Der deutsche Elektro-Flugtaxi-Pionier Lilium kämpft ums Überleben – kürzlich musste das in Oberpfaffenhofen bei München beheimatete Unternehmen Insolvenz anmelden. Gute Nachrichten gibt es hingegen von der anderen Seite des Globus. Dort hat AMSL Aero, gewissermaßen das australische Pendant zu Lilium, einen weiteren Meilenstein erreicht: Das eVTOL-Fluggerät „Vertiia“ absolvierte erfolgreich seine ersten freien Flüge. Mit diesem Schritt gehört Australien nun zu den weltweit führenden Ländern in der Entwicklung von elektrischen Senkrechtstartern und setzt ein starkes Zeichen für eine nachhaltige Zukunft der Luftfahrt.
Vertiia ist das erste australische, für Passagiere ausgelegte eVTOL (Electric Vertical Take-Off and Landing)-Fluggerät, das sich durch eine innovative Kombination aus senkrechtem Start- und Landevermögen sowie effizientem Flugverhalten auszeichnet. Seit dem ersten freien Flug, der Anfang November 2024 stattfand, hat Vertiia inzwischen mehr als 50 erfolgreiche Flüge absolviert.
Das für einen Antrieb mit Brennstoffzellen konzipierte achtmotorige Fluggerät soll in einer späteren Serienversion Strecken von bis zu 1.000 Kilometern mit Reisegeschwindigkeiten von 300 km/h komplett emissionsfrei zurücklegen können. Es bietet Platz für vier Passagiere und einen Piloten. Derzeit wird Vertiia noch mit Batterieantrieb getestet, aber schon im kommenden Jahr sollen Flüge mit einer Wasserstoff-Brennstoffzelle stattfinden.
Zukunftsweisende Technologie für Australien und die Welt
AMSL Aero (Der Name des Unternehmens setzt sich aus den Initialen der beiden Firmengründer Andrew Moore and Siobhan Lyndon zusammen) hat es sich zum Ziel gesetzt, mit Vertiia die Mobilität in entlegenen, ländlichen und regionalen Gebieten zu revolutionieren. „Wir entwickeln ein Flugzeug, das als leichtes Ambulanzflugzeug, als Passagierflugzeug und als Frachtflugzeug eingesetzt werden kann“, erklärt Andrew Moore, der Co-Gründer und Chefingenieur von AMSL Aero. Auch an Einsätze zur Bekämpfung von Buschfeuern wird gedacht. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben bereits Bestellungen für 26 Flugzeuge erhalten, darunter 20 von Aviation Logistics, das unter den Namen Air Link und AirMed bereits Flugverbindungen unterhält.
Moore zeigte sich vom Jungfernflug erwartungsgemäß begeistert: „Den ersten freien Flug von Vertiia zu sehen, war ein atemberaubender Moment für unser Team. Dieser Meilenstein beweist, dass unser Design funktioniert und bringt uns unserem Ziel näher, das Leben von Menschen in abgelegenen Regionen mit emissionsfreier Technologie zu verbessern.“
Nächste Schritte auf dem Weg zur Serienreife
Der Testflug wurde unter strengen Auflagen der australischen Luftfahrtbehörde CASA durchgeführt. Bis 2027 soll Vertiia die Zertifizierung und regulatorische Freigabe erhalten, um in den kommerziellen Betrieb zu starten. Bereits 2023 hatte AMSL Aero mit einem ersten batteriebetriebenen Schwebeflug Geschichte geschrieben und seine technische Expertise bewiesen.
Seitdem hat das Unternehmen sowohl vom Kapitalmarkt als auch von der australischen Regierung finanzielle Unterstützung erhalten. Kürzlich erhielt es einen Zuschuss in Höhe von 5,43 Millionen US-Dollar von der Australischen Agentur für erneuerbare Energien, um die Machbarkeit von Wasserstoff als Kraftstoff zu demonstrieren. Eine ähnliche Staatshilfe in Form eines Kredits hatte die Bundesregierung Lilium versagt – worauf das börsennotierte Unternehmen Ende Oktober Insolvenz anmelden und eine Sanierung in Eigenverwaltung starten musste. Wohin die das junge Unternehmen führt, ist völlig offen. Geplant war ursprünglich, im ersten Quartal 2025 über einen bemannten Erstflug durchzuführen.