Es läuft nicht gut für Ford in Deutschland. Im Mai haben die Kölner hierzulande lediglich knapp 5000 Pkw abgesetzt – das Gros davon entfiel auf die Baureihen Focus, Puma und Kuga. Und im November wird die Produktion des Focus in Saarlouis eingestellt. Die vollelektrischen Hoffnungsträger Explorer und Capri hingegen kommen nicht in Fahrt. Gerade einmal 849 Exemplare des kompakten SUV fanden im Mai einen Abnehmer, für die sportliche Fließheckvariante konnten sich gerade einmal 224 Kunden begeistern. Trotz „Aktionsnachlässen“ auf den Kaufpreis von über 2000 Euro – die sich bei Gesprächen mit Ford-Händlern noch leicht steigern lassen.

Wie erklärt sich das? Der Ford Explorer nutzt die gleiche Plattform wie der VW ID.4 und ID.5, wie Audi Q4 e-tron und Skoda Elroq, die allesamt deutlich besser laufen. Die beiden Stromer von Volkswagen sind aktuell die bestverkauften Elektroautos in Deutschland. Und obwohl der Elroq erst seit kurzem auf dem Markt ist, setzte Skoda von dem Modell im Mai dreimal so viele Exemplare ab (2.690) ab wie Ford vom Explorer. Selbst Audi hat vom Q4 e-tron seit Jahresbeginn deutlich mehr Exemplare verkauft – und das trotz eines deutlich höheren Preises von rund 7000 Euro.

Ganz ansehnlich 
Die Designer des Ford Explorer haben einen guten Job gemacht und auf die Plattform von Volkswagen eine hübsche SUV-Karosserie im US-Style gesetzt. Mit guter Übersichtlichkeit und einem bulligen Auftritt.
Ganz ansehnlich
Die Designer des Ford Explorer haben einen guten Job gemacht und auf die Plattform von Volkswagen eine hübsche SUV-Karosserie im US-Style gesetzt. Mit guter Übersichtlichkeit und einem bulligen Auftritt.

Um herauszufinden, warum der Ford Explorer lahmt, haben wir uns in Köln für ein paar Tage einen Testwagen besorgt. In der heckgetriebenen „Long Range“-Version mit 77 kWh Akku. Ford ruft dafür einen Grundpreis von 49.500 Euro auf. Bei unserem Vorführmodell kamen da noch einige Extras wie ein Fahrerassistenz-Paket, Wärmepumpe, eine Anhängerkupplung, Ergonomie-Sitze für die erste Reihe sowie eine Metallic-Lackierung in Lucid-Red obendrein. 55.800 Euro wären dafür aktuell beim freundlichen Ford-Händler laut Konfigurator zu entrichten.

Skoda Elroq ist deutlich günstiger

Ja, darüber kann der eine oder andere Interessent schon mal ins Grübeln kommen. Vor allem nach dem Blick in die Preislisten der Schwestermodelle. Ein Skoda Elroq 85 mit identischer Antriebsleistung und vergleichbarer Ausstattung wäre ohne großes Gefeilsche mit dem Händler schon für 51.320 Euro zu haben. 4500 Euro mehr nur für eine etwas bulligere, amerikanischere Optik? Und wer sich mit keinem Tschechen anfreunden mag: Auch ein VW ID.4 Pro Energy würde in einer ähnlichen Konfiguration mit 56.775 Euro nur einen Tick teurer (der im Gespräch mit dem Verkäufer sicher leicht wegzuverhandeln wäre).

directions_car

Ford Explorer „Select“ Extended Range

Antriebsleistung: 210 kW/286 PS
Batteriekapazität: 77 kWh;
WLTP-Reichweite: 602 Kilometer;
Höchstgeschwindigkeit: 180 km/h;
Länge/Breite/Höhe (mm): 4468/1871/1630;
Anhängelast: 1200 kg gebremst;
Basispreis: 49.500 Euro /Testwagenpreis: 55.800 Euro.

