Deutschland ist Kombiland. Das war jahrzehntelang Gesetz und änderte sich erst mit dem Aufkommen der SUVs. Die Elektromobilität verstärkte diesen Trend noch. Schließlich brauchen die großen Akkupakete Platz und wiegen obendrein eine Menge. Warum also nicht gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen und die Energiespeicher in einen Crossover packen, der per se hochbeiniger ist als eine klassische Limousine? Doch auch die Elektromobilisten wünschen sich mehr Variabilität und eine größere Modellvielfalt. Deshalb feiern die Kombis nun ein Comeback als Stromer. Und das nicht nur in Deutschland.
Aus Variant wird Tourer
Dass VW beim batterieelektrischen Äquivalent zum Passat nicht auf einen Kombi verzichten würde, war von Anfang an klar. Zumal die Wolfsburger schon seit 60 Jahren erfolgreich diese Derivate verkauft. Also bekommt der ID.7 auch im nächsten Jahr seinen Variant. Warum der auf einmal aber wie bei Opel Tourer heißt, bleibt wohl das Geheimnis der VW-Marketing- und Vertriebsstrategen. Noch sind nicht alle Details bekannt, aber der ID.7 Tourer hat einen cW-Wert von 0,24 und ist damit lediglich um 0,01 Punkte schlechter als die Limousine. Das Kofferraumvolumen fasst 545 Liter, legt man die Lehnen der Rücksitze um, werden 1.714 Liter daraus. Ein Wert, der eines Kombis würdig ist.
Da der Tourer ebenfalls auf VWs MEB evo steht, dürften auch die Batterie und Antriebsdaten identisch mit denen der Limousine bleiben. In der Pro-Version haben die Akkus eine Kapazität von 82-Kilowattstunden (netto 77 kWh) und bei ID.7 Pro S-Variante sind es 91 kWh (85 kWh netto). Zudem wird der Kombi ebenfalls mit 210 kW oder 286 PS an den Start rollen. Vielleicht gibt es auch bald eine Power-Variante mit 411 kW (558 PS). Beim Laden wird auch der Tourer mit bis zu 200 kW schnelle Tankstopps ermöglichen.
MG5 Electric war der Erste
Während VW sich mit dem Tourer noch etwas Zeit lässt, hat MG mit dem MG5 Electric in Europa einen Kombi schon längst am Start. Der MG E-Kombi schafft mit einer Akkuladung bis zu 400 Kilometer Reichweite und hat ein Kofferraumvolumen von 479 bis 1.367 Litern. Also deutlich weniger als der ID.7-Rucksackwagen. Allerdings ist der Kombi mit 4,60 Meter Länge auch kein Abmessungsriese und in der Kompaktklasse unterwegs. Der MG5 Electric setzt auf solide Technik und auf zwei Batteriearten und -größen. Die kleinen Akkus mit einer Kapazität von 50,3 kWh bestehen aus Lithium-Eisen-Phosphat (LFP) Zellen, während die 61,1 kWh-Batterie mit Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt (NMC)-Modulen bestückt ist.
Interessanterweise kombiniert MG die kleinere Batterie mit dem 130 kW (177 PS) starken Motor (WLTP-Reichweite 320 km), während die größeren Akkus mit einer 115 kW (156 PS) starken E-Maschine vorliebnehmen nehmen muss – dafür aber eben bis zu 400 Kilometer weit kommt. Beide Versionen haben Vorderradantrieb und ein maximales Drehmoment von 280 Newtonmetern. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei beiden Modellen mit 185 km/h ebenfalls identisch. Beim Laden sticht der MG5 Electric ebenfalls nicht hervor: Beim Wechselstrom-Tanken sind es ordentliche 11 kW, am DC-Schnelllader liegen maximal nur 87 kW an. Das ist deutlich weniger als der Wettbewerb. Immerhin kann der MG5 Electric als mobile Powerbank (V2L) genutzt werden, um externe Geräte mit Strom zu versorgen. Und die Preise für das Modell beginnen bereits bei 32.812 Euro für die Version mit kleinem Akku und bei 35.812 Euro für die Ausführung mit großem Akku. Da kommt derzeit kein Wettbewerber mit.
