Die Antriebswende hat Ford in Europa lange verschlafen. Das derzeit einzige Elektroauto im Produktportfolio, der Mustang Mach-E, ist hierzulande erst seit dem vergangenen Jahr lieferbar und wird obendrein aus Mexiko importiert. Den Ford Kuga gibt es immerhin schon eine Weile als Plug-in-Hybrid. Und nachdem die Probleme mit den anfänglich brandgefährlichen Batteriezellen gelöst wurden, verkauft sich der Teilzeitstromer mit einer elektrischen Reichweite von 56 Kilometern inzwischen auch ordentlich. Doch ansonsten hatte der US-Hersteller in Europa derzeit nur Mildhybride im Programm.
Elektro-Crossover auf VW-Plattform startet 2024
Das soll sich in den kommenden zwei Jahren dramatisch ändern. Wie Europa-Chef Stuart Rowley jetzt offiziell verkündete, wird das Pkw-Programm bis 2024 um acht neue Elektrofahrzeuge erweitert. Nach dem Mustang Mach E wird zum Jahresende im neuen „Ford Electrification-Center“ in Köln ein mittelgroßer, fünfsitziger Sport-Crossover aufgelegt. Der „Baby“-Mach-E wird in der Topversion eine Reichweite von über 500 Kilometern haben und unter einem neuen Namen im Frühjahr 2024 in den Verkauf gehen. Zusammen mit der neuen, vollelektrischen Variante des Ford Puma.
Wenig später soll ein zweites vollelektrisches Auto folgen, das ebenfalls die MEB-Plattform des Volkswagen-Konzerns nutzen wird. Nach Informationen von EDISON soll es sich um eine sportliche Kompaktlimousine im Format des Ford Focus handeln. Angepeilt wird angeblich ein Basispreis von rund 25.000 Euro.
Bis zu 1,2 Millionen Elektroautos aus Köln
„Die Entscheidung für die Produktion eines Sport-Crossover als zweites vollelektrisches Modell im Ford Cologne Electrification Center bedeutet, dass die Anzahl der im Kölner Werk produzierten Elektrofahrzeuge auf 1,2 Millionen Fahrzeuge innerhalb von sechs Jahren steigen wird“, erklärte Rowley in einer virtuellen Pressekonferenz.
Was das für die 18.000 Menschen bedeutet, die aktuell in Köln den Ford Fiesta montieren, sagte der Europachef allerdings nicht. Denn die Produktion der Verbrenner soll in den kommenden acht Jahren schrittweise auslaufen: 2030 sollen 75 Prozent aller von Ford in Europa produzierten Fahrzeuge vollelektrisch fahren. Und bis 2035 will Ford nur noch Batterieautos produzieren. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) zeigte sich trotzdem begeistert: „Mit den heutigen Investitionsentscheidungen stellt Ford die Weichen für die Zukunft – für die Zukunft des Unternehmens, des Standortes Köln und für die Elektromobilität made in NRW.“
Auch Transporter werden elektrifiziert
Beschleunigt wird die Elektrifizierungs-Offensive von Ford aber vor allem im Segment der leichten Nutzfahrzeuge – und davon profitieren vor allem Standorte in Rumänien und in der Türkei. Schon in Kürze wird Ford den E-Transit an den Start rollen – der Transporter ist eine komplette Eigenentwicklung. Der erste vollelektrische Transporter hat für Reichweiten von bis zu 317 Kilometern eine Batterie mit einer Kapazität von 77 kWh an Bord und wird zu Preisen ab 53.000 Euro angeboten. Produziert wird er bei Ford Otosan in der Türkei.
Und Ford Otosan – ein Joint Venture von Ford mit der türkischen Industrie-Holding Koc – wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Zum einen, weil die türkische Tochter künftig auch für das Ford-Werk im rumänischen Craiova verantwortlich sein wird, wo neben dem Puma künftig auch der neue Ford Transit Courier und der Tourneo Courier produziert werden – ab 2024 auch in vollelektrischen Versionen. Schon im kommenden Jahr sollen bei Ford Otosan in Kocaeli der Transporter Transit Custom und die Großraumlimousine Tourneo Custom in vollelektrischen Versionen vom Band laufen. Und ab 2024 startet hier die nächste Generation der kleineren Fahrzeuge, des Transit Courier und Toruneo Courier, als Stromer.
Neue Gigafactory in der Türkei mit SK On
Zudem plant Ford in der Türkei den Bau einer neuen Batteriefabrik, in der Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) Zellen mit einer Jahreskapazität von bis zu 45 Gigawattstunden gefertigt werden sollen. Dazu wird mit der Koc-Holding und der südkoreanischen SK On, der Batteriesparte von SK Innovation, ein neues Joint Venture gegründet. 2025 soll die neue „Gigafactory“ den Betrieb aufnehmen.