Man muss also schon ein großer Fan der Marke sein und sich vom Design des Explorer spontan angesprochen fühlen, um bei Ford die Unterschrift zu leisten – so unser erstes Zwischenfazit. Denn die technischen Daten sind ansonsten die gleichen: 210 kW oder 286 PS Antriebsleistung, gut zwei Tonnen Leergewicht, 2,77 Meter Radstand und eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h. Alles wie gehabt, alles wie bekannt. Wie bei den Schwestermodellen gibt es leider keinen separaten Frunk zur Unterbringung des Ladegeschirrs, dafür aber im Kofferraum einen doppelten Boden. 450 Liter fasst das Gepäckabteil bei voller Bestuhlung, bei umgelegter Rücksitzbank und Verwandlung des Stromers in einen Zweisitzer gehen bis zu 1417 Liter rein. Der Elroq bietet da etwas mehr (470/1580 Liter), der VW ID.4 sogar noch mehr (543/1575 Liter). Die bullige Optik des Explorer, lernen wir, täuscht ein wenig.

Volkswagen lässt grüßen

Der Rest ist Geschmackssache. Der Innenraum ist von den Ford-Designern im Rahmen der Möglichkeiten hübsch gestaltet worden – mit einem die Horizontale betonenden glattflächigen Cockpit, auf dem eine kleine Soundbar thront und das ein 14,6 Zoll großer Touchscreen teilt. Der lässt sich zwar nicht wie bei einigen chinesischen Modellen um 90 Grad drehen, hält dafür aber eine andere Überraschung bereit: Auf Knopfdruck lässt er sich nach oben schieben, um an einen kleinen „Tresor“ für Wertgegenstände zu gelangen. Nette Idee und ein Alleinstellungsmerkmal, das aber sicher über den Kauf entscheidet.

Licht und Schatten
Das Interieur des Ford Explorer hat trotz vieler Gleichteile mit dem VW ID.4 einen eigenen Charakter. Die Soundbar auf dem Cockpit sorgt für eine gute Akustik, die kapazitiven Tasten am Multifunktionslenkrad sind hingegen nichts für feinsensorische Menschen.
Licht und Schatten
Das Interieur des Ford Explorer hat trotz vieler Gleichteile mit dem VW ID.4 einen eigenen Charakter. Die Soundbar auf dem Cockpit sorgt für eine gute Akustik, die kapazitiven Tasten am Multifunktionslenkrad sind hingegen nichts für feinsensorische Menschen.

Zumal man im Ford an anderen Stellen immer wieder auf Elemente stößt, die Vielfahrer aus den Schwestermodellen kennen. Fahrschalt- und Blinkerhebel am oben wie unten abgeflachten Lenkrad. Oder den Slider unterhalb des Touchscreens zur Regulierung der Radio- oder Navi-Lautstärke. Oder auch das Bedienteil in der Fahrertür für Spiegelverstellung und Fensterheber – samt dem Knopf für das Umschalten vom vorderen auf das hintere Scheibenpaar. Wer sich (bei Volkswagen oder einem Zulieferer) diese Sparmaßnahme ausgedacht hat, würden wir gerne mal erfahren.

Feines Fahrwerk, sparsamer Verbrauch

Natürlich sind auch im Ford die Sparmaßnahmen überall zu sehen und zu spüren: Hartplastik gibt es reichlich, die Hochglanz-Oberflächen sehen nur auf den ersten Blick hochwertig aus. Die labberige Gepäckraumabdeckung hat immerhin etwas Gutes: Wird sie nicht benötigt, kann sie gefaltet im Unterboden des Kofferraumabteils verstaut werden. Aber im Großen und Ganzen macht der Innenraum des Ford Explorer einen durchaus hochwertigen Eindruck.

Und wenn man sich mit dem Bedienkonzept erst einmal angefreundet und die Möglichkeiten in den Untermenüs des Infotainmentsystems erkundet hat, fühlt sich bald sehr gut mit dem Fahrzeug verbunden. Zumal die Lenkung erfreulich direkt arbeitet und das Fahrwerk gut Rückmeldung gibt über den Fahrbahnzustand. Und das in durchaus komfortabler Art und Weise: Fahrwerke abstimmen können sie bei Ford.

Glanz ohne Gloria
Eine Besonderheit des Explorer ist der "Tresor"  in der Mittelkonsole. Er eröffnet sich auf Knopfdruck nur bei eingeschalteter Zündung. Anstelle des Sliders auf der Hochglanz-Fläche davor hätte man sich aber einen konventionellen Lautstärke-Regler gewünscht.
Glanz ohne Gloria
Eine Besonderheit des Explorer ist der „Tresor“ in der Mittelkonsole. Er eröffnet sich auf Knopfdruck nur bei eingeschalteter Zündung. Anstelle des Sliders auf der Hochglanz-Fläche davor hätte man sich aber einen konventionellen Lautstärke-Regler gewünscht.

