Immer weniger Autos auf europäischen Straßen werden gekauft. Je teurer das Fahrzeug – desto höher ist die Leasingquote. Kaum mehr ein fahrbarer Untersatz wird heute bar gekauft. Schon gar nicht, wenn das Fahrzeug über einen Batterieantrieb verfügt. Denn aufgrund der Innovationsprünge, die diese Antriebstechnik macht und in den kommenden Jahren voraussichtlich noch machen wird, ist der Wertverlust vieler Elektroautos deutlich höher als der konventionell angetriebener Fahrzeuge. Vor allem bei hochpreisigen Stromern, wie schon im vergangenen Jahr eine DAT-Studie herausfand.
Um die größten Wert-Verlierer zu finden, muss niemand lange in den großen Onlinebörsen wie Mobile oder Autoscout stöbern. So wird beispielsweise ein nur ein Jahre alter schwarzer Porsche Taycan mit ansehnlicher Ausstattung und gerade einmal 12.000 Kilometern auf dem Tacho hier für knapp 86.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer angeboten Es handelt sich bereits um die überarbeitete Version mit 320 kW Antriebs- und auch Ladeleistung. Als er ausgeliefert wurde, kostet er über 120.000 Euro. Das bedeutete im ersten Jahr für den Besitzern einen Wertverlust von gut 30 Prozent.

Wer seinen BMW i7 xDrive M70 schon nach einem Jahr wieder verkauft, muss mit hohen Preisabschlägen rechnen. Foto: BMW
Noch kräftiger fällt der Wertverlust bei einem Porsche Taycan 4S Cross Turismo aus, der ebenfalls ein Jahr alt ist, aber erst 25 Kilometer auf dem Tacho hat – also praktisch neu ist. Er wird von einem Händler in Norddeutschland für 99.800 Euro angeboten. Mit einer Ausstattung, die ebenso kaum Wünsch offenlässt wie der 440 kW starke Allradtrieb. Der Listenpreis betrug vor einem Jahr rund 160.000 Euro – heute gäbe sich der Händler mit rund 40 Prozent weniger zufrieden.
BMW i7 fast zum halben Preis
Je teurer und exklusiver das Modell, desto höher ist der Wertverlust. Ein BMW i7 xDrive M70 mit einer spektakulären Ausstattung, stattlichen 485 kW Leistung und gerade einmal 9.000 gefahrenen Kilometern auf dem Tacho wird gerade in Berlin für nur 119.999 Euro angeboten. Der Neupreis: 203.000 Euro. Das bedeutet einen ein Wertverlust von über 40 Prozent in nicht einmal einem Jahr.

Auch Elektroautos von Mercedes-Benz leiden unter hohem Wertverlust. Zwei Jahre alte Leasing-Rückläufer vom Typ Mercedes EQS oder EQE sind oft nur mit großen Preisabschlägen zu verkaufen – auch, weil sich die Technik allzu schnell weiterentwickelt hat.
Da kann auch ein Mercedes EQS 450+ problemlos mithalten. Denn die elektrische Luxuslimousine mit 265 kW Antriebsleistung, die wir im Internet aufstöbern, ist kaum 15 Monate alt und erst 10.000 Kilometer weit gefahren. Lag der Neupreis bei der Erstzulassung 135.380 Euro, kostet das Modell bei einem renommierten Mercedes-Händler im Großraum München nun nicht einmal mehr 76.000 Euro. Der Händler weist selbstbewusst auf einen Wertverlust von 44 Prozent hin – ohne auch nur einen Hauch gehandelt zu haben. Wer die Händler danach fragt, bekommt schmale Lippen zu sehen und die kurze Info, dass der Druck, Fahrzeuge zu verkaufen, derzeit größer sei denn je.
Auch kleine E-Autos leiden unter Wertverlusten
Zugegeben ist das kein Problem, das allein Verkäufer von Elektroautos der Luxusklasse plagt. Auch konventionell angetriebene Modelle vom Kaliber eines Porsche Panamera, eines Siebener BMW, eines Audi A8 oder einer Mercedes S-Klasse leiden unter großen Wertverlusten in den ersten zwei Jahren nach Erstzulassung. Doch die Verluste liegen meist 10 bis 12 Prozent unter denen der Stromer.
Etwas besser sieht es mit kleineren Elektroautos aus, doch auch hier verlieren die Fahrzeuge mit Stecker aktuell deutlich mehr als Fahrzeuge mit Diesel oder Benzinmotor. Ein Mercedes EQA 300 4matic etwa mit solider Ausstattung, 168 kW starkem Antrieb und gerade einmal 8.500 Kilometern Laufleistung in einem Jahr wird bei einer der einschlägigen Autobörsen für rund 33.000 Euro angeboten. Sein einstiger Neupreis betrug 55.000 Euro. Macht ebenfalls rund 40 Prozent Wertverlust. Und ein kleiner Fiat 500e kostet aktuell im günstigsten Fall 27.000 Euro. Modelle mit Tageszulassung sind problemlos für unter 19.000 Euro zu bekommen. Und einen fünf Monate alten VW ID3 Pro S mit gerade einmal 900 Kilometern bietet ein Händler für 24.000 Euro – bei einem aktuellen Neupreis von 44.000 Euro.

Die politischen Aktivitäten des Tesla-Chef haben dem Image der Marke schwer geschadet. Das Model 3 schlägt sich auf dem Gebrauchtwagen-Markt aber immer noch besser als mancher Wettbewerber. Fotos: https://depositphotos.com/de/
Tesla-Chef Elon Musk wird auch in Deutschland wegen seiner politischen Aktivitäten gerade mächtig angefeindet. Trotzdem schlagen sich seine Volumenmodelle 3 und Y auf dem deutschen Gebrauchtwagenmarkt immer noch besser als manche Modelle europäischer Hersteller. Eine heckgetriebene Basisversion des Tesla Model Y Standard Range aus dem Frühjahr 2024 mit einer Laufleistung von knapp 17.000 Kilometern zum Beispiel wird aktuell im Internet für 33.750 Euro angeboten. Also etwa 20 Prozent unter dem aktuellen Neupreis von 46.000 Euro. Der Wertverlust fällt hier etwas höher aus, weil das Modell kürzlich umfangreich überarbeitet wurde. Trotzdem liegt er unter dem vergleichbarer Modelle der Konkurrenz. Was möglicherweise an der einfachen Preisstruktur von Tesla liegt, aber auch der hohen Elektrokompetenz, die dem Hersteller aus Kalifornien immer noch zugesprochen wird.
Nur Schnäppchenjäger kommen auf ihre Kosten
Gebrauchtwagen-Käufer können sich über die hohen Wertverluste der Fahrzeuge in den ersten zwei Jahren freuen. Für die Autohersteller und Händler jedoch ist es ein gewaltiges Problem, wenn sie Leasingrückläufer und Vorführwagen nur mit gewaltigen Rabatten in den Markt gedrückt bekommen. Es müssen gewaltige Rückstellungen in den Bilanzen gebildet werden, in denen die Elektroautos oft mit völlig irrealen Buchwerten enthalten sind. Das schmälert das Betriebsergebnis und setzt die Fahrzeughersteller, die stark auf die Elektromobilität setzen, massiv unter Druck. Und bei manchen privaten Autokäufern könnte sich der Eindruck festsetzen, dass Elektroautos nicht wertstabil seien. Mit der Folge, dass sich die Antriebswende auf dem Automarkt weiter verzögert.