eisenphosphat-Zellen gefertigt. Eine weitere Fabrik soll in Kürze die Arbeit aufnehmen.

Die Produktion der Blade Batterien läuft in acht Schritten ab: mischen, beschichten, pressen, laminieren, montieren, trocknen, hochpräzises Einspritzen des Elektrolyts und schließlich den Funktionstests der Zelle. Bei der Beschichtung wird die Rohstoffpaste auf die Kupfer- und Aluminiumfolie aufgetragen, wobei ganz entscheidend ist, dass die Beschichtung hochpräzise abläuft. Jede Zelle hat 155 Schichten: 39 Anodenfolien, 38 Kathodenfolien und 78 Isolierfolien.

14 Tage bis zur Fertigstellung

Nach der Beschichtung wird das Rohmaterial erhitzt und dehnt sich dadurch aus, wobei das Kathodenblech zweimal gewalzt werden muss, da das Graphit sehr biegsam ist. Bei der Anode ist lediglich ein Walzvorgang nötig. Die Toleranz bei diesem Produktionsschritt beträgt gerade Mal zwei Mikrometer. Nach diesem Pressen wird die Spule wieder aufgewickelt, um sie für die Laminierung vorzubereiten. Nach der Beschichtung kommen die Packs in einen 70 Meter langen Ofen, wo sie mit 140 bis 150 Grad getrocknet werden. Zum Schluss werden die empfindlichen Energieträger mit Vakuum von Staub gesäubert. Dieser Prozess dauert 14 Tage, wobei die eigentliche Produktion lediglich zwei Tage in Anspruch nimmt. Der Rest der Zeit wird für intensive Tests verwendet. Aktuell sind pro Tag 9.000 Zellen möglich, gearbeitet wird in Chongqing an sechs Tagen pro Woche in zwei Schichten.

Aufbruch nach Europa 
Die ersten Exemplare des BYD Tang mit Blade-Batterie gingen bereits Ende 2021 nach Norwegen. Inzwischen ist der Elektro-SUV mit Blade-Batterie zu Preisen ab 71.400 Euro auch in Deutschland erhältlich. Foto: BYD
Aufbruch nach Europa
Die ersten Exemplare des BYD Tang mit Blade-Batterie gingen bereits Ende 2021 nach Norwegen. Inzwischen ist der Elektro-SUV mit Blade-Batterie zu Preisen ab 71.400 Euro auch in Deutschland erhältlich. Fotos: BYD

Aber was macht die Blade-Batterie nun so viel besser als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus? Dafür gibt es verschiedene Gründe.

120.000 Kilometer ohne Leistungseinbußen

Im Vergleich zu anderen Akku-Typen sind die Blade-Batterien günstiger, da nur in geringen Mengen Nickel und Kobalt zum Einsatz kommt. Zudem halten die Klingen-Akkus angeblich länger: BYB verspricht, dass nach 120.000 Kilometern beziehungsweise 3.000 Ladezyklen die Batterien immer noch 90 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität haben. BYD gibt deshalb auf die Batterie seiner Elektroautos eine Werksgarantie von 8 Jahren oder 200.000 km. Bei vielen anderen Autoherstellern endet die Garantie schon nach 160.000 Kilomtern. Das Laden des BYD-Akkus geht dagegen flott vonstatten: Die Zellen sind in rund 20 Minuten zu 70 Prozent gefüllt.

Ein weiteres Plus des Akkutyps ist zudem die große Stabilität und Sicherheit. Die BYD-Klingenzellen überstehen sogar den anspruchsvollen Nageltest. Dabei wird ein großer Nagel quer durch die Akkus getrieben. Herkömmliche Energiespeicher gehen dabei meist mit einem lauten Knall in Flamen auf. Auch die vergleichsweise niedrige Betriebstemperatur zwischen 35 und 55 Grad Celsius trägt zur Sicherheit bei. Nicht einmal eine äußere Erhitzung der Einheit auf 300 Grad oder eine Überladung auf über 260 Porzent lassen den Akku in Flammen aufgehen.

Viel Energie auf engstem Raum

Bei den Klingenzellen geht es aber auch darum, in den zur Verfügung stehenden Bauraum einen möglichst großen Energiegehalt zu packen. Mit einer Länge von fast einem Meter (96 Zentimeter), einer Höhe von knapp neun Zentimetern und einer Dicke von lediglich 1,35 Zentimeter nutzen die Klingenzellen den vorhandenen Bauraum effizient aus. Die Abmessungen können je nach Fahrzeug leicht variieren. In der brutto 82,56 kWh fassenden Batterie des BYD Seal etwa sind 172 Blade-Zellen in einem Aluminium-Gehäuse verbaut. Mit einem Gewicht von 560 Kilogramm sind die Akkus auch beim Gewicht konkurrenzfähig: Eine einzelne Zelle wiegt 2,6 Kilogramm, inklusive Elektrolyt.

Die Blade-Batterien entwickeln sich schon jetzt für BYD zum Verkaufsschlager. Denn auch die Autohersteller Great Wall Motor, Toyota und Tesla setzen inzwischen auf die Klingen-Akkus. Die ersten Model Y von Tesla mit Blade Batterien rollen im Werk in Berlin-Grünheide seit Mai vom Band.

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5 Kommentare

  1. Roger

    Dafür brennt so ein ID.3 unlöschbar, wie eben in der Nordsee auf dem Schiff zu spüren ist.

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    • Franz W. Rother

      Dass ein ID.3 an Bord der Freemantle Highway war, ist bislang ebenso wenig belegt wie die These, dass ein Elektroauto den Brand ausgelöst hat. Ja, Elektroautos können brennen. Aber Elektroautos geraten zwischen fünf- und zehnmal weniger oft in Brand als „Verbrenner“. Richtig ist: Die Brandgefahr muss ernst genommen werden. Als Argument gegen Elektroautos taugt sie allerdings nicht.

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    • Duesendaniel

      Ich weiß zwar nicht, was das mit dem Artikel zu tun hat, aber geben Sie bei Google Bildersuche doch mal ‚Autobrand‘ ein und suchen Sie die Elektroautos.
      Die drohende Umweltkatastrophe für das Ökosystem in der Ostsee geht übrigens von dem ganzen Öl und Sprit an Bord aus, nicht von den Elektroautos, Selbst wenn die eventuell den Brand verursacht haben sollten, gibt es viele Ursachen für eine Havarie – siehe aktuell wieder der Öltanker vor der Küste im Jemen.

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  2. Duesendaniel

    „Die Zellen sind in rund 20 Minuten zu 70 Prozent gefüllt.“
    Ist das jetzt die neue Masche, wenn die Zeit bis 80% nicht gut genug ist? Und von welchem Startwert denn ausgehend? 35% vielleicht, weil 10 oder 20% nicht schnell genug aussieht?
    Mein ID.3 schafft 20-80% auch schon in 28 Minuten, das wären dann 20-70% in 23 Minuten. Wo ist denn dann die Sensation bei der Blade-Batterie?

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    • Franz W. Rother

      Korrekt. Chinesische Hersteller wählen gerne einen höheren Start-SoC, um mit kurzen Ladezeiten werben zu können. BYD nennt hier einen Startpunkt von 20 Prozent – andere nennen die Zeiten für die Befüllung von 30 bis 80 Prozent und drücken sich vor Angaben zu den maximalen Ladeleistungen. Das ist alles andere als transparent.

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