VW Käfer und VW Bulli sind die Ikonen der Automobilhistorie schlechthin. Auch wenn das Käfer-Knattern nostalgisch und originalgetreu ist – warum nicht das Beste aus zwei Welten vereinen? VW bietet in Kooperation mit Umbaupartner eClassics neuerdings einen Elektro-Bulli und einen Elektro-Käfer an. Von der reinen Elektro-Umrüstung bis hin zum Komplettfahrzeug-Kauf werden auch individuelle Lösungen angeboten. Alles nur eine Frage des Geldbeutels.

Elektromotor ersetzt Viertakt-Boxer

Passend zur Elektrifizierungs-Strategie des VW-Konzerns kam den Ingenieuren von Volkswagen Group Components, der Technik-Sparte des Konzerns mit eigener Fertigung in Braunschweig, vor etwa drei Jahren die konstruktive Idee, Umbau-Kits zur Elektrifizierung von Oldtimern anzubieten. Projektleiter Karsten Mausolf erklärt den Ursprung der Idee: „Für manch alte Schätzchen werden inzwischen die Ersatzteile rar oder die Restauration exorbitant teuer. Ganz zu schweigen von der notwendigen Abkehr von fossilen Brennstoffen, für die der Elektro-Motor eine sinnvolle Alternative darstellt. Also kam die Idee auf, einfach den Elektro-Motor aus dem E-Up zu nehmen und diesen in den Käfer einzubauen.“ Die Idee hatte zuvor unter anderem schon Großschlachter Tönnies, wie Leser von EDISON wissen.

Da geht das Herz auf 
Autorin Simone Willmann im neuen E-Käfer zusammen mit Karsten Mausolf (r.) und Maximilian Deutscher. Fotos: regios
Da geht das Herz auf
Autorin Simone Willmann im neuen E-Käfer zusammen mit Karsten Mausolf (r.) und Maximilian Deutscher. Fotos: regios

Prominenten Aufwind erhielt das Projekt auch durch eine Anfrage von TV-Autohändler und -tuner Sidney Hoffmann, der einen T2 – einen VW-Bus der zweiten Generation, der zwischen 1967 und 1979 gebaut wurde – mit einem Elektro-Motor ausstatten wollte.

42 kWh-Akku im Boden

Um das sprichwörtliche Rad aber nicht neu erfinden zu müssen, schloss sich Volkswagen Group Components dafür mit dem renommierten Umbauer eClassics, einem erfahrenen Spezialisten aus Renningen in der Nähe von Stuttgart, zusammen. Der eingebaute Synchron-Motor aus dem VW e-Up mit Eingang-Getriebe leistet 61 kW (83 PS) – beim Original 1303 LS mussten 37 kW (50 PS) reichen. Und die 42 kWh-Batterie sorgt für eine Reichweite bis zu 250 Kilometern – bei einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Das reicht doch schon mal prima für eine Frühlingsausfahrt mit dem Grünen ins Grüne, wie wir sie im Wolfsburger Umland erleben durften.

Vollkommen geräuschlos starten wir vor idyllischer Schloss-Kulisse über holpriges Kopfsteinpflaster. Ein verrücktes Gefühl: In dem Käfer-Cabrio fühlt es sich an wie in einer Pferdekutsche! Man hört nur das Holpern der Räder über das Kopfsteinpflaster, aber weder Pferdegetrappel noch anderen Lärm aus dem Motorraum. Man fühlt sich geradezu eins mit der Natur. Und Karsten Mausolf bestätigt: „Jawoll, das ist derzeit das einzige Elektro-Cabrio auf dem Markt.“ Na ja, wenn man die Cabrio-Version des Fiat 500 e mal kurz vergisst.

CCS unterm Rücklicht 
Den Ladeanschluss haben die Entwickler gut versteckt. Sehen lassen kann sich aber auch die Ladeleistung.
CCS unterm Rücklicht
Den 50 kW-Ladeanschluss haben die Entwickler gut versteckt. Sehen lassen kann sich aber auch die Ladeleistung.