Opel Astra Sports Tourer ab 43.490 Euro
Auch nicht Opel. Die Rüsselsheimer reklamieren für ihren nagelneuen Opel Astra Sports Tourer Electric den Titel des ersten Elektro-Kombis aus Europa. Der Kofferraum des 4,64 Meter langen Modells fasst bei voller Bestuhlung ordentliche 516 Liter – bei umgeklappten Rücksitzlehnen werden es bis zu 1.553 Liter. Für den Vortrieb sorgt ein 115 kW (156 PS) starker Elektromotor mit maximal 270 Newtonmeter Drehmoment an der Vorderachse, die nötige Energie ein Lithium-Ionen-Akku mit einer Speicherkapazität von 54 kWh. Damit sollen bis zu 413 Kilometer an einem Stück zurückgelegt werden. Geladen wird anschließend an einem Schnelllader mit bis zu 100 kW, an einer Wallbox mit 11 kW. 43.490 Euro ruft Opel für das Basismodell auf, 46.560 Euro für die besser ausgestattete Version GSe.
BMW ist ein Hersteller, bei dem Kombis schon immer ihr Scherflein zum Gewinn beigetragen haben. Da beim Münchner Autobauer unverändert die Power-of-Choice-Doktrin gilt, nutzt BMW Plattformen, die sowohl klassische Verbrennungsmotoren als auch rein elektrische Antriebsstränge ermöglichen. Unlängst hat BMW den neuen 5er vorgestellt, inklusive zwei Elektro-Varianten und jeder, der die Modellgeschichte des weißblauen Vehikels kennt, weiß, dass ein Kombi nicht weit ist, wenn eine Limousine erscheint. Das ist beim neuen 5er nicht anders. Also erscheint im Frühjahr 2024 ein BMW i5 Touring.
BMW i5 Touring für Europa und Japan
Bislang haben die Münchner nur Bilder herausgegeben, die einen schemenhaften Umriss zeigen. Dennoch kann,man getrost davon ausgehen, dass die beiden Modelle bis zur B-Säule identisch sind. Somit wird die elektrische Version des BMW G61 (interner Code) auch mit den gleichen Motorisierungen bestückt sind. Demnach wird die Basisversion BMW i5 eDrive40 einen Heckantrieb mit 250 kW / 340 PS und einem maximalen Drehmoment von 430 Nm haben. Die Batterie hat bei den beiden E-Versionen eine Nettokapazität von 81,2 kWh. Damit versorgt sie auch den allradangetriebenen BMW i5 xDrive M60 mit Energie. Die allradgetriebene Variante prügelt mit 442 kW / 601 PS und bis zu 820 Nm Drehmoment (beim Boost) auf den Asphalt ein. Da nicht alle Regionen die teutonische Vorliebe für Kombis teilen, wird der BMW i5 Touring zunächst in Europa, Japan und Taiwan erscheinen. Wie groß der Gepäckraum ist, verrät BMW noch nicht. Zur Orientierung: Der Gepäckraum der elektrischen Limousine fasst 490 Liter, der des 5er Touring der Vorgängergeneration 520 bis 1700 Liter.
Einer der ärgsten Konkurrenten des BMW 5er Tourings ist seit jeher der Audi A6 Avant. Auch die Ingolstädter werden den Kombi der oberen Mittelklasse elektrifizieren. Anders als die Münchner setzt die Marke mit den vier Ringen mit der Premium Platform Electric (PPE) eine Architektur ein, die für rein elektrische Fahrzeuge konzipiert ist. Zunächst nutzen der Porsche Macan und der Audi Q6 e-tron diese Technik, später im nächsten Jahr kommt der Audi A6 e-tron dazu.
Audi A6 Avant künftig auch als e-tron
Auf der Automesse in Shanghai hatte Audi im vergangenen Jahr die Studie A6 Avant e-tron Concept im Gepäck, das schon einen konkreten Eindruck auf die geplante Serienversion des Kombis gab. Die Studie ist 4,96 Meter lang, 1,96 Meter breit und 1,44 Meter hoch und hat damit fast die Abmessungen des aktuellen A6 Avant. Allradantrieb ist bei einem solchen Audi gesetzt. Die beiden Elektromotoren generieren insgesamt 350 kW / 476 PS. Die Batterie hat eine Kapazität von 100 Kilowattstunden und soll dank des cW-Werts von 0,24 (Limousine 0,22) eine Reichweite von rund 700 Kilometer ermöglichen. Geladen wird aufgrund der 800-Volt-Technik mit bis zu 270 kW. In weniger als 25 Minuten sind die Akkus von fünf auf 80 Prozent gefüllt. Ende 2024 könnte der A6 e-tron in den Handel kommen. Zu Preisen sicher nicht unter 60.000 Euro.