Und bei Volkswagen bauen sie inzwischen effiziente Elektroantriebe. So pendelte die Verbrauchsanzeige auf unseren Testfahrten zwischen Durchschnittswerten von 15,2 und (nach längerer Autobahnfahrt) 18,2 kWh/100 km. Damit lässt sich gut leben. Touren zwischen 400 und 500 Kilometern ohne Ladepause sind damit zumindest in der warmen Jahreszeit durchaus drin. Liegt das Fahrtziel noch weiter entfernt, dauern die Ladepausen dank einer guten Ladeperformance bei einer maximalen Ladeleistung von 135 kW erfreulich kurz: Nach 25 Minuten sollte der Akku wieder zu 80 Prozent gefüllt sein. Da kann man nicht meckern. Ebenso wenig über den Ladeplaner und die Möglichkeit, den Akku auch ohne Einsatz des Navigationssystems auf der Fahrt zum Schnelllader vorzuwärmen.

Gutes Mittelmaß

Alles in allem hinterließ der elektrische Ford Explorer – nicht zu verwechseln mit dem Fullsize-SUV aus US-Produktion – einen positiven Test-Eindruck. Er ist nirgendwo bravourös, aber auch nirgendwo schlechter als die Wettbewerber. Gutes Mittelmaß eben. Dass er sich nicht besser verkauft, liegt sicher an der Einpreisung des Modells. Und an der typischen Ford-Klientel, die ein anderes Preisniveau gewohnt sind: Einen ähnlich großen Ford Kuga in Titanium-Ausstattung gibt es bereits für unter 40.000 Euro und den mildelektrifizierten Focus – das derzeit immer noch bestverkaufte Pkw-Modell von Ford in Deutschland – im Schlussverkauf schon für 32.100 Euro. Da rangiert der Explorer preislich in einer anderen Liga und hat zusätzlich das „Handicap“, mit einer Antriebstechnik daher zu kommen, die den meisten Ford-Fahrern noch fremd ist.

Scheinriese
Der vollelektrische Explorer erscheint größer als er tatsächlich ist: 1,87 breit, 4,47 Meter lang und nur 1,63 hoch. Fotos: Rother
Scheinriese
Der vollelektrische Explorer erscheint größer als er tatsächlich ist: 1,87 breit, 4,47 Meter lang und nur 1,63 hoch. Fotos: Rother

Das mit Milliardenaufwand errichtete „Electric Vehicle Center“ in Köln, hat eine Fertigungskapazität von 250.000 Fahrzeugen im Jahr. Wenn nicht ein Wunder geschieht (das die Nachfrage nach Elektroautos explodieren lässt oder Volkswagen zu einer massiven Senkung der Lieferkonditionen für die Plattform veranlasst), wird es mit Explorer und Capri allein nicht am Leben zu halten sein. Viele Beschäftigten befürchten bereits eine Schließung des Standorts. So schlimm wird es hoffentlich nicht kommen.

Artikel teilen

7 Kommentare

  1. R.Lehmann

    Ich denke, daß es wohl eher nicht an der Preisgestaltung liegt. Bei Ford waren Listenpreise schon immer Schall und Rauch. Habe auf meinen Explorer auf den Listenpreis 6.000 € Nachlass bekommen, ohne großartig nachzufragen. Man wollte halt ein attraktives Angebot vorlegen können. Und da in diesem Segment recht oft geleast wird, kommt es letztendlich auf die Leasingrate an. In meinem Fall lag sie deutlich unter dem, was die vermeintlich günstigeren Schwestermodelle anbieten konnten. Nun fahre ich seit knapp einem Monat den Explorer und bin schlichtweg begeistert.

    Der Hauptgrund für die miesen Absatzzahlen liegt in meinen Augen bei einer miserablen Marketing-Kampagne, ergo Kundenansprache.