Auch ungewohnt: Die Beschleunigung eines Elektroautos in Kombination mit einem Oldtimer-Fahrwerk und alter Bremstechnik – hinten gibt es (wie im neuen Elektroauto ID.3) nur Trommelbremsen. Das Basisfahrzeug vom Typ 1303 stammt schließlich aus den 1970er Jahren. Diese gewagte Kombination überrascht beim ersten Bremsmanöver: Obwohl bewusst eine verstärkte Porsche-Bremse verbaut ist, erschrickt man beim Tritt aufs Bremspedal: Weil das System ohne Bremskraftverstärker auskommt, muss ordentlich getreten werden, ehe eine Verzögerung einsetzt.

Kein H-Kennzeichnen möglich

„Man darf eben nicht vergessen, dass dies ein Oldtimer ist – auch wenn die Beschleunigung aus einer anderen Welt, nämlich aus dem heutigen Elektro-Zeitalter, stammt“, stimmt Mausolf meiner Verwunderung zu. Eine ganz schön gewagte Kombination in puncto Sicherheit, was sich aber aus der Historie erklären lässt: „Natürlich haben Sie in diesem Fahrzeug auch keinerlei Sicherheits-Assistenten wie Spurhalte-Assistent oder Abstandswarner. Es ist und bleibt ein Oldtimer, auch wenn es mit Elektro-Motor dafür leider kein H-Kennzeichen mehr gibt“, erklärt uns Maximilian Deutscher, der im Team E-Kit der Business Unit Battery Cell / & -system für die Kommunikation zuständig ist.

240 Kilometer Reichweite maximal
Bei der Neugestaltung des Cockpits sind die Entwickler von VW nahe am Original geblieben. Ein wenig digital wurde es trotzdem.
240 Kilometer Reichweite maximal
Bei der Neugestaltung des Cockpits sind die Entwickler von VW nahe am Original geblieben. Ein wenig digital wurde es trotzdem.

Emotional lässt das Käfer-Cabrio aber die Herzen der Passanten direkt höherschlagen, wie wir an begeisterten Zurufen vom Straßenrand unschwer erkennen können. Die meistgestellte Frage lautet dabei: „Was kostet so was denn?“

40.000 Euro – plus das Auto

Die Jungs von Volkswagen Group Components winden sich da etwas. „Das Teuerste ist ja meistens die Restauration der Karosserie. Wenn Sie mit einem hervorragend instandgesetzten Fahrzeug kommen, kostet der Elektro-Umbau so ab 40.000 Euro. Aber für ein Gesamtfahrzeug inklusive E-Kit liegt der Preis derzeit bei rund 99.000 Euro. Es gibt aber auch ein zweites Szenario: Beim Bulli probiert unsere Partnerfirma eClassics gerade ein leichter zu applizierendes Umbaukit aus, das wäre dann günstiger“, stellt Mausolf in Aussicht.

Neben den emotionalen Aspekten zählen aber auch die rationalen Vor- und Nachteile. Und da punktet der E-Käfer nicht nur beim Thema Reichweite. Auch die Ladeleistung kann sich dank einer CCS-Schnellademöglichkeit, die ganz niedlich ins Hecklicht integriert ist, sehen lassen: Innerhalb von einer Stunde nimmt der Lithium-Ionen-Akku dank einer Ladeleistung von 50 kW (beim Bulli sind es sogar 80 kW) Energie für rund 150 Kilometer Reichweite auf. Wird der Strom daheim an einer Wallbox gezapft, fließt Wechselstrom mit bis zu 11 kW. Spätestens am nächsten Morgen ist das e-Käfer-Cabriolet dann für die nächste Spritztour ins Grüne bereit.

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1 Kommentar

  1. Navi-CC

    „Einziges E-Cabrio auf dem Markt.“
    Falsch! Seit ist 11/2020 gibt es den Fiat 500e als Cabrio…
    Der ist billiger, hat mderne Sicherheitsysteme und sieht auch schön retro aus.

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