    Auf den Explorer gekommen ist mein Sohn (Student), der zwar nie vorhatte, sich den Explorer anzuschaffen, aber über jugendlich-frische Social-Media-Kanäle auf eine Gewinnspiel aufmerksam wurde, bei dem Ford unter allen Probefahrtteilmehmern eine USA-Reise verloste (das war im November, noch vor Trump). Die wollte er gewinnen und lud mich ein, einfach mal mitzufahren. Eigentlich wollte ich nicht so recht, da bei uns sowieso keine Neuanschaffung im Raum stand. Habe mich aber breitschlagen lassen und bin eingestiegen, war geflasht und eine Woche später habe ich dann mit meiner Frau eine Probefahrt unternommen. Vor der Fahrt meinte sie „Du willst Dir den aber nicht holen, oder?“ Schon nach 20 Minuten Probefahrt hieß es von ihr – ohne mein weiteres Zutun: „Naja, wir können uns ja mal ein Angebot machen lassen.“

    Also, der Wagen ist wirlkich top und überzeugte uns auf ganzer Linie. Schaue ich mir aber die albernen, sinnbefreiten Werbefilmchen im Influencer-Style an, frage ich mich, wen Ford da eigentlich im Auge hat. Sämmtliche Wettbewerber sprechen mich in Stil und Form mit ihrer Kampagne besser an. Bei Ford scheint sich da in den letzten Wochen aber etwas geändert zu haben. Man hat da wohl den Knall gehört und wirkt nun etwas seriöser/gesetzter. Macht weniger Filmchen und setzt vermehrt auf etwas informativere Anzeigen im SoMe-Bereich.

    Also ich meine: Produkt passt, finale Preise passen auch nur hat eine miese Kampagne dafür gesorgt, dass keiner das mitbekommt. Man konnte nur fragwürdige jungdynamische Trendsetter in nichtssagenden Alltagssituationen erleben und irgendwie war auch immer ein Explorer im Bild. Aber über die Kinder auf das Portmonaie der Eltern zu zielen mag bei einigen Produktgruppen funktionieren, bei Autos dürfte das aber eher die Ausnahme sein und man sollte seine Kampagne nicht darauf ausrichten. Ich hoffe, Ford fängt sich. Der Explorer hätte es verdient. (P.S. bis zum Explorer fuhr ich Diesel und war der Meinung, dies noch eine Weile zu tun)

    Antworten
  2. Matthias

    Wer Listenpreise vergleicht, der vergleicht nicht, kommt ja im Artikel auch heraus, wird aber dennoch als Differenzierung hergenommen.
    Was gerne übersehen wird, es sind manchmal die Kleinigkeiten, der Ford ist wirlich der Kompakteste unter den Brüdern. Nicht jeder braucht die Größe eines ID.4 oder die Breite eines Elroq. Ja, beide könnten, halten sich die Fahrer an die Regeln, nicht auf den 2,1m limitierten linken Spuren der Autobahnbaustellen fahren, der Explorer schon. Er bleibt erfreulich bei 2,08m incl. Außenspiegel. Was ich zusätzlich erfreulich finde: Die Allradversion sieht identisch aus und kann somit auch Personen ansprechen, die nicht Leistung mit Pseudosportlichkeit im Auftritt verbinden mögen.
    Ich finde den Ford eine erfrischende Alternative.

    Antworten
    • Franz W. Rother

      Die Listenpreise sind, da gebe ich Ihnen recht, nur Anhaltspunkte. Die Details regelt das Gespräch mit dem Verkäufer. Aber was sonst sollte man vergleichen? Was das Auto letztlich kostet, hängt vom Verhandlungsgeschick des Interessenten ab. Aber günstiger als einen Elroq werden sie den Explorer kaum bekommen, wenn er gekauft werden soll. Das gelingt nur beim Leasing.

      Antworten
  3. Ulf Sendler

    Anmerkung: Nicht der Puma wird in Saarlouis Ende 2025 eingestellt sondern der Focus

    Antworten
    • Franz W. Rother

      Ist korrigiert. Blöder Fehler

      Antworten
  4. Til

    In Saarlouis wird ni ht der Puma eingestellt sondern der Focus und Ford Explorer und Ford Puma nutzen die gleiche Plattform wie der VW ID.4 ist auch nicht korrekt. Der Explorer und der Capri nutzen die gleiche Plattform der Puma Gen E ist ein „Eigengewächs“ von Ford.

    Antworten
    • Franz W. Rother

      Sorry, da ist dem Autor ein Fehler unterlaufen. Ist korrigiert.

      Antworten

Kommentar absenden

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert